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Mira und das Buch der Drachen (German Edition)

Mira und das Buch der Drachen (German Edition)

Titel: Mira und das Buch der Drachen (German Edition)
Autoren: Margit Ruile
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Kleid auf dem Boden liegen und dunkel glitzern.
    »Das, was sterblich an ihr war, ist nun verschwunden!«, flüsterte das Silbermännchen Mira zu. Es hatte sich gegen den Notenhalter auf dem Klavier gelehnt und blickte auf das Buch.
    Die schwarzen Zauberer drängten sich nach vorne, um besser sehen zu können.
    Mira betrachtete den leblosen weißen Drachen und die Ader an seinem Hals. Das Blut pochte und pochte in dieser schmalen Ader, die zu seinem geschlossenen Maul führte. Da! Das Pochen wurde stärker und der Rücken des Drachen hob und senkte sich.
    »Zündet die Lichter wieder an!«, rief einer.
    Man hörte ein ratschendes Geräusch und es wurde allmählich wieder etwas heller.
    Da sah Mira, wie der Drache vor ihr langsam die Augen öffnete.
    »Du lebst! Das ist gut!«, sagte er und warf Mira einen langen Blick zu.
    »Die schwarze Hexe ...«, stammelte Mira. »Sie ist tot!«
    »Sie ist schon lange tot«, erwiderte der weiße Drache und lächelte.
    In diesem Moment stieß jemand einen erstaunten Schrei aus. Die rechte vordere Pfote des schwarzen Drachen hatte sich erhoben. Sie suchte Halt auf dem Papier und stützte sich ab. Dann stak mit einem Mal ein schwarzer Flügel ausden vergilbten Seiten. Er schillerte dunkel. Unter aufgeregtem Murmeln erhoben sich auch der zweite Flügel sowie die andere Pfote, und schließlich zog der schwarze Drache seinen Kopf aus dem Papier und blickte sich verwundert um. Er hatte alle Züge der schwarzen Hexe. Sein Gesicht war schön geschnitten und seine Augen waren braun und unergründlich.
    »Cyril«, flüsterte der Drache. Es war die Stimme der schwarzen Hexe. Das Flüstern war überall im Saal zu hören. Es hallte an den Wänden mit den grausamen Jagdbildern wider, es erklang von den Kronleuchtern und ließ die funkelnd geschliffenen Kristalltropfen erklirren.
    Der weiße Drache hob den Kopf. »Ich habe hier ziemlich lange auf dich gewartet!«
    »Ich weiß«, sagte der schwarze Drache und ein Lächeln zog seine Mundwinkel nach oben. »500 Jahre können sich ganz schön hinziehen.«
    »Wem sagst du das!«
    »Aber wie konntest du dir so sicher sein, dass ich dich nicht im Stich lasse?«
    Der weiße Drache sah den schwarzen lange an. »Ich war mir nicht sicher!«
    Dann blickte er sich im Saal um. »Nette Party übrigens!«
    Hunderte Augenpaare starrten ihm entgegen.
    Er wandte sich wieder an den schwarzen Drachen. »Aber ich finde, wir sollten langsam von hier verschwinden!«
    »Das habe ich mir schon lange gewünscht, Cyril!«
    Von dem, was nun geschah, sollte es später zwei Versionen geben. Eine, die in den offiziellen Aufzeichnungen ihren Eingang fand, und eine, an die sich nur die erinnerten, die an jenem Abend dabei waren.
    Den offiziellen Aufzeichnungen zufolge hielt der weiße Drache nun eine lange Rede. Es ging dabei um sein Vermächtnis, die Versöhnung zwischen weißen und schwarzen Zauberern und die Zukunft der Zauberwelt.
    Mira staunte sehr, als sie die Rede später in einem dicken Geschichtsbuch las.
    »Oh und amüsiert euch noch schön! Ihr alle!«, war nämlich das, was der weiße Drache in Wirklichkeit sagte. Er blinzelte Mira einen winzigen Augenblick lang vergnügt zu und stieß eine Wolke aus, die in allen Farben des Regenbogens schimmerte.
    Die Wolke stieg nach oben zur Decke und zerplatzte dort in vielen bunten Funken, wie ein Feuerwerk. Dann verneigten er und der schwarze Drache sich formvollendet vor ihrem Publikum aus Menschen und Tieren. Sie umkreisten sich auf den aufgeschlagenen Buchseiten wie bei einem Tanz, schlugen mit den prächtigen Flügeln, erhoben sich in die Luft und flogen durch eines der geöffneten dreieckigen Fenster in die kalte Winternacht hinaus.

26. Kapitel

    in dem Mira sich an jemanden erinnert
    Mira starrte auf das offene Fenster. Sie waren weg! Die Drachen waren einfach davongeflogen! Nichts hatten sie hinterlassen außer einem Buch mit vielen Rätseln. Was würde nun geschehen?
    Sie blickte sich um. Die schwarzen Zauberer standen reglos und verloren im Saal. Unter sie mischten sich die Tiere, die nicht weniger erschüttert waren.
    Auf dem Klavier befand sich immer noch das Buch, das in der Mitte aufgeschlagen war. Dort, wo vorher die beiden Drachen gezeichnet waren, schimmerten nun zwei leere vergilbte Seiten im Kerzenlicht und nichts erinnerte mehr an die beiden Geistwesen.
    Nur in der Luft hingen noch die Reste der Wolke, die aus den Nüstern des weißen Drachen entwichen war. Sie verteilten sich unter der Decke und schwebten
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