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Mit der Reife wird man immer juenger

Mit der Reife wird man immer juenger

Titel: Mit der Reife wird man immer juenger
Autoren: Hermann Hesse
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und können darum alle Wünsche und Gedanken auf sich selber stellen. Die Alten haben schon gemerkt, daß irgendwo ein Ende ist und daß alles was einer für sich allein hat und tut, am Ende in ein Loch fällt und für nichts war.
    (Aus »Gertrud«, 1909)

    D er Gestorbene ist nicht zufällig, nicht sinnlos, nicht grausam und böse weggerissen worden, sondern die Aufgabe seines Lebens war zu Ende, und er ist weggegangen, um in neuer Gestalt wieder zu kommen und weiter zu wirken. »Seine Aufgabe war zu Ende« heißt natürlich nicht, daß er nicht noch viele Jahre hätte Wertvolles leisten können, oderdaß er ersetzbar wäre. Aber für ihn selber, für den innersten Sinn seines Lebens, war das Ziel erreicht, er war reif, und wenn er auch ungern starb, weiß er das heute doch, und von dem, was er war, ist nichts verloren und zerstoben. So ist mein Glaube. Es gibt keinen Tod. Jedes Leben ist ewig, jeder Mensch kehrt wieder. Es gibt in jedem Menschen ein innerstes Ich, das kein Tod zerstört … Ich glaube zwar nicht an ein persönliches Wiedersehen, oder an einen Verkehr mit »Geistern«. Aber ich glaube in aller Überzeugung an die Gemeinsamkeit des Zieles für alle Menschen, und an unsre Verbundenheit in Geist und Tat mit denen, die uns verlassen haben. Nicht im Tod, nur im Leben finden wir das wieder, was an den Toten ewig und unsterblich ist.
    (Aus einem Brief vom 30. 12. 1920 an Anne Rümelin)

    E inschlafen dürfen, wenn man müde ist, und eine Last fallen lassen dürfen, die man sehr lang getragen hat, das ist eine köstliche, eine wunderbare Sache.
    (Aus »Das Glasperlenspiel«, 1943)

    M it denen, die wir nicht mehr sehen, verkehren wir auf eine andere Art als mit denen, die noch »da« sind. Aber gegenwärtig sein können sie uns nicht weniger, oft ist ihre Nähe noch stärker als jede andere.
    (Aus einer Postkarte vom August 1942 an Lene Gundert)

    D ie Dahingegangenen bleiben mit dem Wesentlichen, womit sie auf uns gewirkt haben, mit uns lebendig, solange wir selber leben. Manchmal können wir sogar besser mit ihnensprechen, uns besser mit ihnen beraten und uns Rat von ihnen holen als von Lebenden.
    (Aus einem Brief vom 4. 1. 1939 an Lydia Link)

    U nser Leben ist kurz, und bald werden wir auf der anderen Seite sein, und wenn wir auch über dies Jenseits nichts »wissen«, so haben wir doch die Erfahrung gemacht, daß ein Toter uns vielmal lebendiger, lieber und näher sein kann als alle Lebenden um uns her und darin ist die natürliche Herzensbeziehung zum Drüben wohl begründet.
    (Aus einem Brief vom 17. 5. 1947 an Grete Gundert)

    J eder Lauf, ob zur Sonne oder zur Nacht, führt zum Tode, führt zu neuer Geburt, deren Schmerzen die Seele scheut. Aber alle gehen den Weg, alle sterben, alle werden geboren, denn die ewige Mutter gibt sie ewig dem Tag zurück.
    (Aus einem Brief vom September 1940 an Rolf Conrad)
Alle Tode
    A lle Tode bin ich schon gestorben,
Alle Tode will ich wieder sterben,
Sterben den hölzernen Tod im Baum,
Sterben den steinernen Tod im Berg,
Irdenen Tod im Sand,
Blätternen Tod im knisternden Sommergras
Und den armen, blutigen Menschentod.

    Blume will ich wieder geboren werden,
Baum und Gras will ich wieder geboren werden,
Fisch und Hirsch, Vogel und Schmetterling.
Und aus jeder Gestalt
Wird mich Sehnsucht reißen die Stufen
Zu den letzten Leiden,
Zu den Leiden des Menschen hinan.

    O zitternd gespannter Bogen,
Wenn der Sehnsucht rasende Faust
Beide Pole des Lebens
Zueinander zu biegen verlangt!
Oft noch und oftmals wieder
Wirst du mich jagen von Tod zu Geburt
Der Gestaltungen schmerzvolle Bahn,
Der Gestaltungen herrliche Bahn.

    E ine Agonie ist auch ein Lebensvorgang, nicht weniger als eine Geburt, und oft kann man beides verwechseln.
    (Aus einem undatierten Brief)

    S chmerz und Klage sind unsre erste, natürliche Antwort auf den Verlust eines geliebten Menschen. Sie helfen uns durch die erste Trauer und Not, sie genügen aber nicht, um uns mit dem Toten zu verbinden.
    Das tut auf primitiver Stufe der Totenkult: Opfer, Grabschmuck, Denkmäler, Blumen. Auf unsrer Stufe aber muß das Totenopfer in unsrer eigenen Seele vollzogen werden, durch Gedenken, durch genaueste Erinnerung, durch Wiederaufbau des geliebten Wesens in unsrem Innern.Vermögen wir dies, dann geht der Tote weiter neben uns, sein Bild ist gerettet und hilft uns den Schmerz fruchtbar zu machen.
    (Aus einem undatierten Brief)
Bruder Tod
    A uch zu mir kommst du einmal,
Du vergißt mich nicht,
Und zu Ende ist die
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