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Mit dem Kühlschrank durch Irland

Mit dem Kühlschrank durch Irland

Titel: Mit dem Kühlschrank durch Irland
Autoren: Tony Hawks
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verlässt uns, und wir gehen jetzt zu ihrem Abschiedsessen.«
    »Das würde ich gerne, aber ich kann doch dort nicht einfach uneingeladen auftauchen.«
    »Das kannst du und wirst du.«

    Es war seltsam, meine Reise zu feiern, indem ich einfach auf die Feier von jemand anderem ging, aber es erfüllte seinen Zweck und lenkte mich von der Tatsache ab, dass jetzt alles vorbei war. Nach dem Essen nahm ich mir ein Taxi, um zu Rory und der Pension, in der ich bei meiner Ankunft übernachtet hatte, zu fahren und so meiner Reise eine gewisse Symmetrie zu verleihen.
    Überall war viel Verkehr. Alles schien sehr schnell vonstatten zu gehen, und die Leute wirkten sehr beschäftigt. Es war ein Schock nach der Ruhe des ländlichen Irlands. Dort, in jenem stillen Hinterland, hatte ich eine direkte Verbindung zwischen dem Tempo des Alltagslebens und der Zeit, die es dauert, bis der Barmann einem ein Stout serviert, entdeckt. Die Prozedur war ausgesprochen liebenswert, denn obwohl der Barmann unter Umständen eine Ewigkeit brauchte, bis er einen entdeckt, nach dem Wunsch gefragt, das Glas zu zwei Dritteln gefüllt und dann eine weitere Ewigkeit gewartet hatte, bis der Schaum sich setzte, führte er einen, kaum war das Glas endlich serviert, in die Gespräche und Lebensläufe der anderen Gäste ein. Dieser Brauch existierte vermutlich hier in Dublin auch, man musste sich nur auskennen, aber ich war noch nicht bereit, mich einzufügen. Die schiere Menschenmasse machte mich nervös. Wenn schon Dublin ein Schock war, wie würde ich mich dann erst fühlen, wenn ich in London ankam?
    Im Taxi änderte ich meine Meinung, was meine Abreise anging. Bisher hatte ich geplant, noch ein paar Tage in Dublin zu bleiben, mich ein bisschen umzusehen und mich ganz allgemein in meinem Ruhm zu sonnen. Jetzt wirkte das aber nicht mehr so verlockend, denn zum einen hatte ich das Gefühl, als hätte ich den Job, wegen dem ich gekommen war, erledigt, zum anderen war der Ruhm nicht so groß, als dass ich mich darin anständig hätte sonnen können. Wäre es nicht besser, nach Hause zu fliegen, die Batterien wieder aufzuladen und irgendwann zurückzukommen und die alten Freunde zu besuchen, wenn ich wieder frisch und bei Kräften war? Ich entschied mich also dafür, am nächsten Morgen einen Flug zu buchen und am späten Nachmittag zu fliegen.
    Eine Frage blieb allerdings noch. Was sollte ich mit dem Kühlschrank tun? Und auch hier hatte ich eine neue Idee. Ursprünglich hatte ich versuchen wollen, ihn zu verkaufen. Mich amüsierte die Vorstellung, folgende Anzeige in einer Lokalzeitung aufzugeben:

    Zu verkaufen:
    K ÜHLSCHRANK,
    VON E RSTBESITZER,
    SCHECKHEFTGEPFLEGT,
    NIEDRIGER K ILOMETERSTAND,
    MÖGLICHERWEISE S ALZWASSERSCHADEN,
    NOCH NIE IN B ETRIEB GENOMMEN

    Meine zweite Idee war, Gerry Ryan den Kühlschrank während seiner Sendung versteigern zu lassen, und das Geld dann einem wohltätigen Zweck zu stiften. Das wäre die selbstloseste Vorgehensweise gewesen und vermutlich die, für die ich mich hätte entscheiden sollen. Das Problem war nur, dass ich inzwischen zu sehr an dem verdammten Ding hing. Wenn ich zu ihm hinuntersah, empfand ich echte Zuneigung. Ich wusste, dass dies keine Gefühle waren, die man normalerweise für einen Kühlschrank hegt, aber ich konnte mich einfach nicht von ihm trennen. Es war nicht irgendein Kühlschrank, es war Saiorse Molloy, und er war von oben bis unten mit den Unterschriften von Freunden und Leuten bedeckt, die mir Glück wünschten. Dies waren meine Erinnerungen. Ich würde ihn zu Hause in meinem Büro aufstellen, denn sicher würde sich eine Flasche Mineralwasser, die man in einen von Mutter Oberin gesegneten Kühlschrank stellt, in Weihwasser verwandeln. Und spät abends könnte ich ab und zu einen Drink zu mir nehmen und das Wasser mit ein paar Tropfen eines geistigen, wenn auch eindeutig nicht heiligen Getränks mixen.

    Rory freute sich, mich wiederzusehen.
    »Ah, du hast es also geschafft. Darf ich auf dem Kühlschrank unterschreiben?«
    »Wenn du Platz findest.«
    Er suchte die Oberflächen ab und fand keinen freien Fleck.
    »Ich werde unten unterschreiben müssen«, stellte er fest und tat es, nachdem er den Kühlschrank umgekippt hatte.
    »Ich schätze, du wirst heute Abend ausgehen und groß feiern.«
    »Nicht wirklich.«
    »Wieso nicht?«
    »Es hat sich irgendwie nichts ergeben, und ich glaube auch nicht, dass ich heute wirklich feiern möchte.«
    Rory sah mich ziemlich genauso an wie vor ein paar
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