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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus
Autoren: Noah Gordon
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an Malcolms Brust und hörte ein rasselndes Geräusch.
    »Eure Lunge ist voller Flüssigkeit. Kommt einmal am Morgen in meine Apotheke. Ich werde zwischen zwei Rippen ein kleines Loch bohren und Wasser abzapfen, jedesmal ein wenig. Inzwischen werde ich mir auch Euren Harn ansehen und die Entwicklung der Krankheit beobachten. Ich werde Euch auch Ausräucherungen und eine Diät verschreiben, um Euren Körper auszutrocknen.« An diesem Abend sagte Mary lächelnd zu ihm: »Du hast den alten Malcolm behext. Er erzählt jedem, daß du magische Heilkräfte besitzt.«
    »Ich habe noch nichts für ihn getan.«
    Am nächsten Tag blieb er der einzige in der Apotheke. Weder Malcolm noch sonst jemand war erschienen. Auch am nächsten Morgen nicht. Als er sich darüber beklagte, schüttelte Mary den Kopf. »Sie werden erst kommen, wenn die Lammzeit zu Ende ist, das ist ihre Art.« Es stimmte. Noch weitere zehn Tage lang kam niemand. Dann während der ruhigen Zeit zwischen dem Lammen und dem Scheren öffnete er eines Morgens die Tür zu seiner Apotheke, und alle Bänke waren mit Kranken besetzt. Der alte Malcolm wünschte ihm einen schönen Tag.
    Von nun an kamen sie pünktlich jeden Morgen, denn in den Schluchten und Tälern zwischen den Hügeln verbreitete sich rasch die Kunde, daß Mary Cullens Mann ein wirklicher Heiler war. Es hatte in Kilmarnock noch nie einen Medicus gegeben, und er erkannte, daß er Jahre brauchen würde, um die Selbstbehandlungen abzustellen. Außerdem brachten sie ihre kranken Tiere mit, oder wenn ihnen das nicht möglich war, holten sie ihn unbekümmert in ihre Schuppen. So lernte er die Fußfäule und die Maulseuche der Schafe sehr genau kennen.
    Wenn sich die Gelegenheit ergab, sezierte er eine Kuh und einige Schafe, um zu wissen, was er tat. Er stellte fest, daß sie anders aussahen als Schweine und Menschen.
    Im Dunkel ihres Schlafzimmers, wo sie die Nächte damit verbrachten, ein weiteres Kind zu zeugen, dankte er ihr für die Einrichtung der Apotheke, denn er hatte erfahren, daß diese das erste gewesen war, was sie bei ihrer Rückkehr nach Kilmarnock in Angriff genommen hatte. Sie beugte sich über ihn. »Wie lange würdest du ohne deine Arbeit bei mir bleiben, Medicus?« In ihren Worten lag kein Stachel, und sie küßte ihn, kaum daß sie sie ausgesprochen hatte.

Ein Versprechen wird eingelöst
    Rob nahm seine Söhne mit in den Wald und in die Hügel, wo er die Pflanzen und Krauter ausfindig machte, die er benötigte. Sie sammelten zu dritt die heilkräftigen Pflanzen, brachten sie nach Hause, trockneten sie und verrieben manche zu Pulver. Er unterrichtete seine Söhne sorgfältig, zeigte ihnen jedes Blatt und jede Blume. Er erzählte ihnen von den Krautern: welche gegen Kopfschmerzen und welche gegen Krämpfe verwendet wurden, welche bei Fieber und welche bei Katarrh, welche bei Nasenbluten und welche bei Frostbeulen, welche bei Halsentzündung und welche bei Knochenschmerzen angezeigt waren.
    Craig Cullen war ein Löffelmacher und verwendete seine Fertigkeit auch dafür, Holzschachteln herzustellen, in denen Arzneikräuter sicher und trocken aufbewahrt werden konnten. Die Schachteln waren wie Craigs Löffel mit geschnitzten Elfen, Kobolden und wilden Geschöpfen aller Art verziert. Als Rob sie sah, kam er auf die Idee, einige der Figuren zu zeichnen, aus denen das Spiel des Schah bestanden hatte.
    »Könntet Ihr so etwas anfertigen?« Craig blickte ihn belustigt an. »Warum nicht?«
    Rob zeichnete jede Figur und das Schachbrett. Mit sehr wenig Anleitung schnitzte Craig alles, so daß Rob mit Mary jetzt wieder Stunden mit einem Zeitvertreib verbringen konnte, den ihn ein toter Herrscher gelehrt hatte.
    Rob war entschlossen, Gälisch zu lernen. Mary besaß keine Bücher, begann aber, ihn zu unterrichten, und fing mit dem aus achtzehn Buchstaben bestehenden Alphabet an. Inzwischen wußte er, wie man vorgehen mußte, um eine fremde Sprache zu lernen, und er arbeitete während des ganzen Sommers und Herbstes, so daß er zu Winterbeginn schon kurze Sätze auf gälisch schreiben konnte und zur Belustigung der Schäfer und seiner Söhne auch versuchte, gälisch zu sprechen. Wie sie erwartet hatten, war der Winter hart. Die bitterste Kälte setzte kurz vor Lichtmeß im Februar ein. Die Zeit danach gehörte den Jägern, denn der verschneite Boden half ihnen, Wildbret und Vögel aufzuspüren und Wildkatzen und Wölfe zu erlegen, die die Herden plünderten. Am Abend versammelten sich immer Leute in der
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