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Mein Schwein pfeift

Mein Schwein pfeift

Titel: Mein Schwein pfeift
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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grünen Flecken im braunen Sand zu entdecken.
    Obwohl es noch eine Dreiviertelstunde bis zum Anpfiff war, hatten sich bereits um die fünfhundert Zuschauer eingefunden. Die meisten standen in kleinen Grüppchen im oberen Tribünenbereich und schlürften Sekt. Ein Schild wies diesen Sektor als VIP-Bereich aus.
    Ich zeigte dem Kassierer meine Fußballtreter und wurde in die Katakomben geschickt. Dort erwartete mich ein Mann, der es zwar nur auf einen Meter sechzig Größe, dafür aber auf einen Doppelzentner Gewicht brachte. Er trug einen blauweiß gestreiften Trainingsanzug, um seinen Hals baumelte eine Trillerpfeife. Bei meinem Anblick strahlte er wie ein Kind bei der Weihnachtsbescherung.
    »Sie sind Langen, unser Rechtsaußen?«
    »Nur sportlich. Außerdem heiße ich Nannen.«
    »Den Witz muss ich mir merken. Darf ich mich vorstellen? Fritz Schlemmbach, hauptberuflich Fußballtrainer, nebenberuflich Bürgermeister dieser Stadt mit Herz. Wussten Sie, dass Dülmen die Stadt mit der niedrigsten Selbstmordrate Deutschlands ist? Und warum? Ich verrate es Ihnen: Weil die Leute zufrieden sind. Und warum sind sie zufrieden? Weil meine Partei seit vierzig Jahren das Ruder fest in der Hand hält.«
    Er grinste wie Buddha und musterte mich wohlgefällig. Dann kniff er mich verschmitzt in die Wange.
    »Noch ein guter Tipp von einem, der es wissen muss: Schlemmbach wählen heißt auf Fortschritt zählen. Machen Sie bei der nächsten Wahl Ihr Kreuz an der richtigen Stelle.« Allmählich ging mir der Knabe auf den Senkel. »Lassen Sie uns zur Mannschaft gehen. Vom vielen Reden habe ich eine trockene Kehle bekommen, und dort steht eine Kiste Bier.«
    Er schritt durch den Gang, wobei er Hände schüttelte, Kusshände warf und Babys über den Kopf streichelte. Vor einer Tür mit der Aufschrift »Gäste« blieb er stehen.
    »Was machen Sie beruflich?«
    »Privatdetektiv.«
    »Ah, genau. Ich habe Ihre Arbeit stets bewundert«, klopfte er begeistert auf meinen Rücken, als wüsste er wirklich, wer ich war.
    Wir traten ein. Schlemmbach blies kräftig in die Trillerpfeife und zog die Aufmerksamkeit von einem Dutzend Augenpaaren auf sich.
    »Jungs, ich möchte euch den Sportkameraden Langen vorstellen. Er verstärkt unsere Angriffsreihe, da Lindner ausgefallen ist. Gleichzeitig habt ihr die Ehre, den besten Privatdetektiv unserer Stadt kennenzulernen. Besonders beeindruckend fand ich seine Ermittlungsarbeit im Fall...«
    Er sah mich hilfesuchend an.
    »Rudolph.«
    »Perfekt. Der Name lag mir auf der Zunge. Schnappen Sie sich ein Trikot, und ziehen Sie sich um.«
    Zuvor schüttelte ich die Hände meiner Mitspieler. Es handelte sich um Geschäftsleute, Handwerksmeister und kleinere Industrielle. Die meisten kannte ich von Bildern im Dülmener Kurier. Persönlich war ich bisher nur einem begegnet: Ludger Reichert, Polizist und persönlicher Intimfeind.
    »Wenn Sie so Fußball spielen, wie Sie ermitteln, werden wir dreistellig verlieren«, konnte er seine Begeisterung über mein Mitwirken schwer verbergen.
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Da der Polizeiapparat trotz einiger unfähiger Kollegen seit Jahrzehnten existiert, habe ich Hoffnung, dass unsere Mannschaft die neunzig Minuten überstehen wird.«
    Schlemmbachs Pfiff beendete das angenehme Gespräch.
    »Leute, wir haben nichts zu verlieren. Der FC spielt in der Westfalenliga und hegt berechtigte Ambitionen, in die NRW-Liga aufzusteigen. Ziehen wir uns achtbar aus der Affäre. In wochenlanger Arbeit habe ich eine Taktik ausgetüftelt, mit der wir unserem Gegner ein Bein stellen können: hinten dicht und vorne flexibel. So haben die Schalker früher ihre Meistertitel geholt.«
    Er nahm ein Stück Kreide und zeichnete sein Spielsystem auf die Tafel. Was ich bisher nur vermutet hatte, wurde schnell Gewissheit: Der Mann hatte null Ahnung. Selbst Berti Vogts wäre nie auf die Idee gekommen, mit Sechserabwehrkette und vier rochierenden Stürmern zu agieren. Auf meine Frage, wie die Bälle ohne Mittelfeld in den gegnerischen Strafraum gelangen sollten, entgegnete Schlemmbach, dass wir nur auf Querschläger zu lauern bräuchten. Chancen würden sich zwangsläufig ergeben.
    »Klinsmann hat mir den Tipp gegeben, Wert auf Fitness zu legen. Aber die Konditionstrainer sind leider zu spät eingeflogen worden«, wurde er ernst. Einige nickten begeistert, als würden sie Schlemmbachs Ammenmärchen glauben.
    Perfekt vorbereitet verließen wir die Kabine; unser Gegner wartete schon. Auf den grünweißen
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