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Meditation

Meditation

Titel: Meditation
Autoren: Ajahn Brahm
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genau zu betrachten. Wenn wir das versäumen, bleiben wir unter der Fuchtel von Begehren, Übelwollen, Schuldgefühlen und anderen Verunreinigungen und ziehen uns immer mehr Schmerzen und Verletzungen zu. Auf die gleiche Weise finden wir Freiheit, Frieden und Glück in der Meditation, alles hängt davon ab, dass wir wirklich loslassen und den Geist zur Ruhe bringen.
    Die Pyramide
    Zu den Rezitationen im Rahmen der Ordinationszeremonie für Mönche und Nonnen gehört eine Passage aus den Suttas, die in den Worten des Buddha besagt, dass Samadhi umso nutzbringender und fruchtbarer ist, je mehr ihn die Kraft eines reinen Lebenswandels unterstützt (DN 16,1,12). Das heißt wohl, dass der Samadhi schwach bleibt, solange wir die Verunreinigungen nicht beherrschen und uns nicht auf rechtes Handeln festgelegt haben. Die Leute fragen sich oft, wie man beim Meditieren den Atem verfolgt, was man beim Auftauchen eines Nimittas tut, wie mit diesem oder jenem technischen Aspekt der Meditation umzugehen ist – aber was eigentlich der Antrieb des Samadhi ist, das wird selten gefragt. Man vergisst leicht, wie wichtig Sittlichkeit und Selbstbeherrschung für das Erlangen des Samadhi sind.
    Im Tayana-Sutta (SN 2,8) heißt es, Einheit des Geistes oder Samadhi sei nicht zu erreichen, solange man sich nicht von den fünf Sinnen und dem sinnlichen Verlangen gelöst hat. Das ist sehr wichtig. Wir wissen, dass die Welt der fünf Sinne ihrer Natur nach leidvoll und zwangsläufig mit Schwierigkeiten behaftet ist. Bei meiner Arbeit für das Kloster oder als Leiter des Sangha weiß ich, dass sie leidvoll sein wird, weil sie eben in der Welt des Sehens, Hörens, Riechens, Schmeckens und Berührens stattfindet. Es kostet eine Menge Einsatz, alles in Gang zu halten, ich rechne nicht damit, dass alles glattgeht, nur weil ich der Verantwortliche bin. In der Welt der fünf Sinne entgehst du einfach nicht dem Leiden, und folglich gibt es nur eine Lösung: Lass ab von ihr. Bei der Meditation – also dem, was zum Samadhi führt – geht es einzig und allein darum, die fünf Sinne ruhigzustellen und im Geist Frieden zu schaffen. Nur vom Frieden und der Stille des Loslassens her gewinnt man ein wirklichkeitsgetreues Bild der Welt.
    Als junger Mann habe ich Mittelamerika bereist. Ich habe mich durch den Dschungel der Halbinsel Yucatan geschlagen und dann eine der alten Maya-Pyramiden bestiegen. Da hatte ich nach Tagen, an denen ich immer nur meine unmittelbare Umgebung sehen konnte, zum ersten Mal einen Überblick. Das ist ein schönes Bild für das, was bei der Meditation geschieht. Wenn ihr einen richtigen Samadhi -Zustand erreicht, wird der Geist so klar, dass ihr zum ersten Mal ein Gesamtbild der Welt bekommt, in der ihr euch abgerackert habt.
    Das ist ein wichtiger Aspekt der Weisheit – aus eurem gewohnten Ich herauszutreten und von dieser neuen Warte aus einzuschätzen, was ihr eigentlich die ganze Zeit gemacht habt. Dann seht ihr, dass ihr oft nicht so weise wart, wie ihr dachtet. Ihr wolltet etwas Gutes in der Welt tun, aber oft genug habt ihr dabei euch und anderen geschadet. Auf meinem Weg durch den Dschungel konnte ich nicht sehen, wohin ich überhaupt lief, und es war eine ziemliche Schinderei. Als ich dann oben auf der Pyramide stand, sah ich sofort, wo die kürzesten und leichtesten Anmarschwege und Zugänge waren. So geht es euch, wenn ihr tiefere Meditationserfahrungen macht: Ihr versteht, was es mit der Welt auf sich hat, ihr erkennt den Weg durch den Dschungel des Lebens, der am meisten Frieden verspricht und nicht so voller Schwierigkeiten ist.
    Wer klar sieht, erwartet nichts mehr vom Leben, was es einfach nicht liefern kann. So definiere ich Leiden: etwas vom Leben erwarten, was es nicht bieten kann. Wer zu viel vom Leben haben möchte, der leidet. Er selbst ruft seine Leiden mit seinen Erwartungen hervor. Wenn ihr seht, wie begrenzt das Leben ist und wie begrenzt eure Fähigkeiten sind, dann ist euch klar, dass ihr euch allenfalls bemühen könnt, etwas Nützliches zu tun und anderen möglichst wenig Schaden zuzufügen. Und eure Absichten mögen noch so gut sein, irgendwann geht euch doch einmal etwas daneben. So ist das Leben einfach, da kann man nichts machen. Ein klarer und kluger Blick für die Welt ringsum hat etwas damit zu tun, dass man die Dinge sieht, wie sie sind: Im Dschungel geschieht einfach Schädliches und Leidvolles. Wir alle tragen Alter, Krankheit und Tod in uns, auch wenn jetzt vielleicht noch nicht viel davon zu
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