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Messertänzerin

Messertänzerin

Titel: Messertänzerin
Autoren: S Rauchhaus
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vorkommen – und euer Herz um einiges leichter.« Sie lächelte den Mädchen zu, und Divya musste an dieser Stelle immer an das Maul eines Buria-Fisches denken, den die Köchin an Feiertagen servierte. Das lächelnde Maul eines Tieres, das kleinere Fische mit seinen spitzen Zähnen zerfleischen konnte.
    »Dieser Brauch mag euch seltsam erscheinen, aber als Tana dürft ihr niemals Leid mit euch herumtragen, das eines Tages Falten in eure Gesichter graben könnte.«
    Divya rollte mit den Augen. Die Logik einer Frau, die niemals das Leben einer verheirateten Tana geführt hatte und dennoch ein Gesicht voller Falten hatte. Wie kam sie bloß darauf, dass man Sorgen einfach ausspucken könnte?
     
    Am nächsten Morgen wurde Divya mit ihren Farbschalen zu Sada gerufen, der sie seit dem schrecklichen Erlebnis anihrem Geburtstag aus dem Weg zu gehen versuchte, aber es schien eilig zu sein. Tatsächlich riss die Sechzehnjährige sofort die Tür auf, als Divya klopfte, und wartete gar nicht erst ab, bis die Dienerin sich korrekt verbeugt hatte.
    »Willst du warten, bis der Wind dich hereinträgt?«, schimpfte Sada und zog sie am Ärmel. »Drei Tage hast du es dir in deinem Bett gemütlich gemacht, und gestern hätte ich beinahe nicht zu Donneas Abschiedsfeier gehen dürfen. Siehst du das hier?«
    Sie hielt ihre vorderste linke Haarsträhne hoch, und Divya verstand sofort ihre Aufregung: Der Zopf über dem Herzen, der mit tiefem Faeria-Blau zeigen sollte, zu welcher Kaste das Mädchen gehörte, war fast schon wieder blond. Bis dieser Makel nicht behoben war, durfte Sada ihre Kammer nicht mehr verlassen, nicht einmal zum Unterricht.
    Divya stellte die fünf Holzschalen, die sie mitgebracht hatte, auf den dunklen Dielen ab und brachte sie in die richtige Reihenfolge. Neben jede Schale gehörte ein Werkzeug aus dem kräftigen Holz des Graidabusches. Nur die letzte Schale erfüllte keinen erkennbaren Zweck und war mit Zuckerwasser gefüllt.
    Sada stöhnte auf und trat mit dem Fuß dagegen, sodass der Inhalt in den Ritzen des Dielenbodens versickerte.
    »Lass den Unsinn! Der Fürst sagt, wenn das Volk weniger den Lichtern dienen und schneller arbeiten würde, gäbe es keine Schlamperei mehr!«
    Divya erschrak, ließ sich aber äußerlich nichts anmerken und begann mit ihrer Arbeit. Zunächst legte sie jeden toten Faeria-Käfer einzeln von der ersten Schale in die zweite, um den Panzer mit einem gewölbten Holzkeil vorsichtig abzupellen. Direkt darunter versteckten sich meist rote Läuse,die extrem stark färbten. In der dritten Schale konnte Divya nun die Käfer zerdrücken und die Masse über der vierten Schale durch ein Schilfsieb geben. Nur wenige Tropfen von dem kostbaren Faeria-Blau landeten im Inneren.
    Ihre Gedanken waren jedoch weit weg. Was hatte das Licht gesagt? »Lerne! Und kämpfe! Ohne zu lernen, kannst du deinen Weg nicht sehen. Und ohne zu kämpfen, wirst du ihn verlieren.« Hatte dieser Weg schon begonnen? Würde sie es spüren, wenn sie den richtigen Weg fand?
    Nachdenklich zog Divya die gläserne Pipette aus ihrer Vesséla. Die kleine Kostbarkeit hatte Maita sicher ein Vermögen gekostet, und es war ein großer Vertrauensbeweis gewesen, als sie sie Divya letztes Jahr übergeben hatte. Sie war im Umgang mit Farbe am geschicktesten, sogar Maita ließ sich ausschließlich von ihr die Haare färben. Mit der Pipette konnte Divya ganz genau die acht Tropfen Taublütenöl abmessen, das teuerste Öl der Stadt. Nun noch acht Herzschläge lang einwirken lassen, dann war die Farbe perfekt!
    Aber Divya hatte diesmal Mühe, die Herzschläge abzuzählen. Und wenn sie das Licht nur geträumt hatte? Konnte man die Worte eines Wesens, das es nicht geben durfte, ernst nehmen? Wobei ihr gerade einfiel, dass sie noch kein Licht in dieser Kammer gesehen hatte, seit sie sie betreten hatte. Hatte Sada sie vertrieben, als sie die Schale umgestoßen hatte?
    »Wir können anfangen«, sagte Divya leise und verneigte sich, wie es das Ritual verlangte.
    Sada saß auf einem Stuhl, während Divya sich einen Hocker nehmen musste, auf dem sie ein winziges Stück tiefer saß. Niemals durften Tana und Dienerin auf einer Höhesein. Sada legte den Kopf zur Seite, damit die Haarsträhne gut zu trennen war, und Divya hielt den Pinsel locker in der Hand. Damit fuhr sie nun so über das Haar, dass jedes einzelne einmal durch die weichen Borsten gezogen wurde. Ihre Gedanken waren noch immer bei dem Rätsel um ihren Traum, als ein seltsamer Farbton vor
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