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Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Titel: Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition)
Autoren: Marlies Lüer
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ihrer Therapeuten sehr bald wieder laufen dürfen. Das hieß für mich, dass ich wieder mehr Freiheit haben würde, und die wollte ich intensiv für die Jobsuche nutzen, und ich wollte auch mal wieder abends ausgehen. Selbst eine Halbtagsstelle als Verkäuferin würde ich annehmen, nur damit ich nicht völlig aus dem Arbeitstrott rauskommen würde, ich wurde schon träge. Das war nicht gut.
    Ich kraulte Rosalindes Fell, während ich die Stellenanzeigen las, und fand vier einigermaßen passende Anzeigen, gestern hatte ich in diversen Internet-Jobbörsen fünf weitere gefunden. Da hatte ich heute also einiges zu tun mit Bewerbungen schreiben, gut für mich!
    Mira teilte sich mit mir die Zeitung. Ich wollte gerade vom Tisch aufstehen, als mir auffiel, dass sie die Stirn runzelte und angestrengt nachdachte. „Ist was?“ fragte ich.
    „Hm. Sagen Sie, wie heißt noch mal die Straße, in der Sie wohnen?“
    „Bergstraße, warum?“
    „Oh. Das hier sollten Sie lesen, Melissa.“ Mira drehte die Zeitung um und gab sie mir in die Hand.
    „(…)ist am gestrigen Abend in der Bergstr. 18 zu Schaden gekommen, der Bewohner wurde mit mittelschweren Verbrennungen in eine Spezialklinik transportiert. Mehrere Mitbewohner des Hauses erlitten Rauchvergiftungen und wurden in ein Krankenhaus gebracht. Feuer und Löschwasser haben erhebliche Schäden an der Bausubstanz verursacht. Eine Bewohnerin des Hauses wird noch vermisst. Die Behörden (…)“
    „Oh mein Gott, das darf doch nicht wahr sein. Das ist ja mein Haus, meine Wohnung ist sicher auch beschädigt! Ich muss das meiner Mutter sagen, das waren doch vor allem ihre Möbel in der Wohnung. Oh, und ich muss mich bei der Polizei melden, damit die nicht nach mir suchen. Wie konnte das nur geschehen?“
    Und da fiel mir ein, dass ich ja einen leichten Brandgeruch im Treppenhaus wahrgenommen hatte. Oh nein. Ich hatte mir nichts weiter dabei gedacht! War das jetzt etwa auch meine Schuld? Mir wurde richtig schlecht.
    „Mira, ich muss schnell telefonieren.“ Ich lief in mein Zimmer hoch, nahm mein Handy, wählte die 110 und ließ mich weiterverbinden mit dem zuständigen Revier.
     
     
     
    Tja, so kam es, dass ich nicht nur arbeitslos, sondern auch quasi obdachlos wurde. Allerdings war ich nicht heimatlos. Mira bot mir an, bei ihr zu wohnen, so lange ich wollte. Ich nahm das Angebot dankend und erleichtert an. Nach einigen Wochen war alles geregelt: die Hausratversicherung zahlte, Mietvertrag war gekündigt (ich wollte keinesfalls zurück, auf gar keinen Fall), Wohnsitzummeldung, Nachsendeantrag bei der Post, Mitteilungen rausschicken über die veränderten Wohnverhältnisse und so weiter und so fort. Meine Güte, was für eine Zeit war das für mich! Wenn wenigstens Valerius bei mir gewesen wäre. Ich wünschte mir so sehr eine Schulter zum Anlehnen.
    Doch was ich bekam, war nicht minder stärkend. Ich hatte Miras ungeteilte Aufmerksamkeit und ihr Ohr. Sie wurde es nie müde, sich meine Klagen anzuhören, meine Ängste zu lindern. Und sie kochte mir täglich Tee aus Lavendelblüten, Hopfen und Melisse, verfeinert mit Rosenknospen. Ich durchlebte ein richtiges „Tief“ und fand dadurch auch zu mehr Verständnis für die düsteren Phasen meiner Mutter. Vielleicht war das sogar „erblich“, dachte ich, diese Nervenschwäche. Es zeigten sich mir bisher unbekannte psychische Neigungen zum Grübeln, zur Schwarzseherei und zum Selbstmitleid. So kannte ich mich gar nicht. An manchen Tagen konnte selbst das Kätzchen Rosalinde mich nicht aufheitern.
    Als der Frühling kam, kehrte auch mein Lebensmut zurück. Auch Miras Zustand war erheblich gebessert und sie brannte darauf, endlich in den Garten gehen zu können.
    Und ich brannte darauf, meine neue Arbeit zu beginnen! Eine der vielen Bewerbungen hatte in der Tat zu einer Anstellung geführt, wenn auch vorerst nur mit Jahresvertrag. Ab 1. April würde ich als Sekretärin in einem Kinderbuchverlag arbeiten. Der Arbeitsweg hielt sich in Grenzen, eine halbe Stunde über die Landstraße und dann noch etwa eine Viertelstunde Weg in der Stadt selbst. Für Max wurde es auch Zeit, wieder mehr Bewegung zu haben, sonst würde er noch einrosten auf seine alten Tage. Ich musste bald wieder einen Ölwechsel machen lassen, fiel mir ein.
    Doch für heute hatte ich mir vorgenommen, mein Zimmer unterm Dach gründlich zu putzen. An der Dachschräge stieß ich mir den Kopf, als ich das Bett vorrückte, um darunter zu wischen. Ich glaube, daran gewöhne
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