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Mitch - Herz im Dunkeln

Mitch - Herz im Dunkeln

Titel: Mitch - Herz im Dunkeln
Autoren: Christian Trautmann Suzanne Brockmann
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weiß gewesen, wahrscheinlich sogar noch gestern Abend. Allerdings reichte seine Erinnerung nicht so weit zurück. Er zog es aus, wobei er darauf achtete, nicht an die Verletzung über dem rechten Ohr zu kommen.
    „Schmutzwäsche bitte in den Korb dort drüben“, trompetete der Mitarbeiter. „Wenn sie mit einem Namensschild markiert ist, bekommt ihr sie wieder. Wenn die Sachen kaputt sind, werft sie weg und nehmt euch zwei neue Teile.“ Der Mitarbeiter musterte ihn. „Welche Größe benötigen Sie?“
    „Medium.“ Es war eine ungeheure Erleichterung, endlich einmal die Antwort auf eine Frage zu wissen.
    „Brauchen Sie auch eine Jeans?“
    Er schaute an sich herunter. Die schwarze Hose, die er trug, war übel zerrissen. „Ja, ich könnte eine gebrauchen. Bundweite zweiunddreißig, Länge vierunddreißig, falls Sie so eine haben.“ Auch diese Dinge wusste er also.
    „Sie sind der, den Jarell ‘Mission Man’ nennt“, stellte der Mitarbeiter fest, während er in dem Karton wühlte. „Er ist ein guter Kerl, unser Jarell. Für meinen Geschmack ein bisschen zu religiös, aber das dürfte Sie kaum kümmern, was? Er gibt allen ständig Spitznamen. Mission Man. Mitch. Was ist das überhaupt für ein Name, Mitch?“
    Sein Name. Das war … sein Name? Das war er und auch wieder nicht. Er schüttelte den Kopf und versuchte, sich an seinen Namen zu erinnern.
    Verdammt, nicht einmal den wusste er mehr!
    „Hier ist eine Jeans, Bundweite dreiunddreißig“, erklärte der Mitarbeiter des Obdachlosenasyls. „Mehr kann ich nicht für Sie tun, Mitch.“
    Mitch. Er nahm die Jeans und schloss für einen Moment die Augen, weil der Raum sich schon wieder drehte. Ruhig, dachte er. Was machte es schon, dass er sich nicht mehr an seinen Namen erinnerte? Der würde ihm schon irgendwann wieder einfallen. Wenn er eine Nacht durchgeschlafen hätte, würde ihm alles wieder einfallen.
    Das sagte er sich immer wieder, wie ein Mantra. Seine Erinnerung würde zurückkommen und alles gut werden. Er brauchte nur die Chance, die Augen für eine Weile zuzumachen. Er ging in die Ecke des Waschraumes, wo er nicht von dem Durchgangsverkehr zwischen den Kabinen und Waschbecken gestört wurde. Dort zog er einen seiner Stiefel aus.
    Und ebenso schnell wieder an.
    Er trug eine Pistole bei sich. Kaliber .22.
    Versteckt in seinem Stiefel.
    Sie war kaum größer als seine Handfläche, schwarz und tödlich aussehend.
    Da war noch etwas in seinem Stiefel. Er konnte es jetzt spüren, es drückte gegen seinen Knöchel.
    Er nahm die Jeans mit in eine der Kabinen und verriegelte die Tür hinter sich. Dann zog er den Stiefel aus und schaute hinein. Die .22er war noch dort, zusammen mit einem dicken zusammengefalteten Geldbündel – lauter große Scheine. Keiner in dem dicken, mit einem Gummiband zusammengehaltenen Bündel war kleiner als ein Hunderter.
    Rasch blätterte er die Scheine durch. Er trug über fünftausend Dollar in seinem Stiefel versteckt bei sich.
    Das war noch nicht alles. Er fand außerdem noch einen Zettel, doch die Buchstaben darauf verschwammen.
    Er zog den anderen Stiefel aus, aber in dem befand sich nichts. Er durchsuchte seine Hosentaschen, fand jedoch auch darin nichts mehr.
    Er zog seine Hose aus und die saubere Jeans an. Dabei musste er sich die ganze Zeit an die Metallwand der Kabine lehnen, weil er ständig das Gleichgewicht zu verlieren drohte.
    Er zog die Stiefel wieder an. Irgendwoher wusste er genau, wie er die Pistole im Stiefel verstecken musste, ohne dass sie ihn störte. Wie konnte er das wissen, außerdem seine Kleidergröße, während er sich gleichzeitig nicht mehr an seinen Namen erinnerte? Den Großteil des Geldes sowie den Zettel verstaute er ebenfalls wieder in seinem Stiefel. Ein paar Hundert Dollar schob er in die Hosentasche.
    Als er die Tür der Toilettenkabine öffnete, sah er sich erneut seinem Spiegelbild gegenüber.
    Selbst in sauberer Kleidung und gewaschen, die langen dunklen Haare mit nassem Wasser zurückgekämmt, sah er noch aus wie ein Mann, dem die meisten Leute lieber aus dem Weg gingen. Kinn und Wangen waren von Bartstoppeln bedeckt, was seine tiefe Sonnenbräune noch hervorhob. Das schwarze T-Shirt war ausgewaschen und ein bisschen eingelaufen. Es saß entsprechend eng und spannte über seiner breiten Brust und den muskulösen Armen. Alles in allem sah er aus wie ein Kämpfer, hart und gefährlich.
    Womit auch immer er sein Geld verdienen mochte, er konnte sich einfach nicht daran erinnern. Doch
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