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Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Titel: Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah
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mich in sechs Wochen noch einmal
darauf an.« Melinda Jaskiels Stimme klang fest. Unmissverständlich.
    Rick Bentz stand auf der Veranda hinter dem
Haus, das Gewicht auf das gesunde Bein verlagert. In der Gluthitze des bayou, wie das Sumpfland um New
Orleans genannt wurde, blieb ihm fast das Handy am Ohr kleben. Sein Boss würde
nicht nachgeben, so viel stand fest. Schweiß tropfte ihm von der Nase. Er
schwankte. Die dicke Gummispitze seiner Krücke hatte sich zwischen zwei großen
Steinplatten verkantet. Sein Rücken schmerzte, und das Gehen war eine Strapaze,
aber das würde er nicht zugeben - vor keiner Menschenseele und schon gar nicht
vor Jaskiel. Als Leiterin des Morddezernats beim New Orleans Police
Department, kurz NOPD, lag es an ihr, ihn wieder in den aktiven Dienst zu
versetzen. Oder auch nicht. Wieder einmal hielt Melinda Jaskiel sein Schicksal
- soweit es seine Karriere betraf - in der Hand. Und wieder einmal verlegte er
sich aufs Betteln. »Ich muss arbeiten.« Mein Gott, er hasste die Verzweiflung
in seiner Stimme.
    »Sie müssen erst wieder hundertprozentig auf dem
Damm sein, vielleicht sogar hundertzehnprozentig, bevor Sie zurück an die
Arbeit können.«
    Sein Kiefer verspannte sich. Die intensive Sonne
Louisianas brannte ihm in den Nacken, und aus dem bewaldeten Sumpfland, welches
das versteckt liegende Cottage umgab, stieg ein feiner Nebel auf. Jaskiel hatte
ihm einen Job angeboten, als niemand anderes mehr etwas mit ihm zu tun haben
wollte angesichts des Chaos, das er in L.A. hinterlassen hatte. Und jetzt ließ
sie ihn abblitzen. Er hörte sie leise murmeln, und für den Bruchteil einer
Sekunde dachte er, sie würde es sich noch einmal überlegen. »Hören Sie, Rick,
ich sehe Sie nicht hinter einem Schreibtisch, wo Sie von acht bis fünf Papiere
hin und her schieben.«
    »Ich bin mehrere Monate in Physiotherapie
gewesen und mittlerweile so fit wie vorher.«
    »Fit genug, um einen Verdächtigen festzusetzen?
Ihn niederzuringen? Eine Tür aufzubrechen? In Deckung zu gehen, über den
Boden zu rollen, die Waffe zu ziehen und Ihrem Partner Feuerschutz zu geben?«
    »Das ist doch nichts als Unfug aus dem
Fernsehen.«
    »Tatsächlich?« Jaskiel klang skeptisch. »Ich
hatte den Eindruck, genau dieser Unfug aus dem Fernsehen hat Sie ins
Krankenhaus gebracht.« Sie kannte ihn nur zu gut. »Sie wissen, was Sache ist.
Bringen Sie mir ein Schreiben vom Arzt, und wir reden über Ihre Rückkehr in den
Dienst. Reden. Ich
verspreche nichts. Sie wissen, dass der Ruhestand keine schlechte Idee ist.«
    Er schnaubte. »Meine Güte, Melinda! Ich habe
langsam den Eindruck, Sie versuchen, mich loszuwerden!«
    »Sie sind noch immer in Behandlung, und Sie waren
wirklich schwer verletzt. Ende der Diskussion. Wir reden später weiter.« Sie
legte auf.
    »Verdammt!« Rick Bentz schleuderte seine Krücke
über die Veranda, wo sie mit einem lauten Klappern über die Steinplatten
rutschte und eine Spottdrossel aus dem Magnolienbaum aufscheuchte. »Verdammt,
verdammt, verdammt!« Seine Finger schlossen sich um das Handy, und einen
Augenblick lang erwog er, es in den Sumpf zu werfen, doch er ließ es bleiben,
um keine Erklärungen abgeben zu müssen. Bislang zweifelte das Department
schließlich nur an seiner physischen Verfassung. Er wollte nicht, dass sie
Einblick in sein Inneres bekamen.
    Keine Seelenklempner. Keine Nabelschau. Kein
Herzausschütten. Nein danke.
    Es fiel ihm schwer, ohne Krücke zu stehen, sein
Gleichgewichtssinn war nach wie vor beeinträchtigt, ganz gleich, was er
Jaskiel erzählt hatte. Und manchmal schmerzte sein Bein wie die Hölle. Er
wusste, dass er vom aktiven Dienst weit entfernt war, aber er würde noch
wahnsinnig werden, wenn er länger zu Hause blieb. Sogar seine Beziehung zu
Olivia, seiner Frau, begann darunter zu leiden. Ihre biologische Uhr tickte
wie verrückt, und sie setzte ihn mit ihrem Kinderwunsch unter Druck. Seine
eigene Tochter, Kristi, war schon über zwanzig. Er war sich nicht sicher, ob er
noch einmal von vorn anfangen wollte. Nein, er musste raus aus dem Haus und
zurück an die Arbeit. Seit dem Unfall waren fast drei Monate vergangen, und er
konnte keine Sekunde länger herumsitzen. »Also tu was«, befahl er sich selbst.
    Er biss die Zähne zusammen und machte einen
Schritt ohne seine Krücke.
    Erst ein Fuß, dann der andere.
    Nicht dieses verweichlichte Ein-Fuß-nach-vorne
mit der Krücke und dann den anderen nachziehen. Auf keinen Fall. Er würde
Schritt für Schritt über diese
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