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Mein fremder Bruder

Mein fremder Bruder

Titel: Mein fremder Bruder
Autoren: Tahmima Anam
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llah wa muhammadan rasul allah. Er steht auf, hampelt herum, so daß das Boot hin und her schaukelt. Das Ufer ist voller Bootsmänner und Fischer und Leuten wie ihnen, die zwischen einem Ort und dem nächsten unterwegs sind. Jetzt kommen sie näher, und Zaid fängt an zu heulen und trommelt mit den Fäusten auf Maya ein, die die Arme um ihn schlingt. »Du willst heute nacht auf dem Boot bleiben? Willst du das, Zaid? Du möchtest hierbleiben? Ist ja gut, ist ja gut.«
    Sie legen wieder ab, entfernen sich vom Anleger, und der Bootsführer macht das Boot am Flußufer fest.
    Khoka und der Alte stapfen hinauf aufs Ufer und lassen sie mit Zaid allein. Es wird kühl, und Maya breitet den Tschador aus und deckt ihn über sie beide. Zaid dreht ihr den Rücken zu, und sie schmiegt sich an ihn und streichelt ihm sanft über die Haare. Er fängt an, ruhiger zu atmen.
    »Wir fahren nach Hause«, sagt sie. »Morgen sind wir zu Hause.«
    »Ich will aber nicht.«
    »Du brauchst keine Angst zu haben, es wird nicht mehr so wie vorher.«
    »Ich bin weggelaufen.«
    »Ich weiß, Rokeya hat’s mir erzählt.«
    »Aber Abbu hat mich wieder zurückgeschickt.«
    »Das macht er nicht wieder. Wenn du ihm alles erzählt hast, schickt er dich da nie wieder hin. Jetzt schlaf schön ein. Morgen sind wir zu Hause.«
    Sie ist müde, so schrecklich müde. Sie hat das Gefühl, er würde etwas zu ihr sagen, aber sie ist sich nicht sicher. Ich will ein Fahrrad. Ich hab es ihm schon gesagt. »Keine Bange«, murmelt sie. »Ich rede mit ihm. Jetzt kann dir nichts Schlimmes mehr passieren.«
    Alifbatasa.
    Es sind nur ein paar Augenblicke Schlaf, aber Maya wird sie als die süßesten ihres Lebens in Erinnerung behalten, weil der Junge neben ihr atmet und die Jahre noch ungezeichnet vor ihm liegen.

    Sie träumt, als sie es hört, den kleinen Platscher, kaum mehr als ein Schluckauf im Wasser. Doch sie weiß es, sie weiß, daß er es ist. Sie springt hinterher, die Burka bauscht sich wie ein Zelt um sie, und die Strömung reißt sie augenblicklich mit sich, weg vom Boot. Sie schreit nach ihm, macht unter Wasser die Augen auf, als könnte sie die Dunkelheit und den flüssigen Löß des Jamuna mit dem Blick durchdringen, sinkt tiefer und tiefer in seine Nacht, bis sie plötzlich ein Paar starke Hände auf den Schultern spürt. Sie öffnet die Augen. Khoka. Sie versucht sich zu befreien, aber jetzt sind sie schon wieder auf dem Boot. Wie stark er ist. Wie brutal die Strömung, wie hungrig.

    Ein Schlag auf den Kopf weckt sie auf, dann wird sie von Händen gepackt, die ihr die Arme auseinanderziehen. In diesem Moment lernt sie etwas über die Polizei: Daß es ihre Taktik ist, den Körper so festzuhalten, daß die eine Seite der anderen nicht helfen kann. Sie wird hochgehoben, verliert den Boden unter den Füßen und schreit WOISTZAID , bevor ihr Kopf auf den Boden des Lasters knallt und alles schwarz wird.

    Kalt und kein Fünkchen Licht. Im Dunkeln tastet sie nach ihrem Gesicht. Nase, gebrochen. Lippen wie geplatzte Früchte. Sie drückt, untersucht, und der Schmerz zieht sich hoch bis in ihre Wangen und Schläfen.
    Sie reißt an der Burka. Es ist ein grausamer Witz, daß sie wie verwachsen mit diesem Kleidungsstück zu sein scheint. Die anderen Gefangenen sind ganz nah, aber sie kann sie nicht hören. Anfangs war sie mit den Frauen zusammen in einen Raum gezwängt, in dem schichtweise geschlafen wurde. Aber Maya fing an zu schreien und wollte nicht aufhören. Die anderen Frauen standen um sie herum und machten beruhigende Geräusche. Sie schrie trotzdem.
    ZAIDWOISTZAID .
    Schließlich kam ein Polizist in die Zelle, warf sie zu Boden und prügelte sie, bis alles schwarz war. Als sie die Augen wieder öffnete, dies: Ein Sarg von einer Zelle, niemand mehr, der sie schreien hört.
    Ein metallisches Schiebegeräusch. Ein Teller, ein Glas Wasser.
    Das Wasser trinkt sie, aber als jemand kommt, um das Tablett abzuholen, wirft sie es nach ihm. Soll ihr Körper Hunger schmecken. Es ist besser, wenn ihr Kopf leicht und ihre Glieder schwer sind. Besser, nicht an das dumpfe Dröhnen unter Wasser zu denken.
    Sie schicken ihr eine Frau mit sanfter Stimme. Sie haben seit drei Tagen nichts mehr gegessen.
    Wo ist Zaid?
    Sind Sie im Hungerstreik? Sagen Sie mir, warum Sie hier sind.
    Natürlich wissen sie, warum sie hier ist. Warum wäre sie sonst eingesperrt worden? Ein Präventivschlag des schiefzähnigen Huzur.
    Wo ist Zaid?
    Wie konnte sie nur so dumm sein. Sie wollte so
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