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Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge

Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge

Titel: Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge
Autoren: Michael Connelly
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Verfahren läuft auf ein, wie ich es nenne, Fünf-Minuten-Urteil hinaus. Es ist ein Verfahren, in dem sich so viele berechtigte Zweifel aufdrängen, dass Sie bestimmt schon beim ersten Wahlgang zu einem einstimmigen Urteil gelangen werden.«
    Im Anschluss daran strich ich die von der Verteidigung vorgebrachten Beweise sowie die Widersprüche und Mängel in der Beweisführung der Anklage hervor. Und ich stellte noch einmal die unbeantworteten Fragen. Warum war der Aktenkoffer offen? Warum wurde der Hammer erst nach so langer Zeit gefunden? Warum wurde Lisa Trammels Garage in unabgeschlossenem Zustand vorgefunden, und warum sollte sich jemand, der seinen Zwangsversteigerungsprozess eindeutig gewinnen würde, so drastisch an Bondurant rächen?«
    Das führte mich schließlich zum Kernpunkt meines Plädoyers – der Puppe.
    »Allein Dr. Arslanians Demonstration straft die Behauptungen der Anklage Lügen. Ohne auch nur ein einziges weiteres Element der Beweisführung der Verteidigung heranzuziehen, weckt bereits Manny genügend berechtigte Zweifel. Aufgrund der Knieverletzungen des Opfers wissen wir, dass es aufrecht stand, als es von dem tödlichen Schlag getroffen wurde. Und wenn es aufrecht stand, ist dies die einzige Haltung, die es eingenommen haben kann, wenn Lisa Trammel als seine Mörderin in Frage kommen soll. Mit weit nach hinten geneigtem Kopf, das Gesicht der Decke zugewandt. Ist das möglich, müssen Sie sich fragen. Ist das wahrscheinlich? Weshalb könnte Mitchell Bondurant so nach oben geschaut haben? Zu was könnte er hinaufgeblickt haben?«
    An dieser Stelle machte ich eine Pause. Ich stand, eine Hand in der Hosentasche, in entspannter, zuversichtlicher Haltung da und beobachtete die Geschworenen. Alle zwölf blickten gebannt auf die Puppe. Schließlich packte ich den Hammerstiel und drückte ihn langsam nach oben, bis das Plastikgesicht der Puppe nach vorn blickte und der rechtwinklig vom Kopf abstehende Stiel für Lisa Trammel nicht mehr erreichbar war.
    »Die Antwort, meine Damen und Herren, ist, dass er nicht nach oben geblickt hat, weil Lisa Trammel diese Tat nicht begangen hat. Lisa Trammel fuhr mit ihrem Kaffee nach Hause, während jemand anderer den Plan ausführte, die von Mitchell Bondurant ausgehende Bedrohung aus der Welt zu schaffen.«
    Eine weitere Pause, um meine Worte nachwirken zu lassen.
    »Mit seinem Brief an Louis Opparizio hatte Mitchell Bondurant den schlafenden Tiger geweckt. Ob beabsichtigt oder nicht, war der Brief eine Bedrohung jener zwei Dinge, die dem Tiger seine Kraft und Stärke verliehen. Geld und Macht. Er gefährdete einen Deal, bei dem es um mehr ging als Louis Opparizio und Mitchell Bondurant, und dagegen musste etwas unternommen werden.
    Und so war es dann auch. Man beschloss, die Tat Lisa Trammel in die Schuhe zu schieben. Sie war den Drahtziehern des Komplotts bekannt, ihre Aktivitäten waren von ihnen verfolgt worden, und sie hatte scheinbar ein Motiv. Sie war der ideale Sündenbock. Niemand würde ihr glauben, wenn sie behauptete: ›Ich war es nicht.‹ Niemand würde sich deswegen groß Gedanken machen. Ein Plan wurde entworfen und ebenso kaltschnäuzig wie effizient in die Tat umgesetzt. Am Ende lag Mitchell Bondurant neben seinem durchwühlten Aktenkoffer tot auf dem Betonboden des Parkhauses der Bank. Und als die Polizei anrückte, fiel sie prompt auf die raffinierte Inszenierung herein.«
    Ich schüttelte fassungslos den Kopf, als vereinte ich die Entrüstung der gesamten Öffentlichkeit in mir.
    »Die Polizei ging mit Scheuklappen an die Sache heran. Mit Scheuklappen, wie man sie Pferden aufsetzt, damit sie nicht vom Weg abweichen. Die Polizei war auf einem Weg, der zu Lisa Trammel führte, und sie schaute nicht nach links und nach rechts. Für sie gab es nur eine Verdächtige. Lisa Trammel, Lisa Trammel, Lisa Trammel … Aber was war mit ALOFT und dem Millionengeschäft, das Mitchell Bondurant gefährdete? Sorry, interessiert uns nicht. Lisa Trammel, Lisa Trammel, Lisa Trammel. Einmal auf dieser Schiene, folgten sie ihr bis ans Ende.«
    Ich hielt inne und begann, vor den Geschworenen auf und ab zu gehen. Dabei blickte ich mich zum ersten Mal im Gerichtssaal um. Er war bis auf den letzten Platz besetzt, und im hinteren Teil standen sogar ein paar Leute, unter ihnen Maggie McPherson und meine Tochter. Ich stockte mitten im Schritt, hatte mich aber rasch wieder im Griff. Mir wurde warm ums Herz, als ich mich wieder den Geschworenen zuwandte und zum Schluss
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