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Mein Weg

Mein Weg

Titel: Mein Weg
Autoren: Volker Hohlbein
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Orisson. Der Regen hatte zwischenzeitlich aufgehört und die Sonne schien sogar ab und zu. Der Wind wurde immer stärker und man musste teilweise ziemlich dagegen ankämpfen. Irgendwie kam mir der Gedanke, dass der Wind beauftragt war, mich wieder zurück zu wehen. So ein Blödsinn! Wer sollte das wollen? Ich kämpfte tapfer weiter und erreichte so gegen 10:30 Uhr die Herberge in Orisson. Jetzt erst mal einen „café con leche“ (Milchkaffee) und eine heiße Suppe. Orisson liegt auf ca. 800 m Höhe, aber die höchste Stelle vom Pass über die Pyrenäen liegt bei 1.420 m. Mein T-Shirt war bereits total durchgeschwitzt und ich zog mir gleich ein neues an. Nach einer guten halben Stunde brach ich wieder auf. Bis zum Ziel lagen noch 19 Kilometer und der Pass vor mir. Die nächsten zwei bis drei Kilometer gingen zwar gut bergauf, bei Sonnenschein und trotz des starken Windes kam ich aber gut voran. Irgendwie wollte die Steigung kein Ende nehmen. Der Wind wuchs langsam zum Sturm heran und das Geradeauslaufen wurde zusehends schwieriger. Kam er direkt von vorn, musste ich mich stark nach vorn beugen, sonst hätte es mich umgehauen. „Das wird wieder besser“, redete ich mir unermüdlich ein. Und wie das besser wurde!
    Herberge in Orisson
    Markierung am Wegesrand
    Dass ich irgendwann die spanische Navarra betrat, bemerkte ich gar nicht. Zu sehr war ich mit mir und dem Sturm beschäftigt. Dass nun wieder der Regen einsetzte, musste ja wohl so sein. Mein Regencape hing zwar über mir, machte aber, was es wollte. In diesen Höhenlagen war das für mich auch kein Sturm mehr, sondern schon ein Orkan. Zum Glück hörte der Regen erst einmal auf, dachte ich zumindest. Aber nein, er machte nur Platz für den einsetzenden Hagel!
    Bergab Richtung Roncesvalles
    Die Temperatur fiel mittlerweile ziemlich in den Keller. Das war der Moment, wo ich richtig froh darüber war, meine Flieshandschuhe doch mitgenommen zu haben. Vom Gürtel abwärts total durchnässt fror ich zusehens mehr und mehr. Und es stieg immer noch weiter an.
    Zu dieser Zeit merkte ich langsam, wie meine Kräfte sich Stück für Stück von mir verabschiedeten. Vor mir und hinter mir war kein einziger Pilger zu sehen. Ich stand allein auf dem Berg mit Hagel, Sturm und nur noch einem kleinen Rest an Kraft. Zum Glück hatte ich in Orisson ein Baguette mit Schinken gekauft. Dessen Stunde schlug jetzt!
    Ich dachte nur: „Du musst mir jetzt die nötige Kraft geben, damit ich über diesen Berg komme.“ So lecker hatte mir noch nie ein Schinkenbaguette geschmeckt. In Gedanken schickte ich tausendmal Dank in die Herberge nach Orisson. Das hätte sich der Wirt dort sicher nicht träumen lassen, dass er heute noch mein Retter wird.
    Als ich während des Essens meine Gedanken so schweifen ließ, musste ich mir selber den Vorwurf gefallen lassen, wie dumm es doch war, hierher zu kommen. Aber ich hatte es doch selbst gewollt und war doch trotz meiner 47 Jahre noch topfit, oder? Na ja, egal, durchnässt, durchgefroren und total k.o. schleppte ich mich weiter. Zum Glück hagelte es ja nicht mehr. Nein, es regnete wieder!
    Endlich erreichte ich den höchsten Punkt des Lopoeder-Passes. Mir war das aber in dem Moment total egal, ich wollte nur weiter. Vor mir tauchte plötzlich eine Pilgerin auf.
    „Oh, bin ich doch nicht alleine unterwegs!“, dachte ich.Sie wartete am Wegesrand und bat mich ihren Regenponcho über ihren Rucksack zu ziehen. Natürlich half ich gern und zog auch gleich mit forschem Schritt weiter. Meine Kräfte kamen nach und nach wieder. Es ging jetzt nicht mehr bergauf. Kurz vor Roncesvalles führte die Route dann drei bis vier Kilometer durch ein Waldgebiet bergab, so steil bergab, dass es sehr anstrengend für die Füße war. Mein Ziel rückte aber näher und mit ihm kam auch meine gute Laune wieder. Wenn ich das hier bewältigt habe, schaffe ich einfach alles!
    nach der langen Tour
    Um 15:00 Uhr erreichte ich frohen Mutes Roncesvalles. Der Ort besteht hauptsächlich aus einem Kloster und zwei Restaurants für Pilger und Touristen. Erst einmal ein Bett suchen. In der Herberge der Abtei gab es auch gleich den Stempel und dazu das ersehnte Bett.
    Plötzlich stand Hans aus Schweden wieder vor mir. Am Morgen war er vor mir aufgebrochen und jetzt stand er da. Ich glaube, er war genauso froh wie ich, dass wir es geschafft hatten.
    Die Herberge war 2011 erst neu eröffnet worden und gut eingerichtet. Als Erstes den Schlafsack auf „meinem“ Bett ausbreiten, somit
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