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Mitternachtspicknick

Mitternachtspicknick

Titel: Mitternachtspicknick
Autoren: Charlotte Link
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hab' ich ihnen das Auto gewaschen, da streckten die mir glatt einen Hunderter hin!«
    »Toll!«, meinte Angie. »Sag ihnen, wenn sie jemanden zum Schuheputzen brauchen, ich stehe jederzeit zur Verfügung.«
    Alle lachten. Doch dann wurde Tom ernst. »Wir sind gerade am Krähenhof vorbeigekommen«, berichtete er, »und wir haben den Hund wieder gesehen. Er lag vor seiner Hütte mitten in der heißen Sonne, an einer ganz kurzen Kette. Er hatte ein Stachelhalsband um, das ihm ganz tief in den Hals schnitt. Und kein Tropfen Wasser in der Nähe.«
    »Kann man diese Leute nicht anzeigen?«, fragte Angie empört. »Man muss doch etwas dagegen tun können!«
    »Das haben schon mal welche versucht. Aber der zuständige Veterinär will keinen Ärger. Er hat erklärt, es sei alles in Ordnung und«, Chris hob bedauernd die Schultern, »damit sind alle Wege versperrt.«
    »Alle Wege?«, erklang eine Stimme. Die Kinder drehten sich um. Niemand hatte Pat bemerkt. Offenbar hatte sie alles gehört, denn ihr spitzes Gesicht war ganz blass geworden und ihre Lippen zitterten leicht, ein Zeichen dafür, wie die anderen noch lernen sollten, dass sie sehr wütend war. »Was soll das heißen, alle Wege sind versperrt? Warum gehen wir nicht hin und stehlen den Hund?«
    Die anderen sahen sie überrascht an.
    »Sei nicht albern«, sagte Tom schließlich. »Das können wir nicht machen.«
    »Das dürfen wir wirklich nicht«, meinte Diane schüchtern, aber Pat lachte nur verächtlich. »Das kümmert mich nicht. Ich mache, was ich will, und frage gar nicht erst lange, ob ich etwas darf oder nicht.«
    »Jetzt siehst du ja richtig gefährlich aus«, sagte Tom. »Weißt du, ich kann mir gut vorstellen, wie du mit deiner Fairytale am Strand entlanggaloppierst und ihr beide euch einen Dreck um das schert, was andere Pferde und Reiter für gewöhnlich in den Reitschulen lernen.«
    »Oh, darum scheren wir uns auch nicht«, sagte Pat sofort.
    Angie griff freundschaftlich nach ihrem Arm. »Komm jetzt mit. Wir müssen zum Unterricht, und auch wenn dir alles egal ist, könnte es doch lustig werden, nicht?«
    Pat sah in Angies blaue Augen, und plötzlich lächelte sie. Auf einmal sah sie entspannt und nicht mehr so bockig aus.
    »Gut, ich komme mit«, sagte sie. Tom und Chris grinsten.
    »Geht ihr nur«, sagte Chris. »Wir legen uns derweil ins Gras und blicken in den Sommerhimmel.«
    »Oder gehen zum Strand baden«, fügte Tom hinzu.
    Die Mädchen protestierten. »Mit dem Baden werdet ihr auf uns warten«, sagte Angie. »Nach unserer theoretischen Stunde haben wir das verdient.«
    »Na gut«, meinte Chris großmütig. »Wir warten. Wir treffen uns hier - aber denkt an die Badesachen!«
    Am theoretischen Unterricht bei Frau Jung nahmen Anfänger und Fortgeschrittene gemeinsam teil. Die Klasse bestand aus zweiundfünfzig Schülern, wobei die Anzahl der Mädchen überwog. Frau Jung sagte, sie wolle zwei gleich große Gruppen daraus machen, um den Unterricht sinnvoller und gezielter gestalten zu können. Alles, was sie sagte, klang sehr energisch. Sie hatte einen schmalen, strengen Mund und kühle graue Augen. Diane fand sie noch viel einschüchternder als Simone. Simone hatte einen rauen Ton, aber sie war jung und hübsch, und manchmal konnte sie überraschend nett lächeln. Frau Jungs Lächeln wirkte weder warm noch entgegenkommend. Sie hatte eine barsche Stimme und war schon etwas ältlich.
    »Die Evolutionsgeschichte des Pferdes«, begann sie ohne Übergang, »führt uns zurück in ...«
    »Sie war verheiratet mit einem Gutsbesitzer«, flüsterte Tina Angie zu. »Sie müssen an die hundert Pferde besessen haben. Aber als der Mann starb, hat sie alles verkauft.«
    »Tina, hast du etwas Wichtiges zum Unterricht beizutragen?«, fragte Frau Jung streng.
    Tina wurde rot. »N ... nein, Frau Jung.«
    »Dann verstehe ich nicht, was es zu reden gibt. Ich hoffe, du passt jetzt auf, denn in der nächsten Stunde wirst du uns einen Vortrag über all das halten, was ich gerade erzählt habe. Verstanden?«
    »Ja, Frau Jung«, sagte Tina resigniert. Nach der Unterrichtsstunde zog sie Angie zur Seite: »Der sollte man einmal einen Streich spielen. Sie hätte es wirklich verdient, so verschroben, wie sie ist.«
    »Wenn, dann sind wir dabei«, sagte Pat, die das gehört hatte. »Aber jetzt kommt, die Jungs warten!«
    Schnell rannten sie hinauf in ihre Zimmer, um die Badesachen zu holen. Angies Herz hüpfte, als sie über die Wiesen liefen. Das Gras unter ihren Füßen war
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