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Mit Kurs auf Thule

Mit Kurs auf Thule

Titel: Mit Kurs auf Thule
Autoren: Kirsten A. Seaver
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Partners in sich. Unser Sohn David, ein Grafiker, ist immer bereit, uns mit seinem Können zur Seite zu stehen, und unsere Tochter Hannah hört sich stets bereitwillig die neuesten brandaktuellen Neuigkeiten über die mittelalterlichen Grönländer an und sagt mir, was sie davon hält.
    Man braucht wirklich ein großes Dorf, um ein Buch zu schreiben.
     
    Kirsten A. Seaver
    Palo Alto, Kalifornien

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    |18| Zu den Quellen
    Die Geschichte Grönlands im Mittelalter ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Vergangenheit den heutigen Betrachter in die Irre führen kann. Es sind nur ganz vereinzelte Schriftquellen erhalten, die zudem manchmal nicht das sind, was sie zu sein vorgeben – Dokumentenfälschungen, so zeigt sich, sind keine moderne Erfindung. Unter den authentischen Quellen findet sich kein einziges Schriftstück, das tatsächlich aus Grönland stammt, und die anderswo über Vorgänge im nordischen Grönland geschriebenen Primärquellen sind nicht nur rar, sondern oft auch missverständlich. Das liegt vor allem an den vagen geografischen Vorstellungen der Verfasser und beginnt schon mit dem frühesten bekannten Text, in dem Grönland mit Namen genannt wird – einer Bulle Papst Leos IX. vom 6. Januar 1053. Der Papst nennt den Erzbischof Adalbert von Hamburg-Bremen und dessen Nachfolger »episcopus in omnibus gentibus Suenonum seu Danorum, Noruechorum, Islant, Scrideuinnum, Gronlant et uniuersarum septentrionalium …« (mit bischöflicher Autorität über die Schweden, Dänen, Norweger, Isländer, Skridefinners, Grönländer und alle Menschen im Norden). 1 Aber selbst vier Jahrhunderte später war das geografische Wissen über den hohen Norden in Rom noch immer nicht besonders gefestigt – das zeigen zwei Papstbriefe mit Bezug auf Grönland, die 1448 und 1492 unter zweifelhaften Umständen (siehe Kapitel Zwölf) geschrieben wurden.
    Einem Kanoniker aus Bremen verdanken wir die älteste erhaltene Erwähnung nordischer Aktivitäten in Island, Grönland und Nordamerika wie auch eine ausführliche Beschreibung der Geografie des Nordens, wie man sie sich im 11. Jahrhundert vorstellte. Adam von Bremen, ein Bewunderer Erzbischof Adalberts, schrieb zwischen 1072 und 1085 eine
Geschichte der Erzbischöfe von Hamburg-Bremen,
in der er vor allem die Leistungen der Bremer Erzbischöfe bei der Christianisierung des hohen Nordens hervorhob. Deshalb verwandte er auch viel Mühe darauf, dem Leser die Geografie dieses Teils der Welt zu veranschaulichen.
    Nachdem er sorgfältig die Kugelform der Erde beschrieben hatte, erklärte Adam, dass es im nördlichen Ozean zwei Inseln namens Thule gebe, von denen eine vor Kurzem in Island umbenannt worden sei. Die andere sei eine kaum bekannte Insel irgendwo in der undurchdringlichen und eisigen polaren Dunkelheit, jenseits der Inseln Vínland und Grönland, die kürzlich von den Nordmännern entdeckt worden seien. Adams Vorstellung nach lagen beide Länder im fernen Nordwesten des Atlantiks und damit knapp östlich einer unerforschten eurasischen
Ostküste.
2 Er schrieb außerdem:
     
    |19|
Es gibt noch mehrere andere Inseln im Ozean; eine der größten ist Grönland; es liegt noch tiefer im Ozean, den schwedischen oder ripheischen Bergen gegenüber. Bis zu dieser Insel soll man von der norwegischen Küste aus wie nach Island in 5–7 Tagen segeln. Die Menschen dort sind bleichgrün wie das Meer, wovon das Land seinen Namen hat. Sie leben ähnlich wie die Isländer, nur sind sie rauer und mit ihren Schiffen als Räuber den Seefahrern gefährlich. Auch zu ihnen soll neuerdings das Christentum gelangt sein.
     
    Natürlich wurde die Bekehrung jener rauen Grönländer zum Christentum dem Einfluss der römischen Kirche zugeschrieben.
    Die im letzten Satz des Zitates angedeuteten Zweifel am christlichen Bekenntnis der Nordmänner in Grönland säte bei Adam wahrscheinlich sein Freund König Svein Estrithsson von Dänemark, der ihm von Island und Grönland berichtete und auch von »einer weiteren Insel … sie heiße Winland, weil dort wilde Weinstöcke wachsen, die besten Wein bringen. Nicht ausmalenden Vermutungen, sondern zuverlässigen dänischen Berichten entnehme ich auch, dass dort ohne Aussaat reichlich Getreide wächst. Jenseits jener Insel .findet sich kein bewohnbares Land in jenem Ozean, sondern alles, was jenseits liegt, ist voll undurchdringlichem Eis und Finsternis.« 3
     
    Die Wirkungsgeschichte von Adams
Geschichte der Erzbischöfe von Hamburg-Bremen
reicht weit über
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