Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Sinkflug. Harald strahlte mit der Taschenlampe den Höhenmesser an und beobachtete, wie die Nadel sich entgegen dem Uhrzeigersinn immer langsamer bewegte, bis sie knapp über fünfzehnhundert Meter Halt machte. Der Geschwindigkeitsanzeiger ging Strich für Strich auf die normale Reisegeschwindigkeit von achtzig Knoten zurück.
    Karen änderte erneut die Richtung, um zu verhindern, dass der Jagdflieger sie noch einmal überholte, indem er einfach ihrem alten Kurs folgte.
    »Bring die Drehzahl auf etwa sechzehnhundert runter«, befahl sie. »Wir gehen jetzt direkt unter die Wolkendecke.«
    »Warum bleiben wir nicht drin?«
    »Weil es schwierig ist, längere Zeit in Wolken zu fliegen. Du verlierst die Orientierung. Dann kannst du oben nicht mehr von unten unterscheiden. Die Instrumente sagen dir zwar, was los ist, aber du glaubst ihnen nicht. Auf diese Weise sind schon viele abgestürzt.«
    Harald fand den Hebel im Dunkeln und zog ihn zurück.
    »Ob das bloß Zufall war, dass der Jäger uns gesehen hat?«, fragte Karen. »Vielleicht können die uns ja mit ihrem Radarstrahl entdecken.«
    Harald kniff die Brauen zusammen und dachte nach, froh darüber, dass ihn die Frage von der akuten Gefahr ablenkte. »Ich glaube eher, es war Zufall«, sagte er schließlich. »Metall reflektiert die Radiowellen, Holz oder Segeltuch aber, soweit ich weiß, nicht. Ein großer Aluminiumbomber würde den Strahl zurückwerfen und von ihren Antennen wahrgenommen werden.
    Bei unserer Maschine käme dafür nur der Motor in Frage, aber der ist wahrscheinlich zu klein, um auf ihren Suchgeräten aufzutauchen.«
    »Ich hoffe, du hast Recht«, sagte Karen. »Wenn nicht, sind wir geliefert.«
    Die Wolkendecke lag jetzt über ihnen. Harald erhöhte die Drehzahl auf neunzehnhundert, und Karen zog den Steuerknüppel zurück.
    »Pass jetzt höllisch gut auf«, sagte sie. »Sobald er wieder in unser Blickfeld kommt, müssen wir sofort steigen.«
    Harald bückte sich nach allen Seiten um, doch es gab nicht viel zu sehen. Etwa eine Meile vor ihnen schien der Mond durch eine Wolkenlücke, und Harald konnte weit unter ihnen die unregelmäßige Geometrie von Feldern und Wäldern erkennen. Wir müssen jetzt über Fünen sein, dachte er. Ganz in der Nähe bewegte sich ein heller Lichtschein durch die Landschaft. Das musste wohl ein Zug oder ein Polizeiauto sein.
    Karen flog eine Rechtskurve. »Sieh nach links oben«, sagte sie. Harald konnte nichts erkennen. Karen änderte die Schräglage und sah aus dem Fenster auf ihrer Seite. »Wir müssen jeden Winkel im Auge behalten«, erklärte sie. Harald fiel auf, dass sie allmählich heiser wurde – kein Wunder, musste sie doch ständig gegen den Motorlärm anbrüllen.
    In diesem Moment tauchte die Messerschmitt wieder auf.
    Sie schien etwa vierhundert Meter vor ihnen direkt aus einer Wolke zu fallen, im Mondlicht nur undeutlich erkennbar, und sie flog von ihnen weg, »Vollgas!«, schrie Karen, doch Harald hatte schon reagiert. Sie zog den Steuerknüppel mit einem Ruck zurück, um die Nase nach oben zu bringen.
    »Vielleicht sieht er uns gar nicht«, sagte Harald optimistisch, doch seine Hoffnungen waren vergeblich, denn der Jäger legte sich bereits in eine steile Kurve.
    Die Hornet Moth brauchte mehrere Sekunden, bis sie reagierte und wieder Kurs auf die Wolkendecke nahm. Die Messerschmitt flog einen weiten Bogen und ging ebenfalls in den Steigflug über, um ihnen auf den Fersen zu bleiben. Kaum war sie auf gleicher Höhe mit ihnen, eröffnete sie das Feuer.
    Im nächsten Moment verschwand die Hornet Moth in den Wolken.
    Karen änderte sofort die Flugrichtung. Harald jubelte. »Wieder ausgetrickst!«, rief er, doch die unterschwellige Angst ließ sein Triumphgeschrei brüchig klingen.
    Höher und höher stiegen sie in der Wolke. Als der Mondschein wieder stark genug war, die wirbelnden Nebel um sie herum zu beleuchten, wusste Harald, dass sie bald den oberen Rand der Wolkenschicht erreicht hatten. »Gas weg!«, rief Karen. »Wir müssen so lange wie möglich in den Wolken bleiben.« Die Maschine flog wieder gleichmäßig geradeaus. »Achte auf die Geschwindigkeit«, sagte sie, »und pass auf, dass ich die Höhe halte und geradeaus fliege.«
    »In Ordnung.« Harald überprüfte auch den Höhenmesser. Sie waren beinahe achtzehnhundert Meter hoch.
    Genau in diesem Augenblick tauchte die Messerschmitt zum dritten Mal auf, diesmal nur wenige Meter von ihnen entfernt.
    Sie kam von rechts und flog nur wenig tiefer als die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher