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Messewalzer

Messewalzer

Titel: Messewalzer
Autoren: Andreas Stammkötter
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gewährleisten.«
    »Und genau da begannen die Probleme«, orakelte Kroll.
    »Ganz genau. Der Geschäftsführer des Zuckerblume-Verlages ist quasi zum Gegenangriff übergegangen und wollte Lachmann als Autor für sich gewinnen.« Gutbrot schien einen Moment die Kontrolle zu verlieren. »Lachmann hatte doch immer diese sch… übertriebene soziale Einstellung. Das hat die Gegenseite natürlich ausgenutzt. Der Zwerg von Zuckerblume hat dem Lachmann ständig ein schlechtes Gewissen eingeredet, nach dem Motto, ob er es verantworten könne, dass sein Erfolg dafür missbraucht wird, dass ein kleiner ehrlicher und ehrbarer Verlag einfach geschluckt wird. Na ja, und irgendwann hat er Lachmann selbst ein Angebot unterbreitet. Das ist kein besonders großes Kunststück, weil die Absatzzahlen ja so gut wie garantiert sind. Da macht jede Bank mit.«
    »Und wie hat Lachmann reagiert?«, fragte Kroll.
    Gutbrot lachte auf. »Lachmann. Der entscheidet doch inzwischen gar nichts mehr selbst. Das macht doch jetzt alles seine rechte Hand, diese Frau Mühlenberg! Lachmann …«, der Verleger bohrte mit dem Zeigefinger Löcher in die Luft, »der hat sich Bedenkzeit ausgebeten und im Hintergrund fing seine hübsche Freundin an zu zocken. Die versuchte natürlich, den einen Verlag gegen den anderen auszuspielen!«
    Für einen Moment trat Ruhe ein. »Also hat der Zuckerblume-Verlag zumindest mittelbar von Lachmanns Tod profitiert«, überlegte Kroll laut. »Ohne Lachmann als Flaggschiff haben Sie jetzt keine Mittel mehr, um ihren Konkurrenten zu schlucken!«
    Zum ersten Mal kam etwas, das wie ein makaberes Lächeln aussah, auf Gutbrots Gesicht. »Natürlich! Jetzt können wir diesen Verlag nicht mehr übernehmen … er behält seine Teppichflieger!«
    Die Gedanken des Verlegers wurden durch eine Bemerkung von Wiggins unterbrochen. »Aber wenn Lachmann tatsächlich gewechselt wäre. Das wäre für Sie doch einer Katastrophe gleichgekommen.«
    Gutbrot holte durch die Nase Luft und ließ sich leicht nach hinten fallen. »Glauben Sie mir, Herr Kommissar. Natürlich wären wir über einen Abgang von Lachmann alles andere als erfreut gewesen. Aber es wäre auch ohne ihn weitergegangen. Anders als bei Zuckerblume.«
    Kroll wollte die Befragung beenden. »Jetzt noch eine letzte Frage für heute. Wo waren Sie eigentlich gestern Abend … so ab 19 Uhr?«
    Der Geschäftsführer des Zeitraub-Verlages sah ihn überrascht an. Er konnte sich die Frage nach seinem Alibi nicht erklären, beschloss aber, keine Diskussion zu beginnen. »Ich war mit den Mitarbeitern meines Verlages in Auerbachs Keller. Das können Sie leicht überprüfen!«

    Der Stand des Zuckerblume-Verlages war voller Teppichflieger. In jedem Regal, auf jedem Poster und auf jedem Tisch waren die Gesichter der drei Abenteurer zu entdecken. Die Ausrichtung des Verlages war unschwer zu erkennen. Um den Stand spielten Kinder, die T-Shirts und Basecaps mit dem Aufdruck von Pille, Palle und Pulle hatten.
    Kroll und Wiggins fiel es nicht schwer herauszufinden, wen Gutbrot wohl mit Zwerg gemeint hatte. Der Geschäftsführer des Verlages, Werner Eigenrauch, dürfte geradeso die Einssechzig-Marke erreicht haben. Er war dick und rund, und sein Mondgesicht wurde von einem mächtigen Schnauzer zerteilt, der ein haariges Gegenstück zum äußerst spärlichen Haupthaar bildete.
    Kroll zeigte ihm seinen Ausweis. »Mein Name ist Hauptkommissar Kroll und das ist mein Kollege Wiggins. Können wir Sie einen Moment sprechen?«
    »Sie hat doch bestimmt der graue Pfau geschickt!«, raunzte er ihnen entgegen.
    »Mir scheint, dass Sie und Herr Gutbrot sich nicht besonders nahestehen«, stellte Wiggins trocken fest.
    Eigenrauch machte eine abwehrende Handbewegung. »Hören Sie mir bloß auf mit diesem Schnösel! Macht einen auf Graf Rotz, spielt den vornehmen Pinkel und benimmt sich wie die Axt im Wald! Irgendeiner hat so was mal Kaschmir-Proll genannt. Besser kann man den gar nicht beschreiben!« Er ging zu Kroll und rollte sich auf den Füßen nach vorne, sodass er auf den Zehenspitzen stand. Mit unterdrückter, zischender Stimme redete er weiter. »Und dieser Amateur wollte meinen Verlag übernehmen! Ausgerechnet der ! Der hat doch bis heute nichts zustande gebracht. Sein Verlag ist doch ’ne bessere Pommesbude. Irgendwann ist dem der Lachmann zugelaufen. Reiner Zufall! Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn. Ja ja, und auf einmal war er der Verleger ! Wissen Sie, wie sich das entwickelt hat?«
    Eigenrauch
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