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Mit geschlossenen Augen

Mit geschlossenen Augen

Titel: Mit geschlossenen Augen
Autoren: Melissa Panarello
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dem Bücherregal stand beispielsweise eine große Schachtel mit Präservativen, und auf dem Tisch lagen alle möglichen Zeitschriften herum: Zeitschriften für Gays, Zeitschriften über Autos und Motorräder, Mode- und Gesundheitsjournale. Eine Katze strich durch die Zimmer und rieb sich an unsern Beinen, ich habe sie gestreichelt, wie ich Morino streichle, meinen heiß geliebten, wunderschönen Kater (der gerade neben mir auf dem Schreibtisch liegt und schnurrt). Da wir alle Hunger hatten, erboten sich Letizia und Floriana, zu dem Restaurant an der Ecke zu gehen und Pizza zu kaufen. Als sie rausgegangen waren, sah Wendy mich mit strahlendem Gesicht und stumpfsinnigem Lächeln an und begann, wie ein ausgeflippter Kobold herumzuhüpfen. Da hatte ich plötzlich Angst, mit ihr alleine in der Wohnung zu bleiben; ich riss die Haustür auf und schrie Letizia nach, sie solle auf mich warten, ich wolle auch mitkommen. Meine Freundin begriff sofort, was los war, und forderte Floriana mit einem Lächeln auf zurückzugehen. Während wir auf die Pizzas warteten, haben wir kaum gesprochen. Irgendwann sagte ich: »Scheiße, ich hab eiskalte Finger!«
Letizia sah mich verschmitzt, aber auch ein wenig spöttisch an und meinte: »Hm ... interessante Information, werd ich mir merken ...«
Auf dem Rückweg trafen wir einen Freund von Letizia, Gianfranco. Alles an ihm war zart: sein Gesicht, seine Haut, seine Stimme. Seine unbeschreibliche Sanftheit erfüllte mich mit einem großen Glücksgefühl. Er ist mit uns reingekommen und hat sich eine Weile mit mir auf dem Sofa unterhalten, während die andern den Tisch deckten. Er erzählte mir, er sei Bankangestellter, obwohl seine schrille Krawatte eigentlich in krassem Gegensatz zur kalten Welt der Banker stand. Seine Stimme klang irgendwie traurig, aber ich traute mich nicht, nach dem Grund zu fragen. Ich fühlte mich genau wie er. Dann ging Gianfranco, und wir vier haben uns an den Tisch gesetzt, gegessen, geplaudert und gelacht. Oder besser, ich habe geplaudert, die ganze Zeit über, während Letizia mich aufmerksam und bisweilen entsetzt betrachtete, beispielsweise wenn ich von irgendeinem Mann erzählte, mit dem ich ins Bett gegangen bin.
Nach dem Essen stand ich auf und ging in den Garten raus, der ordentlich, aber nicht gerade gepflegt war; neben hohen Palmen wuchsen seltsame Bäume mit stacheligem Stamm und großen rosa Blüten auf der Krone. Letizia ging mir nach, umarmte mich von hinten und hauchte mir einen Kuss auf den Hals.
Ich drehte mich instinktiv um und begegnete ihren Lippen, sie waren heiß und weich wie Watte. Jetzt weiß ich, warum die Männer uns Frauen so gern küssen: Der Mund einer Frau ist so unschuldig, so rein. Die Männer, mit denen ich es bisher zu tun gehabt habe, hinterließen immer eine schleimige Speichelspur und drangen auf total vulgäre Weise mit ihrer Zunge in meinen Mund ein. Letizias Kuss war anders, irgendwie samtig und frisch, aber zugleich sehr intensiv.
»Du bist die schönste Frau, die ich je hatte«, sagte sie und hielt mein Gesicht fest.
»Du auch«, erwiderte ich ‒ überflüssigerweise, denn sie war ja die einzige Frau meines Lebens!
Letizia übernahm meinen Part, und diesmal war ich es, die das Spiel leitete und sich an ihrem Körper rieb. Ich habe sie fest umarmt und ihren Duft eingesogen, dann hat sie mich in ein anderes Zimmer geführt, meine Hose geöffnet und der süßen Qual, die vor ein paar Wochen begonnen hatte, ein Ende gemacht. Ich zerging fast unter ihrer Zunge, aber andererseits grauste es mir ein wenig bei dem Gedanken, einen Orgasmus im Mund einer Frau zu haben. Während ihre Zunge mich leckte, während sie, völlig meinem Genuss hingegeben, vor mir kniete, schloss ich die Augen und zog die Hände an wie ein verängstigtes Kaninchen seine Pfoten; dabei kam mir das unsichtbare Männchen in den Sinn, das in meinen Kleinmädchen-Phantasien immer mit mir geschlafen hatte. Das unsichtbare Männchen ist farblos und ohne Gesicht, es ist nichts als ein Geschlechtsteil und eine Zunge, die ich nach Belieben einsetzen kann. Genau bei dieser Vorstellung überkam mich der Orgasmus, ein heftiger Orgasmus, der mich keuchen ließ, ihr Mund war voll von meinen Säften, und als ich die Augen öffnete, sah ich zu meiner großen Überraschung und Freude, wie sie sich, die Hand im Slip, genüsslich wand; auch sie war also zum Höhepunkt gelangt, und vielleicht hatte sie ihn sogar noch echter und bewusster erlebt als ich.
Danach haben wir uns auf
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