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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes
Autoren: Hammesfahr Petra
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seinem Alter saßen, sofern sie noch sitzen konnten, höchstens auf Parkbänken oder in Seniorenheimen herum und er noch jeden Tag im Büro.
Zwar hatte er inzwischen einen Geschäftsführer, doch der verstand gar nichts von Baumaschinen und von Gebrauchtwagen auch nicht allzu viel. Maren schwankte, weil ich kein freier Mann war und meinen Beruf liebte. Nur fürs väterliche Unternehmen wollte sie nicht bleiben. Obwohl ihre beruflichen und privaten Kontakte in Florida durch den langen Aufenthalt in der Heimat arg ramponiert sein müssten, wie sie meinte. Den Job drüben sei sie auf jeden Fall los. Und hier erledigte der Geschäftsführer die Dinge nicht eben in ihrem Sinne.
«Gib deinem Herzen einen Stoß, Konni. Als Polizist verdienst du nun wirklich nicht die Welt. Ich bin sicher, du gibst einen guten Geschäftsmann ab. Du musst nur wollen.»
Ich wollte eigentlich nicht, aber schließlich hatte sie mich doch so weit. Und dann legte sie mir eine Hand auf den Arm und sagte: «Du musst das verstehen, Konni.»
    Sie hatte noch einmal über alles nachgedacht und war zu der Erkenntnis gelangt, nach den Jahren Freiheit und Weite in Florida nicht mehr in den kleinkarierten deutschen Mief zu passen. Vier Monate hatte sie investiert, um meinen Untergang systematisch zu betreiben. Der verheiratete Konrad Metzner, der seine Frau nach Strich und Faden belog, sogar einen Kollegen einspannte, um sich Alibis für die Stunden im Hotelzimmer zu beschaffen, der Mann, der sich mit seinem Beruf einen Jugendtraum erfüllt hatte, war genau der Richtige, der Einzige und Beste gewesen.
    Für den armen Trottel dagegen, der mit einer Flasche Sekt in der Hand ins Hotelzimmer stürmte und verkündete: «Ich hab gekündigt und die Scheidung eingereicht», hatte Maren nur noch ein müdes Lächeln. Da mochte er betteln und winseln. Sie rekelte sich derweil auf dem Laken, rauchte gelangweilt eine Zigarette, schaute genervt zur Zimmerdecke hinauf.
    «Du musst das verstehen, Konni.»
    Ich verstand es nicht und ging zum zweiten Mal durch die Hölle. Meine Kündigung war von meinem Vorgesetzten zum Glück erst mal zur Seite gelegt worden in der Hoffnung, ich möge mir das noch einmal gut überlegen. Meine Ehe dagegen war nicht mehr zu retten, keine Aussicht auf Versöhnung, nur noch dreckige Wäsche. Die Eigentumswohnung wurde mit beträchtlichem Verlust verkauft, Karola behielt einen Teil der Einrichtung und zog wieder nach Köln. Ich behielt die Schulden und musste zurück in das Zimmer mit dem Etagenbett und der Klappcouch in der Wohnung meiner Eltern, weil ich mir in den ersten zwei, drei Jahren nicht mal mehr ein möbliertes Zimmer hätte leisten können. So viel verdient ein Polizist in dem Alter nun mal nicht, dass er locker einen Berg Schulden abtragen und nebenher noch angenehm leben könnte.
    Monatelang hörte ich endlose Vorträge von Vater, Mutter und dem älteren Bruder. Der jüngere meinte inzwischen auch, er müsse seinen Senf dazu geben. «Dass du nicht eher begriffen hast, worauf die es anlegte, du Idiot. Für so eine lässt man doch nicht alles sausen. Du kannst ja von Glück sagen, dass dein Chef mehr Verstand hatte als du. Stell dir vor, deine Kündigung wäre angenommen worden. Dann hättest du komplett im Regen gestanden.» Alle waren sie einhellig der Meinung, dass Maren es nur darauf angelegt hatte, mich völlig fertig zu machen. Und nun, wo ich am Boden zerstört war, flog sie wieder auf der Suche nach Siegern um die Welt.
    Man sollte annehmen, ich hätte daraus eine Lehre gezogen und es nicht so weit kommen lassen, dass mein Bruder die Liste, die er mit zwanzig erstellt hatte, um mich zur Einsicht zu bringen, erweitern musste: Mit achtunddreißig verliert der Mann die Frau, mit der er alt werden wollte, und seinen Sohn, der ihm wichtiger war als sonst etwas auf der Welt. Ich darf gar nicht darüber nachdenken.

1995 bis 1997
    Nachdem Maren mir zum zweiten Mal den Laufpass gegeben hatte, war ich monatelang richtig krank, stürzte mich mit Magengeschwüren, Bluthochdruck und manchmal unerträglichen Kopfschmerzen in sämtliche Fortbildungsmaßnahmen, die ich ergattern konnte, und hielt mich damit einigermaßen über Wasser.
    Dann lernte ich Hanne kennen. Hanne Neubauer, sie war Arzthelferin in der Praxis, in der ich Dauergast geworden war. Frisch und unkompliziert, selbstbewusst und natürlich, tüchtig und selbständig war sie, obwohl oder gerade weil das Leben nicht eben zimperlich mit ihr umgesprungen war. Ihre Eltern waren
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