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Messewalzer

Messewalzer

Titel: Messewalzer
Autoren: Andreas Stammkötter
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wollten. Vielleicht ist das ja ein Hinweis!«
    Alle machten sich Notizen. Kroll beraumte die nächste Sitzung auf den morgigen Tag an, wieder um 13 Uhr.

    Bevor Kroll und Wiggins auf die Buchmesse gingen, machten sie noch einen kleinen Abstecher in das Büro des Staatsanwaltes. Die Sekretärin füllte am Computer das Formular VORLADUNG aus und klickte auf ›Drucken‹. Dann verschwand sie für eine Minute im Büro ihres Chefs und gab Kroll das unterzeichnete Schriftstück.

    Der Stand des Zeitraub-Verlages war nicht mehr so stark von den Medien belagert wie am Vormittag. Die Situation schien sich zu normalisieren. Elmar Gutbrot stand vor einem Bücherregal und redete angeregt mit einem Journalisten, der sich eifrig Notizen machte. Kroll hatte keine Lust zu warten, bis Gutbrot sein Interview beendet hatte. Er hielt ihm das weiße Blatt Papier vors Gesicht.
    »Herr Gutbrot, das ist eine Vorladung der Staatsanwaltschaft. Sie sind als Zeuge zu einer Vernehmung geladen. Ich darf Sie bitten, mich auf das Präsidium zu begleiten.«
    Der Verleger blickte Kroll entgeistert an und suchte nach Worten. Seine Blicke wechselten zwischen Kroll und dem Journalisten hin und her. »Können Sie mir bitte erklären, was das zu bedeuten hat?«
    Kroll wandte sich an den Reporter. »Sie brauchen wir jetzt nicht mehr, danke!«
    Anschließend beantwortete er Gutbrots Frage. »Das will ich gerne tun. Wir spielen hier nicht Räuber und Gendarm, sondern wir müssen einen Mord aufklären. Und ich habe überhaupt keine Lust, mich hinter irgendwelchen Interviewwünschen von Medienleuten anzustellen.« Krolls Stimme wurde schärfer. »Und überhaupt keine Lust habe ich, dass meine Fragen nicht beantwortet werden und dass die Hälfte mir verschwiegen wird, nur weil Sie es für wichtiger halten, Ihre PR-Show abzuziehen, als den Tod Ihres Autors aufzuklären!«
    Gutbrot entschied sich für den geordneten Rückzug. Er sprach mit leiser Stimme. »Verstehe! Aber bitte, meine Herren. Können wir das nicht hier besprechen? Ich versichere Ihnen, dass wir nicht gestört werden.«
    Kroll sah auf die Uhr. »Wir gehen jetzt sofort zum Bayerischen Stand.«

    Gutbrot sah die Polizisten fragend an. Kroll wusste immer noch nicht, wie er die Andeutungen von Liane Mühlenberg verstehen sollte und ob es überhaupt Andeutungen waren. Er entschloss sich, Gutbrots Demut auszunutzen, um einen Schuss ins Blaue zu wagen. Sein Ton wurde wieder schärfer.
    »Herr Gutbrot. Bei unserem Gespräch heute Vormittag haben Sie mir erzählt, die Vertragsverlängerung mit Lachmann sei nur noch Formsache. Inzwischen haben wir aber erfahren, dass Ihr Verhältnis nicht so harmonisch war! Und wir fragen uns nun natürlich, warum Sie uns wichtige Informationen verschweigen.«
    Gutbrot murmelte vor sich hin. »Das hat Ihnen doch bestimmt dieser Zwerg vom Zuckerblume-Verlag erzählt.«
    Krolls Augen blitzten auf. Er gab vor, darüber im Bilde zu sein. »Wir möchten die Geschichte aber auch gerne von Ihnen hören.«
    Gutbrot fühlte, ob sein Krawattenknoten richtig saß. »Kennen Sie die Abenteuer der lustigen Teppichflieger?«
    »Aber natürlich!«, antwortete Wiggins. »Pille, Palle und Pulle wirbeln den ganzen Orient durcheinander. Ich lese die Geschichten immer meinem Neffen vor.«
    Gutbrot lachte. »Unser Haus ist sehr erfolgreich, was das Segment Belletristik für Heranwachsende und Erwachsene angeht. Unser Schwachpunkt ist seit Langem das Kinderbuch. Ich habe deshalb sehr intensiv meine Fühler ausgestreckt, um den Zuckerblume-Verlag zu übernehmen, natürlich wegen der Teppichflieger.« Gutbrot machte eine Pause und sah die Kommissare an. Dann fuhr er fort. »Dieser Verlag besteht aus vier Gesellschaftern. Mit dreien stand ich kurz vor einer Einigung. Der vierte Gesellschafter, der gleichzeitig Geschäftsführer ist, hat sich mit Händen und Füßen gewehrt. Aber das war mir egal. Eine Dreiviertelmehrheit hätte mir auch gereicht. Die Gesellschafter verschenken natürlich ihre Anteile nicht. Im Gegenteil: Die lassen sich das richtig gut bezahlen! Und dafür hätte unser Haus Fremdkapital bei einer Bank aufnehmen müssen.«
    »Verstehe«, bemerkte Wiggins, der ahnte, was jetzt kommen würde.
    Gutbrot fuhr fort. »Bei den Banken sitzt das Geld auch nicht mehr so locker wie früher. Unsere Hausbank hat die Kreditierung der Mittel von einer wesentlichen Bedingung abhängig gemacht. Der Vertrag mit Lachmann musste verlängert werden, um die Liquidität unseres Verlages mittelfristig zu
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