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Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Titel: Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
Autoren: Jenna Miscavige Hill , Lisa Pulitzer
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aber irgendwann freundeten wir uns mit ihr an.
    Eines Nachmittags waren B. J. und ich in der Wohnung, als Kitty plötzlich aus dem Puppenhaus gesaust kam, um einen neuen Besucher zu begutachten. Es war ein Junge in Justins Alter, den ich schon früher auf der Base gesehen hatte. Kaum war er im Wohnzimmer, da flitzte Sarah Kitty schon auf ihn zu und kletterte an ihm hinauf wie an einem Baum. Er schrie, teils vor Furcht, teils vor Schmerzen, weil sie ihn kratzte. B. J. und ich rannten zu ihm und rissen sie weg. Als wir endlich aufhörten zu lachen, musterten wir den Jungen und fragten uns, wer er wohl sei.
    Justin war zu Hause und stellte ihn uns vor. »Das ist Sterling«, sagte er zu mir. »Dein Bruder.« Ich wusste, dass Justin einen Freund namens Sterling hatte, aber nicht, dass er sogar sein Zwillingsbruder war. Er und seine Familie lebten schon seit ein paar Jahren in L. A. und waren ebenfalls Sea Org-Mitglieder.
    Ich brauchte eine Weile, um mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass ich noch einen Bruder hatte. Zwar sahen Sterling und Justin sich nicht ähnlich, aber sie mochten beide Sport und verstanden sich ziemlich gut. Sterling fing sogar an, mich an manchen Abenden von der Tagesstätte abzuholen und zu bleiben, bis Pat kam.
    Mom und Dad verließen L. A. meistens am Sonntagmorgen um elf Uhr. Justin und ich gingen häufig mit ihnen nach draußen, um ihnen nachzuwinken. Ich werde niemals jenen Sonntag vergessen, an dem meine Eltern gerade rückwärts aus der Garage fuhren und B. J. und ich rittlings auf dem Garagentor saßen. Als ich nach rechts rutschte, um den Wagen durchzulassen, klemmte ich mir mein Bein zwischen den Gitterstäben ein. Justin versuchte, mich freizubekommen, aber ich verstand das falsch und dachte, er wollte mich wie üblich ärgern. Es gab keine Schutzvorrichtung, daher wurde mein Bein zwischen dem Tor und der Mauer eingeklemmt, und ich saß fest. Vor lauter Schmerzen schrie ich laut auf.
    Mein Dad sprang aus dem Wagen und zog mit bloßen Händen die Metallstäbe auseinander, um mein Bein zu befreien. Ich weinte hemmungslos, als er mich zum Aufzug trug und zurück in die Wohnung brachte. Meine Eltern riefen eine ansässige scientologische Ärztin an, die ihnen sagte, sie sollten mich auffordern zu laufen. Als es nicht ging, weil es zu wehtat, erklärte sie ihnen, leider sei mein Bein wahrscheinlich gebrochen und ich müsse am nächsten Morgen zum Röntgen.
    Mom und Dad blieben, so lange es ging, bei mir, aber von der Int kamen so viele dringende Anrufe, dass sie nach dem Abendessen fahren mussten. Ein Vorgesetzter in der Int bestand darauf, dass sie zurückkamen, obwohl er wusste, dass ich ernsthaft verletzt war. Da Befehle befolgt werden mussten, gehorchten meine Eltern widerstrebend. Die Konsequenzen für Ungehorsam waren nicht zu unterschätzen und hingen davon ab, wie wichtig und zornig derjenige war, dem man nicht gehorcht hatte. Meine Eltern wollten ihren Vorgesetzten nicht verärgern und die Konsequenzen auf sich nehmen. Schließlich war es für das höhere Wohl.
    Nachdem meine Eltern gefahren waren, blieb Pat bei mir und brachte mich am nächsten Morgen zum Röntgen in die Arztpraxis. Tatsächlich war mein Knie gebrochen. Aber der Arzt konnte es nur verbinden.
    Zwei Tage später war ich wieder in der Kindertagesstätte. Mir tat das Bein so weh, dass ich nur humpeln konnte und bei unserem täglichen Spaziergang auf der Franklin Avenue zurückfiel. Die Kindergärtnerin ließ nicht die Gruppe langsamer gehen, sondern wurde wütend und befahl mir, schneller zu laufen. Offenbar glaubte sie, ich machte Theater. B. J. verteidigte mich und erzählte ihr, mein Knie sei gebrochen.
    »Tja, wenn du zurückfällst, werden wir nicht auf dich warten«, sagte sie tadelnd. Sie befahl mir auch, ich müsste dafür sorgen, dass es funktionierte. Das spiegelte den scientologischen Glauben wider, nach dem der Geist über die Materie herrschte. Ich durfte nur nicht zulassen, dass der Schmerz meine Gedanken beherrschte, dann wäre es nicht so schlimm. Aber es vergingen ein paar Monate, bis mein Knie nicht mehr so wehtat.
    Unmittelbar vor meinem fünften Geburtstag teilte Justin mir mit, dass er L. A. verlassen und an einem Ort namens Ranch wohnen würde. Ich wusste weder, was die Ranch war, noch wo sie sich befand, aber er sollte mich nicht allein lassen. Ich sah Mom und Dad schon so selten. Er meinte, es sei ganz in der Nähe ihrer Wohnung und er würde mich ab und zu besuchen, so wie sie. Noch schlimmer
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