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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus
Autoren: Noah Gordon
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sie die Küste entlang weiter nach Norden und legten immer wieder an, um den letzten Fang zu verkaufen, bevor er verderben konnte. Manchmal sah Nee in den Mondnächten einen Schwärm von Fischen, die winzig waren wie Regentropfen und aus dem Wasser sprangen, um einem jagenden Heringsschwarm zu entkommen. Dann warfen sie das Netz aus und schleppten es den Mondscheinstreifen entlang, um anschließend das Geschenk des Meeres einzuholen. Nee lächelte oft und sagte zu Aldus, daß Jonsson ihnen Glück gebracht habe. Wenn sie jetzt am Abend in einen Hafen einliefen, spendierte Nee seiner Besatzung Ale und eine warme Mahlzeit, und sie blieben bis spät auf und sangen. Zu den neuen Kenntnissen, die Rob sich als Seemann erwarb, gehörten auch etliche unanständige Lieder. »Du würdest einen guten Fischer abgeben«, lobte ihn Nee. »Wir werden fünf, sechs Tage in Eyemouth bleiben und die Netze ausbessern. Dann kehren wir nach Middlesborough zurück, denn das ist unsere Strecke, wir pendeln zwischen Middlesborough und Eyemouth und fangen Heringe. Möchtest du nicht bei uns bleiben?« Rob dankte ihm herzlich, sagte aber, er müsse sie in Eyemouth verlassen.
    Wenige Tage später kamen sie dort an, sie legten in dem überfüllten, hübschen Hafen an, und Nee zahlte Rob mit ein paar Münzen und einem Schlag auf den Rücken aus. Als Rob erwähnte, daß er ein Pferd brauche, führte ihn Nee durch die Stadt zu einem ehrlichen Händler, der ihm zwei seiner Pferde empfahl, eine Stute und einen Wallach. Die Stute war bei weitem hübscher. »Ich hatte einmal Glück mit einem Wallach«, sagte jedoch Rob und beschloß, es wieder mit einem Wallach zu versuchen. Dieser war kein Araber, sondern ein unansehnliches englisches Pferd mit kurzen, zotteligen Beinen und einer verfilzten Mähne. Er war zwei Jahre alt, kräftig und lebhaft. Rob befestigte seinen Packen hinter dem Sattel, schwang sich auf das Tier und verabschiedete sich von Nee. »Ich wünsche dir einen reichen Fang.«
    »Geh mit Gott, Jonsson«, sagte Nee.

    Der drahtige Wallach bereitete Rob Freude. Er war leistungsfähiger, als er aussah, und Rob beschloß, ihn Al Borak zu nennen, nach dem Pferd, das dem muselmanischen Glauben zufolge Mohammed von der Erde in den siebten Himmel getragen hatte.
    Solange es warm war, versuchte er jeden Nachmittag bei einem See oder einem Fluß eine Pause einzulegen und Al Borak zu baden. Er bearbeitete die verfilzte Mähne mit den Fingern und bedauerte, daß er keinen kräftigen Holzkamm besaß. Das Pferd war unermüdlich, und die Straßen waren trocken, weshalb sie rascher vorankamen.
    Rob folgte fünf Tage lang dem Tweed, dann bog der Fluß nach Süden ab, während Rob sich nach Norden wandte. Hier gab es nur wenige, weit voneinander entfernte Bauernhöfe. Bei manchen handelte es sich um ausgedehnte Besitzungen, andere waren bescheidene Katen. Fast alle aber waren gut instand gehalten, und die schöne Ordnung, in der sie sich befanden, konnte nur durch harte Arbeit erreicht werden.
    Es war ein Gebiet, das den Menschen zwar gefallen mochte, eigentlich aber für Schafe und Kühe bestimmt war.
    Während die Hügelkuppen meist kahl waren, bestanden die unteren Hänge aus saftigem Weideland. Alle Schäfer hielten hier Hunde, die Rob bald fürchten lernte. Eine halbe Tagesreise hinter Cumnock bat er in einem Bauernhof um die Erlaubnis, in dieser Nacht im Heu schlafen zu dürfen, und er erfuhr, daß am vorhergehenden Tag ein Hund der Bauersfrau eine Brust abgerissen hatte.
    »Gott sei gelobt!« flüsterte ihr Mann, als Rob erklärte, daß er Medicus sei.
    Die Patientin war eine kräftige Frau mit erwachsenen Kindern und schien vor Schmerzen ganz außer sich zu sein. Es mußte sich um einen wilden Angriff gehandelt haben, denn sie sah aus, als wäre sie von einem Löwen gebissen worden. »Wo ist der Hund?«
    »Den Hund gibt es nicht mehr«, knurrte der Mann grimmig. Sie zwangen die Frau, Kornschnaps zu trinken. Er nahm ihr zwar den Atem, half ihr aber, als Rob das zerrissene Fleisch zurechtstutzte und die Wunde nähte. Er nahm an, daß sie auch ohne ihn überlebt hätte, aber es ging ihr dank seiner Hilfe zweifellos besser. Er hätte sie einen oder zwei Tage beobachten müssen, blieb aber eine Woche, bis ihm eines Morgens klar wurde, daß er nicht weiterzog, weil Kilmarnock nahe war und er Angst davor hatte, am Ende seiner Reise anzulangen. Er sagte dem Mann, wohin er reisen wollte, und der Mann zeigte ihm den besten Weg.
    Zwei Tage später dachte er
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