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Mit Haut und Haar (German Edition)

Mit Haut und Haar (German Edition)

Titel: Mit Haut und Haar (German Edition)
Autoren: Sofia Hartmann
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ihrer Ehe versprochen hatten. Keine Geheimnisse. Und keine Schnüffelei in der Privatsphäre des anderen.
    Clarissa hatte Tränen in den Augen und doch entfuhr ihr ein verbittertes Lachen. Manchmal, so dachte sie, hat man als Frau ein dummes Gefühl im Bauch und meistens stimmt dieses Gefühl sogar. Und dann muss man sich einfach Gewissheit verschaffen.
    Letztlich war Daniel derjenige, der sich schlecht fühlen musste, nicht sie. Er hatte sie betrogen. Sie hatte nur in seinen Mails geschnüffelt und schließlich nicht einfach so, sondern mit begründetem Verdacht. Vergleichsweise war ihre Schnüffelei harmlos. Allerdings ahnte sie, wie er reagieren würde. Diese Schnüffelei würde er ihr negativ auslegen und sie einfach platt reden. Clarissa war nicht dumm, aber Daniel war ihr rhetorisch haushoch überlegen.
    Es fiel ihr sehr schwer, so zu tun als sei nichts gewesen, als Daniel an diesem Abend nach Hause kam. Sie liebte ihn auch nach diesen vielen Jahren so sehr, dass ihr der Gedanke, dass er sie betrog, direkt körperliche Schmerzen bereitete. Er hingegen tat so, als hätte diese Diskussion am Vorabend niemals stattgefunden. Das konnte er gut. Schwierigkeiten aus dem Weg gehen, in dem er so tat, als existierten sie nicht.
    Clarissas Schädel brummte, sie fühlte sich grauenhaft und sie wurde die Bilder nicht los, die vor ihrem inneren Auge immer wieder entstanden, immer mehr Gestalt annahmen und sie bis aufs Blut quälten.
    Am Tag zuvor hätte sie noch geschworen, eine glückliche Ehe zu führen. Er war immer der Mann ihrer Träume gewesen und nie, wirklich nie, hatte sie über einen anderen Mann nachgedacht. An Angeboten hatte es ihr nicht gemangelt. Auch mit vierzig Jahren war Clarissa noch immer eine attraktive Frau, nach der sich die Männer auf der Straße umdrehten.
    Trotzdem, niemals hatte sie auch nur darüber nachgedacht, wie es wäre, mit einem anderen Mann zu schlafen. Für ihren Mann hätte sie bis gestern noch ihre Hand ins Feuer gelegt. Daniel arbeitete hart um seiner Familie einen gewissen Luxus zu ermöglichen. Selbst zu Hause wurde er angerufen, an Sonntagen, an Feiertagen, permanent hatte er geschäftliche Mails zu beantworten, auch in seiner Freizeit. Niemals hätte sie ihn verdächtig, er könnte eine andere Frau neben ihr haben.
    Man sollte sich nie zu sicher fühlen, dachte sie. Ja, vielleicht hatte sie sich zu sicher gefühlt. Aber hatte sie sich wirklich sicher gefühlt? Nein. Das hatte sie nicht. Warum quälte sie sich denn dreimal die Woche im Fitnessstudio? Warum ging sie regelmäßig zum Friseur? Für wen kleidete sie sich täglich möglichst attraktiv? Sie kannte genügend Frauen, die bereits nach kurzer Ehezeit zu Hause nur in Jogginghose und Schlabbershirt herumliefen, aber solche Nachlässigkeiten konnte ihr niemand nachsagen.
    Nein, sie hatte ihre täglichen Rituale. Die morgendliche Dusche, ein dezentes Make-up für den Tag, modische, ordentliche Kleidung. Natürlich, all das waren keine Garanten für einen zufriedenen Ehemann, aber sie hatte sich immer sehr bemüht, ihm zu gefallen. Ebenso hatte sie sich bemüht, ihm ein schönes Heim zu bieten. Eine Oase, in der er sich erholen konnte. Sie hatte zu schätzen gewusst, was sie an ihm hatte und gedacht, dass auch er zu schätzen wusste, was er an ihr hatte. Auch nach sechzehn Jahren Ehe mit Daniel fand sie ihn noch immer attraktiv. Ihr Sexleben könnte leidenschaftlicher sein, ja. Aber die fehlende Leidenschaft ging eher von Daniel aus als von ihr. Und sie hatte immer vermutet, es könnte daran liegen, dass er so viel arbeiten musste. Trotzdem hatte sie geglaubt, er sei mit ihr genauso glücklich wie sie mit ihm. Offensichtlich ein Trugschluss! Jetzt wusste sie, warum er keine Leidenschaft mehr zeigte. Die schenkte er einer anderen Frau. Und wer konnte schon sagen, ob seine Anita die einzige oder die erste Frau war, mit der er sie betrog? Daniel war oft unterwegs. Seit einigen Jahren schon.

-2-

    Zwei Wochen später stieg sie in Hannover mit zitternden Knien vor einem Hotel aus einem Taxi. Daniel hatte sich bereits am Tag zuvor von ihr verabschiedet und sein Aufenthalt in Hannover würde noch drei weitere Tage dauern. Seit ihrer Entdeckung hatte sie täglich seine Mails gecheckt und auf diese Weise Ort und Zeit des nächsten Treffens herausgefunden. Sie fühlte sich im Recht und trotzdem plagte sie das schlechte Gewissen, weil sie in seiner Privatsphäre schnüffelte. Weil sie sein Passwort geknackt und seine Mails gelesen
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