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Mit Kurs auf Thule

Mit Kurs auf Thule

Titel: Mit Kurs auf Thule
Autoren: Kirsten A. Seaver
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das Mittelalter hinaus. Ihre Spuren erkennt man noch auf der
Vínland-Karte
, einer modernen Fälschung aus dem 15. Jahrhundert, die angeblich näherungsweise Vínland, die südlichste der drei nordamerikanischen Regionen verzeichnet, die nordische Entdecker im frühen 11. Jahrhundert erreichten (vgl. hierzu ausführlich das »Postskriptum«). Und auch der isländische Historiker Ari »der Gelehrte« Thorgilsson (1068–1148) zog Adams Werk heran, als er in den 1120er Jahren auf Bitten der Bischöfe von Skálholt und Hólar eine Geschichte des isländischen Volkes schrieb (vgl. hierzu auch das Kapitel Eins). Auszüge aus Aris Schrift tauchen wiederum in zwei anderen frühen isländischen Beschreibungen der nordischen Besiedlung Grönlands und der ersten Zusammenstöße mit den nordamerikanischen Ureinwohnern auf – in der »Saga von Eirik dem Roten« und der »Saga von den Grönländern«. Diese beiden Texte ermöglichen es uns heute, die Entdeckung Nordamerikas in ihren Grundzügen nachzeichnen zu können – beide zusammen werden auch oft als die Vínland-Sagas bezeichnet (vgl. hierzu die folgenden Kapitel).
    Daneben gewähren uns auch weitere Sagas kurze Blicke auf das Leben in Grönland. In Island findet man zudem eine Serie von chronologisch geordneten Annalen, die von verschiedenen Kompilatoren seit dem Ende des 13. Jahrhunderts verfasst wurden und sich sowohl ausländischer wie einheimischer |20| Quellen bedienen. Sie sind ein so unschätzbar wertvolles Hilfsmittel der historischen Forschung, dass der norwegische Historiker Gustav Storm sie 1888 gesammelt als
Islandske Annaler
(
Isländische Annalen
) herausgab. Der Titel sollte allerdings nicht verwechselt werden mit den
Grænlands annáll
(
Grönland-Annalen
), einer Sammlung bunt gemischter Informationen über Grönland, die erstmals um 1623 von einem Anonymus zusammengestellt wurden. Der isländische Autodidakt Björn Jónsson aus Skar∂sá (1574–1655) schrieb zwei Jahrzehnte später ausführlich aus dieser Sammlung ab und fügte eigene Betrachtungen hinzu, die heute teils seltsam anmuten mögen, aber faszinierende Einblicke in die zeitgenössische Vorstellungswelt bieten. Die
Islandske Annaler
und die
Grænlands annáll
zusammen mit den
Annálar 1400–1800
(oft die
Neuen Annalen
genannt) sind grundlegende Quellen für die Geschichte der mittelalterlichen Nordmänner im Nordatlantik, ebenso wie das
Diplomatarium Islandicum
, das
Diplomatarium Norvegicum
und andere Dokumentensammlungen, die im Laufe der Jahre herausgegeben worden sind.
    Von norwegischen Autoren stammen zwei weitere wichtige Quellen: die
Historia Norvegiæ
(nur teilweise erhalten), geschrieben um 1170 n. Chr. von einem unbekannten norwegischen Geistlichen, und das norwegische Werk
Konungsskuggsjá
(
Königsspiegel
) aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, dessen Verfasser ebenfalls unbekannt ist. Letzteres ist in Form eines Dialogs zwischen einem Vater und seinem Sohn geschrieben und zeugt von einer gewissen Vertrautheit sowohl mit dem norwegischen Königshof wie auch mit dem Alltagsleben der norwegischen Bevölkerung. Der anonyme Autor war außerdem gut bewandert im theologischen und weltlichen Wissen seiner Zeit und webte gelehrte Gemeinplätze in die praktischen Ratschläge, die der Vater seinem Sohn erteilte. Weder die
Historia Norvegiæ
noch der
Konungsskuggsjá
erwähnen Vínland, doch gehen beide davon aus, dass Grönland zu einer arktischen Landmasse gehörte, die mit dem äußersten Westen wie auch mit dem äußersten Osten Eurasiens verbunden war – dem einzigen Kontinent, den man außer Afrika damals kannte. In anderer Hinsicht teilen die beiden Werke viele Vorstellungen Adams von Bremen und zeigen eine ähnliche Mischung aus Fakten und konventionellem mittelalterlichen Sagengut und Aberglauben über den hohen Norden. Was konnte zum Beispiel die vielen Gefahren, mit denen Reisende in der Arktis zu Lande und zu Wasser rechnen mussten, besser erklären als das Wirken übernatürlicher Kräfte?
    Mit der Veröffentlichung der
Antiquitates Americanae
von Carl Christian Rafn und Finn Magnusen 1837 in Kopenhagen bekam die lesende Öffentlichkeit ein größeres Quellenkompendium an die Hand. Geschrieben auf Isländisch |21| mit lateinischen und dänischen Übersetzungen, stellte es Quellen zusammen, die nach Meinung der Autoren beim Verständnis der mittelalterlichen nordischen »Aktivitäten« in Grönland und Nordamerika helfen würden. Enthalten war auch eine englische
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