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Mira und der weiße Drache (German Edition)

Mira und der weiße Drache (German Edition)

Titel: Mira und der weiße Drache (German Edition)
Autoren: Margit Ruile
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fragte sie Miranda vorsichtig, während sie ein Käsebrot aus der Aluminiumfolie wickelte. Miranda zögerte keine Sekunde. Sie riss Mira das Käsebrot aus der Hand und verschlang es dann gierig. »Schmeckt auch nicht übel!«, rief sie und prustete dabei viele Krümelchen in Miras Richtung.
    »Kannst du eigentlich auch etwas anderes lesen als das da?«, fragte sie dann kauend und deutete auf das Buch, das Mira neben sich auf das Klapptischchen unter dem Fenster gelegt hatte. Mira sah sie verwirrt an. »Klar«, sagte sie, »ich kann alles lesen!«
    Miranda lehnte sich zurück, schluckte den Rest des Brotes hinunter und wischte sich mit ihrem Ärmel über den Mund. Sie zog eine kleine braune Papierrolle aus ihrer Hosentasche und hielt sie dicht vor Mira. »Ich bin neugierig, ob du auch lesen kannst, was hier drin steht!« Mira zuckte mit den Schultern und nahm die Rolle. Sie betrachtete sie von allen Seiten. Das Papier war dick, gerollt und mit einem roten Wachssiegel verschlossen. Mira hielt das Siegel dicht vor ihre Augen. In winzigen Buchstaben stand da
Zerbrich mich!
.
    »Da steht, ich soll das Siegel zerbrechen«, sagte sie langsam. Miranda nickte. »Dann tu es!«, sagte sie leise.
    Mira brach mit einem leisen Knack das Siegel entzwei und hörte im gleichen Moment ein trauriges Seufzen. Sie ließ das Papier fallen und wich erschrocken zurück. »Das macht nichts«, versuchte Miranda sie zu beruhigen, hob die Rolle auf und reichte sie wieder an Mira. Die nahm sie – noch etwas zögernd − in Empfang und entrollte mit zitternden Fingern das Pergament. »Nun?«, fragte Miranda ungeduldig.
    »Na ja«, sagte Mira, während sie auf die schön geschwungenen schwarzen Buchstaben starrte. »Ich glaube, ich kann das doch nicht lesen.«
    Das, was da auf dem fleckigen Papier stand, ähnelte keiner Handschrift, die sie bisher gesehen hatte. Trotzdem kamen ihr die Schriftzeichen vertraut vor.
    »Was heißt hier, du kannst es nicht lesen?«, fragte Miranda. »Ich weiß nicht«, sagte Mira unsicher. Die Buchstaben waren nach links gekippt. Manche Worte fingen klein an und endeten mit einem großen Buchstaben. Plötzlich ging Mira ein Licht auf. »Hast du einen Spiegel dabei?«, fragte sie Miranda.
    »Einen Spiegel? Wieso das denn?«, rief Miranda nervös.
    »Es ist in Spiegelschrift geschrieben.«
    Miranda atmete tief aus. »Das ist mal wieder typisch«, sagte sie verächtlich »Alles, was einfach sein könnte, müssen sie kompliziert machen. Also, ich habe keinen Spiegel dabei, du?«
    »Nein.« Mira überlegte kurz. »Wir gehen auf die Toilette. Da hängt sicher einer.« Sie stand auf und ging, gefolgt von Miranda, den schwankenden Gang entlang zur Zugtoilette. Die Mädchen zwängten sich in den engen Raum und Mira hielt das Papier vor den kleinen Spiegel. Wie sie gedacht hatte, war es jetzt ganz einfach, die Buchstaben zu entziffern. Sie holte tief Luft und las vor:
    »Wenn die Erde zwischen Mond und Sonne steht,
kurz bevor der Tag vergeht,
dann wird sich die Suche lohnen,
wo Krähe und Drache zusammen wohnen.«
    »Und weiter?«, fragte Miranda. »Was steht da weiter?«
    »Nichts mehr.« Mira drehte das Papier um. »Das war’s. Und was soll das nun heißen?« Miranda murmelte den Spruch vor sich hin. »Ach, das bedeutet − eigentlich gar nichts.« Sie schüttelte den Kopf. »Ein Spiel. Verstehst du?«
    Dabei trippelte sie nervös von einem Bein aufs andere. Ein unruhiges Flackern trat in ihre Augen. »Außerdem ist es für dich nicht weiter wichtig«, murmelte sie schnell und ging wieder hinaus auf den Gang. Mira folgte ihr. Warum war es für sie nicht wichtig? Jetzt war sie erst recht neugierig geworden. Sie hielt sich das Papier vor die Nase und prägte sich den Spruch ein. In diesem Moment fing die Rolle Feuer. Mira schrie erschrocken auf und warf das lodernde Stück Pergament von sich. Verblüfft beobachtete sie, wie das Blatt hochsegelte und noch in der Luft vom Feuer verzehrt wurde. Winzige Ascheteilchen wirbelten von der heißen Luft getragen nach oben, wo sie für einen kurzen Moment tanzten. Seltsamerweise roch es nicht verbrannt.
    »Es ist weg ...«, rief Mira fassungslos und beobachtete das letzte Stück braunes Papier, das sich noch kurz drehte und dann in Rauch auflöste.
    Sie blickte sich um, doch der Gang hinter ihr war leer. Miranda war wie vom Erdboden verschluckt! Eine Tür öffnete sich und ein Mann schob seinen Rollkoffer nach draußen.
    Mira ging zurück zur Toilette und öffnete die Tür. Niemand zu
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