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Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah

Titel: Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah
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dem Schwimmen eine Freundin besuchen und Rick Gott weiß wie lange nicht
nach Hause kommen, so dass Jennifer das Haus und den Rest des Abends für sich
hatte. Sie würde nicht gehen. Noch nicht.
    Wusch.
    Ein merkwürdiges Geräusch drang von unten die
Treppe herauf. Ein Luftzug? Eine sich öffnende Tür? Ein angelehntes Fenster?
    Was zum Teufel ging da vor? Sie zögerte,
horchte, war auf der Hut. Die Härchen auf ihren Armen stellten sich auf. Was,
wenn Rick in der Nähe war?
    Was, wenn er am Telefon gelogen hatte und
eigentlich auf dem Heimweg gewesen war, wie vor ein paar Tagen? Dieser Mistkerl
hielt sie womöglich zum Narren. Die »Observierung« konnte genauso gut ein
Vorwand sein. Oder wenn er sich wirklich die Nacht damit um die Ohren schlug,
jemanden zu beobachten, dann war dieser Jemand vielleicht sie, seine eigene
Frau.
    Ex-Frau. Jennifer Bentz starrte ihr Spiegelbild
an und betrachtete finster die feinen Linien zwischen ihren Augenbrauen. Wann
waren diese Fältchen aufgetaucht? Letztes Jahr? Früher? Oder erst vergangene
Woche? Schwer zu sagen.
    Doch da waren sie und erinnerten sie nur allzu
deutlich daran, dass sie nicht jünger wurde.
    So viele Männer hatten sie begehrt - wie hatte
es bloß dazu kommen können, dass sie als verheiratete, dann geschiedene Frau
eines Cops in seinem durch und durch gewöhnlichen Mittelklassehaus gelandet
war? Ihr Bemühen, wieder zueinanderzufinden, hatte nicht lange angedauert, und
jetzt ... Nun, sie war sich ziemlich sicher, dass es diesmal endgültig aus war.
    Weil sie einem Mann einfach nicht treu sein
konnte. Selbst einem Mann nicht, den sie liebte.
    Mein Gott, was sollte sie nur tun? Sie hatte
schon daran gedacht, sich das Leben zu nehmen. Mehr als einmal. Und sie hatte
ihrer Tochter bereits einen Brief geschrieben, den diese nach ihrem Tod öffnen
sollte.
     
    Liebe Kristi,
    es tut mir so leid, mein
Liebes. Du musst mir glauben, wenn ich Dir sage, dass ich Dich mehr liebe als
mein Leben. Doch ich habe mich wieder mit dem Mann eingelassen, der Dein
leiblicher Vater ist, und ich fürchte, das wird Rick das Herz brechen.
     
    Und blablabla ...
    Was für ein melodramatischer Mist.
    Wieder meinte sie, etwas gehört zu haben ... das
Geräusch von Schritten im Erdgeschoss.
    Sie wollte schon rufen, doch sie hielt sich
zurück und tappte leise zum oberen Treppenabsatz, wo sie sich am Geländer
festhielt und horchte. Außer dem gleichmäßigen Surren des Deckenventilators im
Schlafzimmer vernahm sie noch ein anderes Geräusch, ein leises Knacken. Ihre
Haut kribbelte. Sie wagte kaum zu atmen. Das Herz schlug ihr bis zum Hals.
    Das ist nur deine Einbildung
- das Schuldgefühl, das an dir nagt.
    Oder die Katze des Nachbarn. Das ist es: das
zottelige Vieh, das immer die Mülltonnen durchstöbert oder in der Garage Mäuse
jagt.
    Mit festen Schritten eilte sie zum
Schlafzimmerfenster und spähte durch die Scheibe, doch sie sah nichts als einen
ganz gewöhnlichen trüben Tag in Südkalifornien, der Himmel grau und verhangen.
Sogar die Sonne, eine rötliche Scheibe, die tief über den sich meilenweit
erstreckenden Dächern hing, sah aus wie vom Smog verzerrt.
    Heute wehte kein Lüftchen vom Meer her, nichts,
was irgendein Geräusch hätte verursachen können. Keine Katze, die durch das
trockene Gebüsch schlich, kein Radfahrer auf der Straße. Nicht mal ein Auto
fuhr vorbei.
    Es ist nichts.
    Nur deine Nerven.
    Beruhige dich.
    Sie schüttete die Reste aus dem Shaker in ihr
Glas, nahm einen Schluck und ging ins Badezimmer. Schon in der Tür blickte ihr
ihr Spiegelbild entgegen, und wieder verspürte sie ein stechendes Schuldgefühl.
    »Wohl bekomm's«, flüsterte sie ihrem Konterfei
zu und hob das Glas an die Lippen. Sie schauderte. So hatte sie sich ihr Leben
nicht vorgestellt. Sie dachte an ihre Tochter. »Du dämliche, blöde Schlampe!«
Die Frau im Spiegel schien sie auszulachen. Zu verhöhnen. Ohne nachzudenken,
schleuderte Jennifer ihren Drink auf das grinsende Spiegelbild. Das Glas
prallte dagegen und zerbrach. Langsam barst der Spiegel, ein Spinnennetz aus
Rissen kroch über das zersplitternde Glas. Scherben fielen ins Waschbecken.
    »Mein Gott!« Was zur Hölle hast du getan? Sie
versuchte, eins der größeren Stücke aufzuheben, und schnitt sich in den Finger.
Blut tropfte über ihre Hand und ins Waschbecken. Schnell holte sie ein
einzelnes unverpacktes Pflaster aus dem Medizinschränkchen. Ihre Finger wollten
ihr nicht recht gehorchen, doch schließlich schaffte sie es, die
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