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Mein Weg mit Buddha

Mein Weg mit Buddha

Titel: Mein Weg mit Buddha
Autoren: Anja Kruse
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und voltigieren. Im Alter von sechs Jahren hatte ich bereits mein eigenes Konzert- und Theaterabo. Im Winter stand Skifahren auf dem Programm, im Sommer Klettern, Wandern oder Strandurlaub. Meine Eltern finanzierten meine Turniertanzkurse, freuten sich über meine Teilnahme in der Laienspielgruppe der Schule und legten auch meiner Berufswahl als Schauspielerin keine Steine in den Weg. Die Aufnahmeprüfung an einer der renommiertesten Schauspielschulen Deutschlands bestand ich auf Anhieb – ich bekam unter 900 Kandidaten einen der zehn Studienplätze, inklusive Stipendium. Was für ein großartiges Geschenk, was für ein Sieg! Damit begann eine der glücklichsten Zeiten meines Lebens – wenn man unter »Glück« versteht, sorglos wie ein Kind in der Sandkiste spielen zu dürfen und alle Wünsche erfüllt zu bekommen, sogar jene, von denen man gar nicht weiß, dass man sie hat. Eine gefährlich unreflektierte Welt. Die Welt meiner Rollenfiguren, die ich spielend erforschte, ohne Verantwortung übernehmen zu müssen, denn das harte Berufsleben hatte ja noch nicht begonnen. Für mich war es aufregend und Spaß pur. Und nach dem Schulabschluss ging es genauso weiter: Ich erreichte alles, was ich wollte, ohne kämpfen zu müssen. An den Theatern, die ich mir aussuchte, wurde ich engagiert, Hörspiele kamen als interessante und lukrative Nebenjobs hinzu, die ersten Drehtage beim Fernsehen stellten sich ein. Und auch ein A-Klasse-Kinofilm: Die Weiße Rose von Michael Verhoeven. Wenig später gesellte sich noch das absolute Überflieger-Geschenk dazu: die Hauptrolle in Die schöne Wilhelmine , die auch noch mit der »Goldenen Kamera« als Sahnehäubchen obendrauf dekoriert wurde. Die Fernsehkarriere lief in einem atemberaubenden Tempo mit mir davon. Ich spielte ausschließlich Hauptrollen – und fand das ganz normal. Zum Nachdenken und Innehalten blieb mir keine Zeit. Auch privat befand ich mich auf der Sonnenseite des Lebens. Ich wurde geliebt. Immer. Und fast bedingungslos. War das für kurze Zeit nicht der Fall, begegnete mir mit Sicherheit der nächste Mann, der mir in die Arme fiel und dem ich meine Liebe schenken konnte. Der Platz auf Wolke sieben war für mich der schönste im Universum und speziell für mich reserviert.
    Alles lief wie geschmiert und ich gewöhnte mich an die Geschenke, die mir das Leben machte.
    Es ist schon verwunderlich, dass ich bei so viel Glücklich- und Zufriedensein trotzdem auf Sinnsuche war. Vielleicht, weil mich die Sonnenstrahlen meines Glücks nie komplett blind gemacht haben? Vielleicht aber auch nur, weil ich, wie viele andere Menschen, wissen und verstehen wollte, was »die Welt im Innersten zusammenhält«, wie Goethe es im Faust so treffend formuliert.
    Glaubenstechnisch war meine Kindheit evangelisch geprägt, mit Kindergottesdienst, Christkind, Nikolaus, Christmette in den Skiferien, Konfirmandenunterricht, also mit dem ganzen traditionellen Programm. Ich fand das okay so und nahm die Existenz von Gott und Jesus als selbstverständlich und gegeben hin.
    Trotzdem schlich sich eine latente Unzufriedenheit ein. In irgendeiner Weise schien mir das, was mir meine Kirche erzählte, zu vielen Dingen des Alltags im Widerspruch zu stehen. Ich war 16. In der Schule lasen wir Siddhartha von Hermann Hesse, die Geschichte eines Suchenden, der zwischen Askese und weltlichem Überfluss pendelnd einen langen Weg geht, um dem Sinn des Lebens auf den Grund zu kommen. In dem Roman begegnet Siddhartha dem historischen Buddha (Gautama beziehungsweise Shakyamuni) und erkennt, dass man nicht durch die reine Lehre, also durch Studium, die Erleuchtung erlangt, sondern sie mit seinem eigenen Leben erfahren muss. Ich bezweifle, dass ich dieses beeindruckende Werk damals wirklich verstanden habe, doch es warf viele Fragen auf. Zum Beispiel die Frage nach dem Tod, den ich nicht verstand, vor dem ich mich fürchtete und den ich bis dato erfolgreich aus meinem persönlichen Leben ausklammern konnte. Dennoch gibt es in der ganzen Welt Mord und Totschlag, hungernde Kinder, Ungerechtigkeit, Krankheit und anderes Leid. Hinzu kommen die Religionskriege, die Inquisition und die Hexenverbrennungen, die alle im Namen Gottes beziehungsweise der Kirche durchgeführt worden waren. Es stimmte doch einfach nicht, sagte ich mir, dass ein sogenannter lieber Gott das alles so geschehen ließ. Und die Kirche darf tun, was ihr Spaß macht? Das kann’s doch nicht sein! Die Antwort, die ich auch bei meinen gelegentlichen
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