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Mein digitales Ich

Mein digitales Ich

Titel: Mein digitales Ich
Autoren: Ariane Christian u Greiner Grasse
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fremden Autoritäten »krank« reden und »gesund« medikamentieren zu lassen.
    Quantified Self allerdings als Protestbewegung zu verstehen, die in prinzipieller Opposition zum bestehenden Gesundheitssystem agiert, hieße, ihren konstruktiven Charakter gründlich zu verkennen.
    Tatsächlich scheint auch die etablierte Medizin inzwischen die Notwendigkeit erkannt zu haben, den Einzelfall bei der Wahl der Therapie mehr als bisher zu berücksichtigen. Unter dem Schlagwort »individualisierte Medizin« propagieren immer mehr Ärzte ein Gesundheitssystem, das ihnen eine auf die persönlichen Bedürfnisse des Einzelnen zugeschnittene Vorsorge, Diagnostik, Früherkennung und Therapie ermöglicht. Sie wollen individuelle Krankheitsrisiken genauer vorhersagen können und unerwünschte Nebenwirkungen sowie ineffiziente Therapien möglichst vermeiden. Mit Quantified Self erhobene Daten können hier wertvolles Basismaterial liefern. Der »Patient« wird gleichsam zum Mitarbeiter des Arztes. Die Arbeitsergebnisse des Patienten, der dank Quantified Self große Mengen an eigenen Körperdaten gesammelt hat, werden mit der Arbeit des Arztes, der über ein breites Spektrum an Wissen und Erfahrung verfügt, kombiniert. Der Blick in die Tiefe (Patient) und der Blick in die Breite/Weite (Arzt) ermöglichen zusammen eine Analyse der Gesundheit des Patienten von ganz neuer Qualität. In Kapitel sechs werden wir darauf näher eingehen.
    Nicht zuletzt ist Quantified Self auch ein neuer Markt mit offenbar beachtlichem Wachstumspotenzial. Viele Quantified-Selfer sind gleichzeitig Informatiker, Bioinformatiker oder in irgendeiner Form mit der Erforschung und Entwicklung neuer (Software-)Technologien beschäftigt. Oft entwickeln sie eigene Lösungen zur Sammlung von Daten, experimentieren mit selbst gebastelten Sensoren oder entwickeln eigene Software. So vereint die über den Globus verteilte Quantified-Self-Community bloße Anwender einer von anderen entwickelten Technik mit Anwendern, die gleichzeitig Produzenten sind – Produzenten, die mal mehr, mal weniger kommerzielle Wege einschlagen.
    Mit dem vorliegenden Buch wollen wir einen Überblick bieten über das schier uferlose Thema der Digitalisierung unseres Lebens, insbesondere der eigenen Person. Die digitale Revolution hat unsere Gesellschaft in einem Ausmaß verändert, wie es zuletzt die Industrielle Revolution im 19. Jahrhundert getan hat. Wir sind gewissermaßen eins geworden mit der Technik. Computer, Internet und Smartphone sind längst viel mehr als nur Instrumente zur Organisation und Kommunikation. Sie sind gleichsam zu Erweiterungen unseres Selbst mutiert, sind »intelligent« geworden, passen sich immer mehr unseren Bedürfnissen an, werden immer menschlicher. Die Grenzen zwischen Mensch und Maschine lösen sich zunehmend auf, wir statten uns mit Sensoren aus und verbinden uns mit Kleinstgeräten, die uns auf Schritt und Tritt vermessen. Wir vertrauen den Geräten mitunter mehr (an) als einem Arzt, im Gegenzug erhoffen wir uns Aufschluss über unser Verhalten, über unserindividuelles, komplexes, rätselhaftes So-Sein. Davon und von den möglichen Folgen der Digitalisierung unseres Ich handelt dieses Buch. Und wir hoffen, dass es den Leser in Erstaunen versetzt.

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    http://www.ted.com/talks/gary_wolf_the_quantified_self.html
    Quantified-Self-Mitbegründer Gary Wolf gibt einen kurzen Überblick über die Erkenntnisse seiner persönlichen Selbstvermessung. (Video)

3 . Das digitale Spiegelbild des Selbst: Welche Daten in unserem Körper stecken und wie wir sie nutzen können
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    Es ist schon erstaunlich, wie viel Wissen und Erfahrung uns umgibt. Seit Jahrtausenden schreiben wir es auf, reichen es weiter und verfeinern es. Noch erstaunlicher ist es, dass wir heute mit nur wenigen Mausklicks quasi das komplette Wissen der Menschheitsgeschichte abrufen und es nach unseren eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Interessen durchsuchen können. Mit einem Smartphone ist das Weltwissen sogar ständig und überall bei uns. Mit den omnipräsenten, digital verknüpften Mobilcomputern erweitern wir allerdings nicht nur unser Wissen, sondern auch unseren Freundeskreis. Denn dank sozialer Netzwerke ist der selbst dann bei uns, wenn wir alleine sind. Auch unsere Sinne erweitern wir in gewisser Weise. Wir navigieren mithilfe intelligenter Assistenten, können Verkehr und Wetter vorhersagen, organisieren unseren Alltag digital und kaufen in virtuellen Geschäften ein.
    Was heute für die
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