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Meine Rechte als Nachbar

Meine Rechte als Nachbar

Titel: Meine Rechte als Nachbar
Autoren: Detlef Stollenwerk , Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen
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Zivilprozess ist jedoch oftmals beschwerlich, da sie mit einer erheblichen Kostenlast und mit einem größeren Kostenrisiko verbunden ist. Die Anrufung der Verwaltungsgerichte ist für den Betroffenen bequemer und kostengünstiger, da er oftmals keine besonderen Formalien zu beachten hat und auch vielfach keine Beweise erheben muss.
    Die Mitwirkung von Rechtsanwälten ist im Zivilprozess bereits beim Landgericht vorgeschrieben, aber meist schon beim Amtsgericht empfehlenswert. Der Kläger hat, bevor das Gericht tätig wird, einen Gerichtskostenvorschuss zu leisten. Bei erfolgloser Klage hat er auch die außergerichtlichen Kosten des Gegners, insbesondere die Gebühren des Gerichts und die Kosten von dessen Anwalt zu erstatten. Beim Verwaltungsrechtsstreit besteht erst bei den Oberverwaltungsgerichten Anwaltszwang.
Die Polizei im Nachbarstreit
    Bei nachbarrechtlichen Streitigkeiten ist der Nachbar auf Hilfe angewiesen. Bei privatrechtlichen Auseinandersetzungen ist dies in der Regel das Zivilgericht. In Ausnahmefällen kann auch die Polizei hinzugezogen werden.
    Tipp
    Ein Recht auf Selbsthilfe besteht nur in einzelnen, gesetzlich besonders geregelten Fällen. Also kein Faustrecht anwenden, das kann nämlich teuer werden!
    Aufgabe der Polizei ist nach den Bestimmungen der Polizeigesetze der Länder die Gefahrenabwehr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Sie trifft die notwendigen Maßnahmen im sogenannten „pflichtgemäßen Ermessen“. Daraus folgt, dass der einzelne im Prinzip keinen Anspruch auf polizeiliches Handeln hat, denn die Polizei wird grundsätzlich im Interesse der Allgemeinheit tätig. So lautet beispielsweise § 1 Abs. 3 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes Rheinland-Pfalz, der den Bestimmungen der Polizeigesetze anderer Bundesländer ähnelt, wie folgt:
    „Der Schutz privater Rechte obliegt den allgemeinen Ordnungsbehörden und der Polizei nach diesem Gesetz nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne ordnungsbehördliche oder polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.“
    Der Schutz privater Rechte ist grundsätzlich nicht Sache der Polizei, sondern der Zivilgerichte. Die Polizei darf nur in gesetzlich festgeschriebenen Ausnahmefällen tätig werden, wenn also gerichtlicher Schutz nicht, nicht rechtzeitig oder nur unzureichend erlangt werden kann. Und auch dann trifft die Polizei nur „vorläufige Sicherungsmaßnahmen“. Etwas anderes gilt nur, wenn durch die Gefährdung privater Rechte gleichzeitig ein Straftatbestand oder ein Ordnungswidrigkeitentatbestand erfüllt wird.
    Erwin Knalltüte ist kein Kind von Traurigkeit. Er veranstaltet, zum Leidwesen seiner Nachbarn, häufig lautstarke Partys. Als eine Feier wieder einmal die Nachtruhe der Anwohner erheblich beeinträchtigt, verständigt eine Nachbarin gegen 3.00 Uhr morgens die Polizei, die auch einen Streifenwagen schickt. Darf die Polizei tätig werden?
    Die Lärmbelästigung des Nachbarn verletzt in erster Linie privatrechtliche Bestimmungen, nämlich die des § 906 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Sie kann aber auch öffentliches Recht verletzen, wenn durch den Lärm eine Gesundheitsgefährdung einer Einzelperson zu befürchten ist oder aber der Lärm eine Personengruppe beeinträchtigt. Die Lärmbelästigung der Nachbarschaft stellt beispielsweise nach § 117 Ordnungswidrigkeitengesetz eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann. Entsprechende Anzeigen nehmen, neben der zuständigen Behörde, vor allem die Polizeidienststellen auf.
    Wie dargelegt, ist der Aufgabenbereich der Polizei im Privatrechtsschutz beschränkt. Viele nachbarrechtliche Streitigkeiten sind, ordnungsrechtlich betrachtet, sogenannte Bagatellfälle. Die Polizei wird in diesen Fällen ihr Ermessen dahingehend ausüben, nicht tätig zu werden und auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe verweisen. Hierbei handelt es sich nicht um eine bequeme Bearbeitung durch die Polizei, sondern es ist einfach nicht Aufgabe der Ordnungsbehörden, in Anbetracht der Vielzahl von Straftaten privatrechtliche Streitigkeiten zu regeln.
    Tipp
    Wie angeführt, kann dennoch die Inanspruchnahme polizeilicher Hilfe bei nächtlichen Ruhestörungen hilfreich sein. Einerseits sind die zuständigen Stellen in der Nachtzeit nur schwerlich zu erreichen, die Polizei jedoch ist präsent. Andererseits hat bereits das bloße Erscheinen der Polizei
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