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Mehr als nur ein Zeuge

Mehr als nur ein Zeuge

Titel: Mehr als nur ein Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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noch viel auffälliger. Mr Henderson und Ellie sind offensichtlich der Meinung, dass sie mir etwas ganz Besonderes anbieten, dabei bin ich selbst keineswegs sicher, ob Wettläufe wirklich mein Ding sind.
    »Na?«, fragt Mr Henderson und ich nicke und nuschle: »Danke.«
    |42| Ellie schickt mich unter die Dusche, damit ich mich nicht erkälte, sagt aber noch, dass wir uns morgen um die gleiche Zeit wieder hier treffen. Keine Frage   – die Frau weiß, was sie will, aber sie sagt das alles auf eine nette Art, und es hat irgendwie etwas Beruhigendes, ihre Anordnungen zu befolgen.
    Dann ziehe ich das Training eben durch. Falls es wirklich so weit kommen sollte, fällt mir schon etwas ein, um mich vor den Wettkämpfen zu drücken. Ein verknackster Knöchel oder so. Jedenfalls ist es eine gute Idee, für den Fall der Fälle möglichst fit zu sein. Das müsste eigentlich auch Doug einleuchten. Falls ich es ihm überhaupt erzähle.
    Schließlich weiß man nie, wann man das nächste Mal wegrennen muss, und momentan könnte mir das jederzeit passieren.

|43| Kapitel 4
Zu Hause
    Der Heimweg ist jeden Tag das Schlimmste. Ich versuche, immer wieder einen anderen Weg zu nehmen, teils für den Fall, dass ich verfolgt werde, teils damit es länger dauert. Momentan ist es nicht sehr lustig mit meiner Mum, außerdem kann ich mich nicht dran gewöhnen, dass sie da ist, wenn ich nach Hause komme.
    Früher war sie mit der Arbeit immer später fertig als ich mit der Schule, und wenn sie dann nach Hause kam, hat sie entweder gelernt oder mit ihren Freundinnen telefoniert oder sich zum Ausgehen fertig gemacht, meistens in den Pub zum Karaoke. Sie hat gesungen und war fröhlich und hat gelacht, und mir hat es immer gefallen, wenn sie durch die Wohnung gewuselt ist und fünf Sachen auf einmal gemacht hat.
    Jetzt hockt sie meistens am Küchentisch und raucht. Sie glättet sich die Haare nicht mehr und ihre Augenbrauen sind schon gruselig dick. Seit Tagen hat sie sich mit niemandem mehr gestritten, nicht mal mit Doug, auch das Radio stellt sie nicht mehr an. Es ist nicht schön, sie so zu sehen. Wenn das so weitergeht, ruft sie garantiert irgendwann ihre Schwestern oder Freundinnen |44| an, und dann kommen uns die Typen auf die Spur. Die Brandbombentypen.
    Auf der Hauptstraße mache ich die Biege in den Buchladen, nur falls mir jemand folgt, dann wieder raus und in den Bus. Niemand steigt mit mir ein, ich fühle mich einigermaßen sicher. Zu Hause schmeiße ich Schultasche und Jacke in die Ecke und rufe: »Mum! Ich bin wieder da!«
    Eigentlich ist es ganz normal, seine Mutter »Mum« zu nennen   – für uns aber nicht. Sie war erst 16, als sie mich gekriegt hat, und sie war eigentlich nie alt genug, um Mum oder so zu heißen, deshalb war ja auch Gran für mich eher wie eine richtige Mutter. Aber Michelle kann ich sie irgendwie nicht nennen, und Nicki darf ich nicht mehr sagen. Also nenne ich sie Mum, denke an sie als Mum und hoffe bloß, dass sie irgendwann mit dieser Rolle klarkommt. Sie kann es nämlich nicht ausstehen, wenn ich sie so nenne. Sie sagt immer, dabei kommt sie sich alt vor, und verzieht jedes Mal das Gesicht.
    Wie üblich sitzt sie in der Küche und raucht, auf dem weißen Resopaltisch ist überall Asche verstreut. Im Buchladen habe ich die Lokalzeitung gekauft, um sie zu ermuntern, sich Arbeit zu suchen. In der Hoffnung, ihr Interesse zu wecken, schlage ich die Zeitung vor ihr auf.
    »Guck mal, da gibt’s ein paar Angebote für Bürokauffrauen und zwei für Chefsekretärinnen. Willst du dich nicht mal bewerben?«
    Sie schaut zwar hin, schüttelt aber den Kopf. »Weiß |45| nicht. Was soll ich denn in den Lebenslauf schreiben? Und was ist mit Zeugnissen?«
    Wo ist der blöde Doug, wenn man ihn mal braucht? Er soll uns doch bestimmt in solchen Dingen behilflich sein. Ich mache mir Sorgen, dass das Geld, das wir von der Polizei bekommen, irgendwann aufgebraucht ist, und wenn Mum keine Arbeit hat und ich keine Zeitungstour   – wovon sollen wir dann leben?
    »Mum, die Polizei beschafft dir bestimmt gefälschte Zeugnisse und was man sonst so braucht. Ich glaube, Doug hat sogar was in der Richtung gesagt. Heb die Zeitung einfach auf und zeig sie ihm, wenn er wiederkommt.«
    Ich reiße die Seite mit den Stellenangeboten raus und sie nimmt sie wenigstens und legt sie in die Schublade. Als ich die Zeitung zusammenfalte, fällt mein Blick auf die Rückseite. Nicht zu fassen! Dort ist ein großes Foto von Ellie, die in die Kamera

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