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Mein Leben Als Suchmaschine

Mein Leben Als Suchmaschine

Titel: Mein Leben Als Suchmaschine
Autoren: Horst Evers
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ich das Fahrrad tatsächlich vor dem Supermarkt vergessen habe. Stimmt, ich hatte es dort abgeschlossen, es dann aber während des Einkaufs völlig vergessen und bin eben wie immer ganz normal zu Fuß nach Hause gegangen.
    Will jetzt aber den Fall mit dieser Randinformation nicht unnötig verkomplizieren. Das geht ja den Polizisten letzten Endes auch gar nichts an. Also meine eigene Doofheit. Eigene Doofheit ist ja wohl immer noch Privatsache. Wär ja noch schöner. Wenn ich schon meine Zeit wegen eigener Doofheit verschwende, muß ich ja nicht auch noch die Zeit des Polizisten verschwenden. Also, zumindest muß er nichts davon wissen.
    Lasse ihn in Ruhe alles aufnehmen: Rahmennummer, zipp und zapp, und so haben wir beide doch schon mal das Gefühl, an diesem Tag so richtig was erledigt zu haben.

Ägypten

    Dienstagmorgen, 6.13 Uhr. Das Telefon klingelt. Ich schrecke auf und versuche, mich so freundlich, wie ich um diese Zeit nur eben kann, zu melden:
    - Bäärrrhh?
    - Hallo Horst, hier ist Peter. Ich wollt nur mal fragen, was machst Du eigentlich Weihnachten?
    Ich lege auf. Peter ist ein Arsch.
    Anrufe dieser Art bekam ich im letzten Jahr ständig von Peter. Seit er wußte, er würde über Weihnachten nach Ägypten fliegen, verbrachte er seine Vormittage damit, alle seine Freunde anzurufen, um zu fragen, was sie denn wohl Weihnachten eigentlich machen würden.
    Als er dann endlich weg war, hat er mich die Tage vor Weihnachten jeden Tag zweimal angerufen und auf den Beantworter gesprochen, wie toll alles in Ägypten ist und wie gut es ihm geht. Das war hart. An Heiligabend hab ich ihn dann aber mittags doch mal zurückgerufen, durchs Handy kann man ihn ja jederzeit überall auf der Welt erreichen. Allerdings meldete sich auf der anderen Seite eine mir völlig unbekannte Stimme in einer Sprache, die ich als »vermutlich ägyptisch« einordnete. Ich wählte die Nummer noch mal, diesmal ganz sorgfältig, aber es meldete sich wieder dieselbe Stimme des vermutlich neuen Besitzers von Peters Handy. Offensichtlich hatte Peter jetzt doch ein Problem in Ägypten. Ich rief bei seiner Telefongesellschaft an, um sein Gerät abzumelden, und war anständig verblüfft, wie einfach das ging. Nummer, Kundenname und eine kurze Beschreibung der Umstände reichten, und das Taschentelefon war abgemeldet. Erstaunlich. Die nächsten Stunden verbrachte ich damit, die Handynummern von verschiedenen Maklern, Brokern und sonstigen Angehörigen zwiespältiger Berufsgruppen herauszufinden und
    deren Handys abzumelden. Das hat ziemlichen Spaß gemacht. Es kann so einfach sein, sich mal einen schönen Nachmittag zu machen.

Schule in Asbest

    Prolog: Ein befreundeter Lehrer erzählte mir folgende kleine, Mut machende Geschichte. Obwohl ich ihm versprechen mußte, weder seinen noch den Namen der Schule zu verraten, möchte ich die Geschichte wegen ihres aufmunternden Charakters und der wirklich schönen Moral doch nicht unterschlagen.

    Eine Schule in der sehr, sehr weiten Umgebung von Köln. Ein 70er-Jahre-Bau, und wie viele Gebäude aus dieser Zeit hat auch dieses ein Asbestproblem. Nach langem Hin und Her und vielen Schwierigkeiten stellt die Stadt endlich die Gelder für die teure Sanierung zur Verfügung.
    Kurz nach Beginn der Arbeiten jedoch stellt sich heraus: Die Baufirma hat seinerzeit die Stadt beschissen. Statt des teuren und abgerechneten Asbests hatte man nur billigere Holzwolle und Dämmstoffe eingebaut.
    Hieraus ergaben sich verschiedene Probleme: Da das Geld für die Sanierung ja jetzt schon mal bewilligt, also sozusagen da war, entbrannte nun ein erbitterter Streit zwischen Stadt und Schule, wem das Geld denn nun gehört. Zudem wollte die Stadt auch gern jemanden verklagen. Der Chef der damaligen Baufirma saß allerdings bereits wegen anderer Vergehen im Gefängnis. Immerhin war er dadurch leicht auffindbar. Bei der Befragung nun stellte sich heraus, daß seine Firma seinerzeit eine Vielzahl von Gebäuden auf die gleiche Asbest und Unkosten sparende Art errichtet hat. Ein Teil dieser Gebäude ist aber bereits komplett saniert worden.
    Hieraus wiederum ergaben sich neue Fragen, an die Sanierungsfirma und die entsprechenden Schulen zum Beispiel. Außerdem wies der Bauunternehmer jegliche
    Schuld zurück, da ja, rückblickend gesehen, gar kein wirklicher Schaden entstanden sei. Im Gegenteil.
    Was nun lehrt uns diese kleine Geschichte? Es ist doch alles halb so schlimm, wie wir immer denken. Viele Probleme entstehen erst gar nicht,
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