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Miss Seetons erster Fall

Miss Seetons erster Fall

Titel: Miss Seetons erster Fall
Autoren: Heron Carvic
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Beamtin in der Wohnung und der alarmierten Polizeistreife, konnte ihr nichts passieren, aber er wurde das scheußliche Gefühl nicht los, daß sie, als sie César Lebel ihren Schirm in den Rücken bohrte, in ein Wespennest gestochen hatte.

2
    Miss Seeton winkte. Der Bahnsteig von Charing Cross fuhr an ihr vorbei, sie lehnte sich in ihrem Fensterplatz zurück. Was für ein nettes Mädchen, und die Uniform – so sauber und kleidsam. Wie machte man das nur, so frisch auszusehen, wenn man die ganze Nacht in einem Sessel zugebracht hatte? Anstrengend, ein solches Leben. Sie hatte der Kleinen angeboten, das Harmonikabett aufzuschlagen, aber sie wollte nichts davon hören – es sei ihr lieber, im Sessel zu sitzen und zu lesen. Und was die Polizeibeamten alles wußten und konnten! Sie hatte wirklich keine Ahnung gehabt, wie sie in die Wohnung kommen sollte, aber der eine Beamte hatte nur ein bißchen am Türschloß rumgefummelt, und schon war es aufgegangen. Natürlich mußte ausgerechnet in diesem Augenblick diese neugierige Mrs. Perron von unten raufkommen – ein höchst unpassender Morgenrock – und fragen: »Irgend etwas nicht in Ordnung, meine Liebe?« Was sollte denn nicht in Ordnung sein, wo sie doch von Polizisten umringt war? Na ja, nicht eigentlich umringt; es waren nur zwei, außer dem Mädchen; aber die kleine Wohnung quoll doch beinahe über – und sie wollten alles nachprüfen und fragten ständig, ob alles an Ort und Stelle wäre. Gott sei Dank fehlte nichts. Nur vielleicht das Küchenfenster. Natürlich fehlte es nicht, es war bloß offen. Ob sie nicht doch vergessen hätte, es zuzumachen? Sie konnte sich nicht erinnern, es vergessen zu haben. Jedenfalls fanden die Polizisten das interessant, und sie wollten unbedingt abstauben, wegen der Fingerabdrücke, obwohl man eigentlich nicht von ›Abstauben‹ reden kann, wenn überall Puder verstreut und alles schmutzig gemacht wird. Der eine Beamte war sogar auf die Feuerleiter hinausgestiegen und hatte da draußen rumgepudert.
    Aber anscheinend waren nirgends Fingerabdrücke, nicht einmal ihre eigenen; das nannten sie ›säuberlich abgewischt‹, was ja sehr zufriedenstellend klang. Demnach mußte sie das Küchenfenster doch vergessen haben.
    Der Vormittag war schauderhaft gewesen. Ständig hatte die Türglocke oder das Telefon oder beides gleichzeitig geklingelt. So störend, wenn man überlegen will, ob man alles eingepackt hat. Und diese Mrs. Perron, die ihre Nase in alles steckte – wieder war sie raufgekommen, um ihre Hilfe anzubieten. Dabei kannte sie die Frau ja kaum. Und was sie für endlose, alberne Fragen gestellt hatte. Nicht auszudenken, wie es ohne das Mädchen von der Polizei gewesen wäre – ruhig und sachkundig hatte die Kleine dafür gesorgt, daß das Türschloß ausgewechselt wurde, hatte ein Taxi bestellt und sie beide darin verstaut, mit Hilfe des Polizisten draußen, in dem Gedränge auf dem Bürgersteig. Zeitungsreporter, offenbar – die müßten doch Wichtigeres zu tun haben. Und warum brauchten sie eigentlich Blitzlicht, wenn sie bei hellichtem Tag fotografierten? Immerhin, das Taxi war abgefahren, und hier saß sie nun behaglich im Zug. Trotzdem war sie aufgeregt. Es war einfach aufregend, in sein eigenes Haus aufs Land zu fahren. Ein eigenes Haus. Auf dem Land. Miss Seeton blickte durchs Fenster auf die endlosen Häuserzeilen. Noch war es nicht ganz soweit, natürlich. Sie schlug die Times auf. Premierminister fliegt nach Washington. Wieder eine weiche Mondlandung. Zahl der Verkehrstoten gestiegen! Mord in Covent Garden. Sie blätterte um. Sieh an, das war interessant: Wie gedeiht Ihr Garten? Ja. wie eigentlich? Das mußte sie jetzt lernen. Eine einfache, leichte Methode … Nitrogen … Dung … Phosphate … O je, wie kompliziert das klang. Aber sie hatte sich ja den Wegweiser für Gartenfreunde besorgt, und darin konnte sie alles nachschlagen.
     
    Die Bahnstation für Plummergen ist nach alter Tradition die Ortschaft Brettenden, die zugleich für die umliegenden Dörfer das wichtigste Einkaufszentrum darstellt. Obwohl es weiter entfernt ist als Rye, entscheidet man sich in Plummergen unwillkürlich doch für Brettenden, denn es entspricht der Hauptbedingung, die reisende Engländer stellen – das Ziel gleicht dem Ausgangspunkt der Reise so weit wie möglich. Tatsächlich ist Brettenden nichts anderes als ein vergrößertes Plummergen. Das Städtchen Brettenden besteht fast nur aus einer Hauptverkehrsader, der High Street,
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