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Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Titel: Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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Aufstellung der Ratsuchenden ist ein wichtiger Ausgangspunkt, aber (noch) kein maßgeblicher Kompass für eine stimmige Kommunikation. Sie enthält Irrungen und Wirrungen, die es erst noch aufzulösen gilt: Fehlbesetzungen, Vakanzen, Polarisierungen, falsche Spielführer und mangelnde Teambildung. Gleichwohl wird in dieser anfänglichen Aufstellung vieles sichtbar und spürbar, worum es der Betreffenden geht, was ihr am Herzen liegt und was nicht übergangen werden darf.
Das situativ-systemische Bild ist zum Teil objektiv, soweit es unumstößliche Tatsachen und Zusammenhänge enthält; zum Teil ist es subjektiv, weil es die Konstruktion der sozialen Welt durch die Ratsuchende widerspiegelt. Alle Menschen tragen eine Brille, die genau auf ihre Nase passt, und durch diese Brille sieht man manches scharf, manches undeutlich und manches gar nicht. Mehr noch: Das, was man mit eigenen Augen gesehen hat, ist zu einem guten Teil ein eigenes Machwerk. «Das sehe ich anders!» ist daher ein häufiger und wichtiger Satz in jedem Dialog, denn die «Wahrheit beginnt zu zweit» (Möller 1992). Von daher ist auch die rechte Seite des Doppelbilds nur ein Ausgangspunkt. Im Beratungsdialog muss es ergänzt, erweitert und manchmal korrigiert werden, nicht zuletzt durch gezielte Fragen des Beraters. In unserem Beispiel ergab sich die Bilderweiterung dadurch, dass ein inneres Teammitglied seine Brille aufsetzte und etwas wahrnahm, was seine Kollegen bis dahin nicht so deutlich gesehen hatten. Jedes Teammitglied betrachtet die Welt mit seinen Augen.
In der Beratungspraxis kann das situativ-systemische Bild überaus komplex und vielgestaltig sein, besonders im beruflichen Bereich. Der Gesamtkontext hat dort in der Regel eine strukturelle, eine historische, eine beziehungsdynamische und eine situationslogische Dimension:
Strukturell : Hierarchien, Organigramme, Auftraggeber, Rollen etc. Historisch : Die Geschichte der Angelegenheit: Was ist dem Vorfall vorausgegangen, wie hat sich die gegenwärtige Konstellation herausgebildet? Beziehungsdynamisch : Wer steht zu wem wie aufgrund welcher Gegebenheiten? Situationslogisch : Erkundung des vierfachen Gehalts einer Situation gemäß Abbildung 88, S. 327.
    Bei alldem kommt man oft mit einem Blatt Papier nicht aus. Ich habe extra ein Beispiel mit übersichtlichem Kontext gewählt, damit der Leser den Wald (das Prinzip der doppelten Blickrichtung) nicht vor lauter Bäumen aus den Augen verliert.
     
Das situativ-systemische Bild wird immer zuerst ermittelt. Zusammen mit der Fragestellung des Ratsuchenden bildet es den Grund, auf den die innere Aufstellung bezogen ist. Dieser klare Bezug ist wichtig, sonst kommen wir bei den inneren Wortmeldungen vom Hundertsten ins Tausendste.
Die beiden Bilder sind wechselseitig aufeinander bezogen und bewegen sich im Zuge des Beratungsdialogs aufeinander zu: Die innere Aufstellung strebt danach, dem situativ-systemischen Kontext mehr und mehr gerecht zu werden, und der Kontext wird unter Umständen aufgrund von Einsichten, Werten und Zielen, die auf der inneren Teamkonferenz deutlich werden, als veränderungswürdig erkannt (s. Beispiel Verkaufstrainerin, S. 370f.).

    Eine methodische Anleitung für professionelle Berater und Beraterinnen, das ergäbe ein eigenes Buch, und dieses ist schon recht dick geworden. Wenn ich hier das Beratungskonzept wenigstens in seinen Grundzügen dargestellt habe, dann aus folgendem Grund: Jeder Mensch ist, wenn er «richtig» kommunizieren will, auf Selbstreflexion und Selbstberatung angewiesen, auf die doppelte Blickrichtung auf der Suche nach Stimmigkeit. Wie wäre es, wenn Sie einen kleinen Kommunikationsberater für den täglichen Hausgebrauch in Ihr Inneres Team einstellen würden, zur Unterstützung des Oberhaupts in seinem schwierigen Amt? – Sie haben schon einen? Eben! Für ihn war dieses Buch als kleine Fortbildung gedacht; ich hoffe, er kann damit etwas anfangen.

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    Literatur
Adler, A.: Der Sinn des Lebens. Frankfurt a.M. 1973
Amendt, G.: Die bevormundete Frau oder Die Macht der Frauenärzte. Frankfurt a.M. 1985
Assagioli, R.: Psychosynthese. Reinbek 1993
Bach, G. R., und Torbet, L.: Ich liebe mich, ich hasse mich. Reinbek 1985
Bach, G. R., und Wyden, P.: Streiten verbindet. Spielregeln für Liebe und Ehe. Düsseldorf 1969
Bandler, R., und Grinder, J.: Neue Wege der Kurzzeittherapie. Paderborn 1985
Becker, E.: «Hätte ich mich bloß anders geäußert!» Das
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