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Mister Medusa

Mister Medusa

Titel: Mister Medusa
Autoren: Jason Dark
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nur so? Oder gab es einen Grund? Das würde ich noch herausfinden müssen. Zunächst mal wurde ich abgelenkt, weil auch Björn Karlsson den Wagen verließ, um ihn herumging und an der rechten Seite stehen blieb, wo sich das Grauen praktisch wie auf dem Tablett ausbreitete.
    Er konnte nicht reden. Ich hörte nur, wie er aufstöhnte. Von der Strige erwähnte ich nichts, da ich Karlsson nicht noch mehr belasten wollte.
    Er schaute sie alle an. Wir kannten keinen der Versteinerten, die in unterschiedlichen Haltungen auf der Straße lagen. Zwei von ihnen hatten die Beine angezogen, als wollten sie sich abstoßen und durchstarten. Ein anderer Mann hatte seinen Oberkörper halb erhoben und die linke Hand ausgestreckt. Es sah so aus, als hätte er versucht, in die Höhe zu kommen, aber die Versteinerung hatte ihn einfach zu schnell getroffen.
    »Sie sind alle tot, John, nicht?«
    »Leider.«
    Der Kommissar warf einen Blick in die Gesichter so gut es ihm möglich war. »Da sind Japaner oder Chinesen dabei«, murmelte er. »Die scheinen irgendwo hingewollt zu haben.«
    »Sie sehen wie Geschäftsleute aus.«
    Björn Karlsson nickte. »Ja, das sehe ich auch so. Geschäftsleute, die etwas zu feiern hatten. Möglicherweise in einem Bordell. Das läge doch irgendwie auf der Hand, John.«
    »Richtig.«
    Der Kollege wischte über sein Gesicht und flüsterte: »Ich bin mal gespannt, wann es uns erwischt.«
    »Wir müssen weiter, Björn.« Ich wollte nicht, dass er sich an einem bestimmten Thema festbiss. Wir mussten die Realität einfach im Blick behalten, alles andere konnte man vergessen. Da half kein Jammern und kein Klagen, wichtig war, dass wir Mister Medusa stoppten und dass es nicht noch mehr Tote gab.
    »Was ist denn mit den Toten?«, fragte Karlsson. »Wir können sie doch nicht mitten auf der Straße liegen lassen.«
    »Das werden wir auch nicht. Aber wir können sie auch nicht mitnehmen. Wir werden sie in den Wagen schaffen, wenn es geht. Aber erst, nachdem ich den Van zur Seite gefahren habe.«
    »In Ordnung.«
    Der Zündschlüssel steckte noch. Ich startete den Van und bugsierte ihn an den linken Straßenrand. Dabei beobachtete ich die Straße und so gut wie möglich auch den Himmel, denn ich hatte die Satans-Eulen keinesfalls vergessen.
    Der Van stand etwas schräg, als ich ausstieg. Gemeinsam öffneten wir die Türen, dann versuchten wir, die Menschen in den Wagen zu hieven.
    Als wir die Türen wieder zuschlugen, schüttelte sich der Kollege. »So etwas habe ich noch nie erlebt«, flüsterte er, »und so etwas möchte ich auch nicht mehr erleben.«
    »Keine Sorge, Björn, wir werden es überstehen.«
    »Woher nimmst du überhaupt deinen Optimismus?« Die Frage stellte er, als wir bereits im Volvo saßen.
    »Das ist nicht schwer zu beantworten. Wer den Job so lange macht wie ich und dann überlebt hat, der kann einfach nicht anders denken. Das ist anders nicht möglich.«
    »Bestimmt hast du Recht.«
    Karlsson startete wieder. Die Straße lag frei vor uns im hellen Schein des Fernlichts. Es hatte sich wie ein kalter Schleier in die Dunkelheit hineingepresst. Die Spannung hielt uns beide umklammert. Es war eine Zeit, in der wir nicht miteinander sprachen und uns nur auf die Fahrt konzentrierten.
    Ich brauchte Karlsson nichts zu sagen. Er kannte den Weg. Er fuhr, und er verhielt sich ruhig dabei, obwohl es in seinem Innern sicherlich brodelte.
    Ich dachte nicht nur an Mister Medusa, auch die Strigen waren wichtig. Warum, zum Henker, waren sie so plötzlich erschienen? Welchen Grund hatten sie gehabt? Schon einmal hatte ich mich mit dieser Frage beschäftigt und mir eine Antwort zurechtgebastelt. Ob sie allerdings zutraf, stand in den Sternen.
    Mister Medusa war unterwegs. Die letzten sechs Toten ließen keinen Zweifel zu. Aber auch die Strigen zeigten sich und huschten durch die Wälder. Eine hatte ich im Graben liegen sehen. Sie war regelrecht vernichtet worden. Zerbrochen oder wie auch immer. Knochen und Gebeine, die geknackt waren.
    »Wir müssen gleich nach links abbiegen«, flüsterte mir Karlsson zu. »Das ist der Weg zu Hamrin’s Haus und auch zum Wasser hin, wo Ellen Ascot gefunden wurde.«
    »Gut.«
    Der letzte Weg war schon nicht eben breit gewesen. Jetzt allerdings rollten wir in den Wald hinein und über einen Pfad hinweg, der fast zugewachsen war. Immer wieder kratzten Zweige gegen die Karosserie des Volvos.
    Es war dunkel geworden, und wenn wir nach vom schauten, sahen wir das Licht in der Dunkelheit
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