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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt
Autoren: H. J. Alpers
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auszuspielen.“
    Das Gesicht mit den fanatischen Augen verzerrte sich, die Linien neben dem harten Mund und auf der Stirn gruben sich tiefer ein, und endlich begann das Bild zu schwanken und in den Konturen zu zerfließen.
    „Eine ungeschickte Fälschung“, sagte Nirene.
    „Es ist eine Übertragung aus dem Weltraum“, erwiderte Gordell erstaunt, „diese Störungen sind völlig normal …“
    „Ich kenne den Sprecher; es ist ein Schmierenkomödiant“, sagte sie unbeeindruckt. „Die Aufzeichnung kommt aus einem vergessenen Filmstudio in der Nähe von …“ Draußen erhob sich ein anschwellendes Getöse; ein schrilles Kreischen – von dumpfem Dröhnen gefolgt –, das Gordell bis in die Zähne spürte.
    „Hat die Villa einen Schutzraum?“ fragte er, als das Geräusch nachließ.
    „Sicher, sogar drei oder vier. Warum fragen Sie?“
    „Es ist ein Angriff …“
    Als hätte sie ihn nicht gehört, fuhr sie fort: „Sassan ist ein ängstlicher Mann, obwohl er das nie zugeben würde. In dem Bild, das er sich von sich selbst gemacht hat, ist er nur vorsichtig, und seine Handlungen sind seiner Ansicht nach die angemessene Art des Vorgehens für jemanden, der sich vor Überraschungen schützen will. Ich habe mich schon oft gefragt, wie er wäre, wenn ihn nicht die Furcht derart beherrschen …“
    „Wollen Sie denn nicht in den Keller gehen?“ unterbrach er sie.
    „Wozu? Es wird voll sein da unten – nein, ich glaube nicht, daß ich hier in größerer Gefahr bin. Sie können natürlich gehen, wenn Sie wollen.“
    Das Kreischen in der Atmosphäre war abgeebbt; das Dröhnen setzte sich eine Spur höher fort und hatte einen metallischen Unterton bekommen.
    „Haben Sie einen Grund zu der Annahme, daß wir hier sicher sind?“ fragte Gordell.
    „Selbstverständlich. Er hängt mit dem Plan zusammen. Allerdings würde ich es augenblicklich vorziehen, dem Angriff im Freien zuzusehen. Warum gehen Sie nicht endlich in den Keller und lassen mich allein?“
    „Ich werde bei Ihnen bleiben, Nirene“, erwiderte er, „das heißt, falls Sie es noch wünschen.“
    „Und wie kommen Sie zu diesem Gesinnungswandel?“
    „Meine Angst ist eine automatische Reaktion. Wenn ich sie jetzt überwinde, wird das einen enormen Gewinn an Selbstvertrauen für mich bedeuten.“
     
6
     
    Die gespannte Ruhe auf ihrem Gesicht war dem Ausdruck einer hellen und beinahe wilden Freude gewichen.
    Durch die Balkontür – die Vorhänge an ihren Seiten bauschten sich im leichten Luftzug – drang jetzt ein hohes, aber nicht sonderlich lautes Pfeifen. Zugleich legte sich ein blauer Schimmer über die Dinge im Raum – Schreibtisch, Sessel und die Bücher in den Regalen erstrahlten kobaltblau.
    Nirene ging wie von Drähten gezogen mit seltsam steifen Schritten auf die Tür zu. Gordell sah, daß ihre Augen weit geöffnet waren.
    Wie eine Katze, die eine Maus wittert, dachte er, sie ist nicht normal, ihr kühles und beherrschtes Wesen birgt Todessehnen, ihre Ruhe ist psychotische Verachtung der Wirklichkeit. Ihre Liebe – wenn sie ihrer fähig ist – müßte sehr erregend sein.
    Sie war durch die Tür gegangen und stand an der Balkonbrüstung. Ihre schlanke Gestalt – die diagonalen, einander abwechselnden Streifen aus Haut und Stoff waren von der Bläue umflossen, die in sie einzudringen schien – wirkte beinahe entstofflicht.
    In diesem Augenblick kündete ein tiefes, langanhaltendes Wummern von der ersten Bombenexplosion. Der Einschlag mußte weit entfernt stattgefunden haben, aber das Zimmer erbebte, die Schreibtischplatte wurde unscharf, und der Plan auf ihr erzitterte, als wollte er zu leben anfangen.
    Gordell erwachte aus seiner versunkenen Betrachtung der Dinge und, ging hinaus zu dem Mädchen, das sich nicht geregt hatte. Dicht hinter ihr blieb er stehen.
    Augenblicklich faszinierte ihn ihr Nacken, die geschwungene Linie des Halses, die weit ausladende, ungewöhnliche physische Stärke signalisierende Kurve ihrer Schultern.
    Er konnte der Versuchung nicht widerstehen, seine Hände auf diese Schultern zu legen.
    Sie drehte sich so heftig nach ihm um, daß er sich in Erwartung eines Schlages duckte, aber sie schien mit seiner Handlung einverstanden. Ihre Augen sahen ihm offen und ohne Vorwurf entgegen, und ihr Ausdruck wurde weich. Er küßte sie, und sie drängte sich mit unerwarteter Sanftheit gegen ihn.
    „Halt mich fest“, sagte sie, „und beschütze mich. Laß dich nicht beirren von dem, was ich sage oder tue – ich brauche
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