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Mein Offizier und Gentleman

Mein Offizier und Gentleman

Titel: Mein Offizier und Gentleman
Autoren: ANNE HERRIES
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vor einigen Monaten begangen worden, während er noch in Frankreich für sein Vaterland kämpfte. Jack hatte erst bei seiner Rückkehr davon erfahren. Zurzeit hatte er keinerlei Hinweis, keinen Anhaltspunkt, aus dem sich das wirkliche Geschehen ableiten ließ. Diese Hil fl osigkeit, zusammen mit dem Wissen, wie viel Schmerz Davids Tod einer gewissen anderen Person bereitet haben musste, versetzte ihn in eine zwiespältige Gemütsverfassung.
    Eben wollte er abermals nach der Wein fl asche greifen, als der Butler ins Zimmer trat.
    „Verzeihen Sie die Störung, Mylord, hier ist ein Brief für Sie.“
    „Zu dieser Zeit? Wer brachte ihn?“ Jack hob erstaunt die Augenbrauen.
    „Das ist nicht bekannt, Sir. Jemand übergab ihn Rose, der Küchenhilfe, als sie gerade draußen beim Milchmädchen ein paar Eier erstand.“
    „Danke, es ist gut, Henshaw.“ Mit einer Handbewegung entließ Jack den Butler. „Ich werde ihn später lesen …“
    „Man sagte Rose, es sei dringend, Sir.“
    „Tatsächlich?“ Jack nahm das Papier, das nicht gesiegelt, sondern nur mit einem Tropfen Wachs verschlossen war, riss es auf und entfaltete es. „Guter Gott“, rief er, nachdem er ein paar Zeilen gelesen hatte, sprang auf und schritt zum Fenster. Doch die Straße draußen war nur schwach beleuchtet, sodass er außerhalb des Lichtkreises, den die Lampe am Portal warf, nichts erkennen konnte. Er wandte sich dem Butler zu. „Schicken Sie mir Rose herein, ich möchte etwas über den Boten erfahren.“
    Während der Butler tat, wie ihm geheißen, wandte Jack sich wieder dem Brief zu. Stirnrunzelnd las er:
    „Wenn ich persönlich zu Ihnen käme, würden Sie mich nicht empfangen – ich weiß jedoch, dass David Middleton ein Freund war, der Ihnen viel bedeutete. Fragen Sie sich, wer ihn ermor dete, brauchen Sie nicht lange zu suchen – sein Mörder ist Sir Frederic Collingwood. Er ist ein Falschspieler, und Middleton fand das heraus, nachdem er gegen ihn verloren hatte. Letzte res steht fest und ist allgemein bekannt. Für das Erstere habe ich leider keine Beweise, bin indes von Collingwoods Schuld überzeugt. Der Sache mag ein tieferes Motiv zugrunde liegen, doch zurzeit weiß ich nur, dass Collingwood der Täter war. Al les andere liegt bei Ihnen, Harcourt. Diese Nachricht schreibt jemand, der einmal stolz war, Ihr Freund zu sein.“
    Der Brief, der keine Unterschrift trug, mochte reiner Bosheit entspringen, doch Jack spürte, dass dem nicht so war. Sein Freund wäre nie und nimmer mit eingezogenem Schwanz davongeschlichen, wenn er jemanden beim Falschspiel ertappt hätte, sondern hätte den Betrüger öffentlich zur Rede gestellt. David mochte durchaus ermordet worden sein, um eben das zu verhindern … jedoch deutete der Brief noch mehr an – einen weit übleren Grund für den Mord. Das war es! Jack hatte die of fi zielle Version vom Tod seines Freundes nicht akzeptieren können, und dieser Brief hier bestätigte ihm, dass sein Argwohn zu Recht bestand. Er sprang auf, von Tatendrang erfasst. Die trübe, niedergedrückte Stimmung fi el so rasch von ihm ab, wie sie ihn an diesem Abend überkommen hatte.
    Fort mit dem falschen Trost, den die Wein fl asche bot! Hier in seiner Hand war, was er brauchte, und wenn das Schreiben der Wahrheit entsprach, würde er den Mörder suchen und ihn seiner gerechten Strafe zuführen! Er fragte sich, von wem der Brief stammte … es konnte kein sehr enger Freund sein, denn der Schreiber hatte behauptet, man würde ihn nicht empfangen.
    Jack runzelte die Stirn. Natürlich könnte er auf einer völlig falschen Fährte sein, aber etwas sagte ihm, dass dem nicht so war. Möglicherweise war der Schreiber jemand, der glaubte, Jack etwas zu schulden … jemand, dem er einmal einen Dienst erwiesen hatte. Es spielte keine Rolle! Erst einmal würde er erforschen, weswegen sein Freund tatsächlich sterben musste, und anschließend herauszu fi nden versuchen, wer der mysteriöse Briefschreiber war.
    „Mama! Ein Brief für dich.“ Lucy Horne eilte in den Salon, wo ihre Mutter und ihre Großtante über einer Stickerei saßen. „Von Marianne!“
    „Oh, darauf wartete ich schon.“ Liebevoll betrachtete Mrs. Horne ihre jüngste Tochter. Lucy war nun achtzehn und ein hübsches, liebenswürdiges Mädchen, das am liebsten im Kreise seiner Familie weilte. Sie nahm den Brief und brach das eindrucksvolle Siegel, das zu nutzen ihrer Tochter Marianne als Marchioness of Marlbeck zustand. Nachdem sie ein paar Sätze gelesen
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