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Mein Freund Tutenchamun, Band 2: Grabräuber (German Edition)

Mein Freund Tutenchamun, Band 2: Grabräuber (German Edition)

Titel: Mein Freund Tutenchamun, Band 2: Grabräuber (German Edition)
Autoren: Alfred Bekker
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hatte!
    Aber das war jetzt nicht mehr zu ändern. Nun konnte sie nur noch hoffen, dass diese riskante Plan auch ein gutes Ende nahm.
    Ein Schatten huschte durch die Tür ihres Gemachs. So schnell und lautlos, dass er offenbar auch von keinem der Wächter bemerkt worden war, von denen sich vermutlich ein Teil ohnehin zur Zeit im Tiefschlaf befand.
    Anchesenamun schreckte hoch.
    Sie erkannte in der Dunkelheit ihres Gemachs, das nur von dem durch das Fenster fallende Mondlicht etwas erhellt wurde, dass dieser Schatten niemand anderes als Tjesem war. „Ihr seid zurück?“  
    Tjesem winselte leise.
    „Wo sind Tut und Herkos?“, fragte sie. „Du bist allein zurückgekehrt?“ Wie zur Bestätigung bellte Tjesem einmal laut auf. „Das ist kein gutes Zeichen!“, murmelte die junge Prinzessin vor sich hin. „Wache!“, rief sie dann laut und nachdem zunächst niemand kam, schrie sie durchdringend.
    Wenig später waren Schritte zu hören. Zwei Wachsoldaten eilten herbei. Sie trugen Speere und Schilde aus Nilpferdhaut. Die waren sehr leicht und doch konnte kein Pfeil sie durchdringen.
    „Herrin, was ist geschehen?“
    „Man wecke Haremhab! Sofort!“
    „Aber Herrin, unser Befehlshaber wird...“
    „...es euch sehr danken, wenn ihr ihn jetzt aus dem Schlaf reißt, sodass er zum Retter des Pharaos werden kann!“, fuhr Anchesenamun dazwischen. „Na, los, worauf wartet ihr?“
     
     
    Perchuf winkte einen seiner Männer herbei, der eine Fackel trug. „Leuchte ihm ins Gesicht!“, befahl er.
    „Ja, Herr!“, antwortete der Fackelträger.
    Die unruhigen Flammen tauchten Tutenchamuns Gesicht in ihr gelbliches Licht. Perchuf riss ihm die Perücke vom Kopf. „Nein!“, flüsterte er dann und wich einen Schritt zurück. „Bei Osiris, das ist nicht möglich!“ Er wurde bleich. „Du bist der Pharao!“
    Ein Raunen ging durch die Reihen der Männer, von denen einige bereits Krüge mit Nahrungsmitteln hinausgetragen hatten – vor allem getrockneter Fisch war in diesen Gefäßen. Schließlich hatte der Tote eine sehr weite Reise vor sich und während dieses Weges sollte seine Seele kräftig genug sein.
    „Mach keine Scherze, Perchuf!“, meinte einer von ihnen und setzte ein kleines Weinfass wieder auf den Boden.
    Tutenchamun wechselte einen kurzen hilfesuchenden Blick mit Herkos. Was sollte der junge Pharao jetzt wohl tun? Weiter so tun, als wäre er ein anderer – nachdem ihn Perchuf nun wohl erkannt hatte? Das hatte keinen Sinn.
    „Ja, es ist wahr!“, erklärte Tutenchamun also. „Ich bin der Pharao und lebendige Horus. Und ihr seid schändliche Grabräuber, denen es völlig gleichgültig ist, ob Ahmoses Seele vielleicht für immer umherirren muss und das Reich der Westlichen nicht findet. Aber schlimmer noch! Einer von euch ist nicht nur ein Räuber und ein Verächter der Westlichen, sondern auch ein Mörder. Einer von euch oder der, für den ihr arbeitet – denn warum hättet ihr sonst dem Toten den Mund verschließen und ihm einen Zauberfluch ins Grab legen sollen?“
    Für einen Augenblick herrschte Schweigen in der Grabkammer.
    Wie kann man gleichzeitig Pharao und so ein Narr sein!, ging es Herkos durch den Kopf. Der redet sich doch jetzt um Kopf und Kragen! Nach alledem, was Tut gesagt hat, müssen sie uns doch erst recht als lästige Zeugen beseitigen, wenn sie ihre Verbrechen verbergen wollen...
    Dass diese Bande davor zurückschreckte, den Pharao umzubringen, nahm Herkos nicht an. Schließlich war das vor kurzem ja erst versucht worden und um ein Haar auch gelungen!
    Aber Tutenchamun schien in diesem Punkt anderer Ansicht zu sein. Er streckte die Arme aus. „Na los, bringt mich um, so wie ihr es gerade schon beschlossen hattet! Tötet den lebendigen Horus – aber bedenkt, dass sein Vater Osiris die Unterwelt beherrscht und ihr alle eines Tages dort vor Gericht steht, wenn eure Seele gewogen wird!“
    Tatsächlich schien es einigen der Männern jetzt mulmig zu werden.
    „Perchuf, wir gehen jetzt!“, sagte einer von ihnen mit einem Krug voller getrocknetem Fisch unter dem Arm. „Ein Grab ausrauben ist etwas anderes, als den Pharao zu ermorden!“
    Mit dieser Meinung schien er nicht allein dazustehen.
    „Wenn das herauskommt, wird man uns im ganzen Land jagen – und am Ende wird man uns töten, und später einfach verscharren, ohne dass wir nach den Geboten der Götter bestattet werden!“
     
     
    Herkos wusste, dass dies so ziemlich das Schlimmste war, was ein Ägypter sich vorzustellen vermochte.
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