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Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Titel: Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)
Autoren: Julianna Baggott
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der Arzt hinter Partridge, um die Schaulustigen zu vertreiben, bevor er ihm hinterhereilt. Iralene folgt ihm mit schnellen Trippelschritten, während Beckley sich an der Tür postiert, um sicherzugehen, dass die Leute tatsächlich verschwinden.
    Der Arzt gibt sich sichtlich Mühe, nicht zu laut zu werden. »Im Grunde dürften Sie gar nicht hier sein! Verstehen Sie mich?«
    Partridge ignoriert ihn.
    »Das ist ein Einwegspiegel.« Der Arzt deutet auf die Glasscheibe. »Das Mädchen kann Sie nicht sehen.«
    Doch als Partridge auf das Glas klopft, blickt Lyda auf.
    Lydas Kleid. Wie es sich unter seinen Händen anfühlt, als sie unter einem künstlichen Sternenhimmel tanzen.
    »Wir müssen weiter, Partridge«, drängt Iralene.
    Partridge ignoriert auch sie. Er hat nur noch Augen für Lyda. Für ihre scharfen Wangenknochen, ihre scharfen blauen Augen. Ein Kind, das mit dem Körper der Mutter verschmolzen ist. Lyda, wie sie sich bückt, um mit dem Kind zu sprechen, wie sie die Finger unter sein Kinn legt. Lyda, wie sie durch eine Aschewüste marschiert, wie sie kehrtmacht und zu ihm läuft, um ihn im tosenden Wind zu küssen. Sie blickt in Partridges Richtung – doch ihre Augen schauen ziellos an ihm vorbei, durch ihn hindurch. Ein quälendes Gefühl erfasst ihn, die gewohnte vage Mischung aus Sehnsucht und Liebeskummer, doch nun hat sie einen Namen: Lyda. Nun kennt er den Grund für die Trauer, die seinen Körper so schwer werden lässt, so schwer, als hätte er sich mit Wasser vollgesogen – Lydas Gesicht. Dieses Gesicht. »Was macht sie hier? Was fehlt ihr?«
    Der Arzt seufzt. »Offensichtlich wurde sie in der Außenwelt geschwängert. Kaum auszudenken, was für ein Wesen sich in ihr eingenistet haben könnte. Ich schätze, sie wurde vergewaltigt. Man weiß ja, wozu die Unglückseligen fähig sind.«
    Partridge fühlt sich, als hätte man ihm die Luft aus der Lunge geprügelt. »Wie bitte?«
    »Sie ist schwanger, Sir. Die Unglückselige, eine ehemalige Reine, ist schwanger.«
    Partridge drückt die flache Hand auf die Glasscheibe. Er muss schlucken. Seine Kehle ist ausgetrocknet, seine Lunge immer noch vollkommen leer. Ein Gefühl, als wäre die Welt zum Stillstand gekommen – Lyda ist schwanger. Licht flutet seine Augen: Ein windgepeitschter Himmel, ein Zimmer ohne Dach, ein rostiges Messingbettgestell ohne Matratze. Lyda und er unter ihren Jacken. Haut auf Haut. »Ich muss mit ihr sprechen.«
    »Nicht, Partridge«, flüstert Iralene, als Beckley eintritt. »Beckley! Sag ihm, dass er nicht mit der Unglückseligen reden kann! Nicht jetzt!«
    Beckley nickt. »Nicht vor Ihrem Treffen mit Ihrem Vater. Das können wir nicht zulassen. Sie stehen beide kurz vor einer Operation. Das Risiko, einen Krankheitserreger einzuschleppen, wäre zu groß.«
    »Raus hier!«, ruft Partridge und starrt Iralene an. »Du auch, Iralene! Du weißt, was mir das bedeutet. Haut ab!«
    Iralene kreischt auf und dreht sich schwankend um, fasst nach Beckleys Schulter und greift ins Leere. Beckley fängt sie auf, während sie aus dem Raum taumelt und auf Händen und Knien auf dem Linoleumboden landet. Beckley kauert sich neben sie, der Arzt eilt zu ihr. Für einen Moment sieht sie Partridge an, dann verdreht sie die Augen in die Stirn. Ihr Kopf sackt nach hinten.
    Die Ohnmacht ist nur vorgetäuscht. Partridge ist sich sicher. Vielleicht ist Iralene wirklich brillant.
    Auf jeden Fall verschafft sie Partridge genügend Zeit, um die Tür zuzuschlagen und abzusperren. Er versucht, tief einzuatmen, doch seine Lunge fühlt sich an wie ausgehöhlt. Lyda ist schwanger. Und zwar nicht mit irgendeinem Wesen, sondern mit ihrem gemeinsamen Kind.
    Sie liegen wieder in der verunglückten U-Bahn. Partridge hört seine eigene Stimme: »Papierschneeflocken? Mehr braucht es nicht, um dich glücklich zu machen?« Und Lyda flüstert: »Ja. Und dich.« Sie küsst ihn. »Das.«
    Partridge zieht die Liste aus der Hosentasche – das einzige Papier, das er dabeihat. Er faltet eine Ecke quer auf die andere Seite und reißt die Unterkante ab, sodass er ein quadratisches Blatt erhält, das er hastig zu Dreiecken falzt. Dann entfernt er die Spitze und beißt schnell ein paar kleine Löcher in die Seiten, bevor er das andere Ende in einer gezackten Linie abtrennt.
    Er zerrt den Umschlag aus der anderen Tasche und schiebt die Liste hinein, nimmt die Kapsel heraus und steckt sie lose in die Tasche. Und versiegelt den Umschlag.
    Danach öffnet er die Tür zum Flur. Zuerst
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