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Meine beste Feindin

Titel: Meine beste Feindin
Autoren: Megan Crane Sonja Hagemann
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auch nicht gerade dazu beigetragen, dass es mir besser geht. Wenn ich daran denke, wie du mich belogen hast und …«
    »Wenn du etwas ruhiger und vielleicht nicht ganz so betrunken bist, können wir uns mal unterhalten«, sagte Nate, als würde er damit seinen Großmut beweisen. »Wenn du möchtest.« Als täte er mir einen Gefallen.
    »Ach, fahr zur Hölle!«, schleuderte ich ihm wutschäumend entgegen. »Wie konntest du nur, Nate? Wie konntest du mir nur so etwas …«
    Ich hätte so weitergemacht, ich hätte sogar angefangen, ihn anzuschreien, wenn er mir nicht die Hand auf den Arm gelegt hätte.
    Ich verstummte.
    »Gus«, sagte er eindringlich. Seine Augen waren dunkler als sonst und sahen traurig aus. »Es tut mir so leid, dass ich dir wehgetan habe.«
    »Warum hast du es dann gemacht?« Ich würgte die Frage geradezu hervor, denn mir schlug das Herz bis zum Hals.
    »Das, was du brauchst, kann ich dir nicht geben«, sagte er in demselben gedämpften, rigorosen Tonfall und sah mir dabei unentwegt in die Augen. »Du bist so süß und clever und witzig und … Ich bin einfach nicht der, für den du mich hältst. Die Sache mit Helen hat das nur bestätigt. Ich bin einfach nicht …« Er verstummte und ließ den Kopf hängen. Als er wieder aufsah, machte mich sein Gesichtsausdruck traurig.
    »Was bist du einfach nicht?«, hakte ich nach, auch wenn die Situation bereits angespannt genug war und ich nicht wusste, ob ich die Antwort wirklich hören wollte.
    »Ich bin einfach nicht so, wie du mich haben willst«, flüsterte er. »Ich wollte so sein, ehrlich. Mehr als du ahnst.« Er ließ die Hand sinken und trat einen Schritt zurück. »Es ist besser so, glaub mir.«
     
    Wie gesagt, Janis Joplin war an allem schuld. Und Amy Lee, schließlich war sie es, die an jenem Abend sowohl den Jägermeister als auch das Thema Singen auf den Tisch brachte. Misch Janis mit ein paar Bierchen zu viel und völlig überflüssigen, betäubenden Schnäpsen, koch das Ganze auf den Flammen eines gebrochenen Herzens, Verrat und einem »Es ist besser so«, und wunder dich nicht, wenn eine explosive Mischung herauskommt!
    Es fing mit Bon Jovi an. In meiner Jugend gab niemand freiwillig zu, Bon Jovi zu hören, und jetzt, mit fast dreißig, kannten wir anscheinend jede Zeile von You Give Love A Bad Name auswendig. Inzwischen kochte die Stimmung, jedermann packte die Luftgitarre aus, und das Geburtstagskind rockte in der Mitte der Kneipe, die als improvisierte Disko herhalten musste.
    Wahrscheinlich kam ich in diesem Augenblick auf die Idee, dass auch ich auf die Tanzfläche gehörte.
    Die Gitarre heulte los.
    Janis begann zu röhren: »Come on, come on, come on …«
    Und dann geschah, was wohl unvermeidlich war.
    Aber das machte es nicht weniger peinlich.
    Am Anfang sang ich einfach nur. Nach dem zweiten Refrain aber machte etwas in mir »klick«, und ich dachte, was soll’s, scheiß drauf!
    In Anbetracht der schmerzvollen Erfahrung vieler, vieler Jahre sollte ich inzwischen wissen, dass dies der Moment war, an dem ich mit dem aufhören sollte, was ich auch immer ich gerade tat. Es war der passende Augenblick, um tief durchzuatmen und zu warten, bis das Scheißegal-Gefühl wieder verschwand. Das Scheißegal-Gefühl war kein guter Ratgeber.
    Aber offensichtlich verleugnete ich an dieser Stelle alles, was ich in den letzten zehn Jahren gelernt hatte, und sang einfach weiter. Sogar noch lauter.
    Mit ihrer rauen Stimme und ihrer allzu eindeutigen Verzweiflung lockte mich Janis Joplin. Janis und ich, wir sind Seelenverwandte , schoss mir durch den Kopf. Und dann dachte ich wieder Scheiß drauf , und in dem Moment muss ich wohl angefangen haben, den Text herauszubrüllen.
    Ihn Nate und Helen zuzubrüllen.
    Um genau zu sein, ich brüllte ihnen den Text mitten ins Gesicht.
    An diesem Punkt werden die Bilder in meiner Erinnerung ein wenig unscharf. Ich weiß nicht genau, ob es am Jägermeister lag oder daran, wie peinlich mir alles im Nachhinein war. Aber ich erinnere mich noch genau daran, wie ich auf einem Stuhl stand, mich drohend über die beiden beugte und eine ganz besonders betrunkene Version von Piece of My Heart krächzte.
    Ich weiß nicht, was schlimmer war: Nates entsetzter Gesichtsausdruck, Helens erstarrtes Lächeln oder Amy Lees und Oscars mitleidige Blicke, als sie mich nach Hause fuhren, zu meiner kleinen Wohnung nicht weit entfernt vom Fenway Park. Mir war nur klar, dass sich all dies für absehbare Zukunft in mein Gedächtnis
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