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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus
Autoren: Noah Gordon
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Halle vor dem großen Kaminfeuer. Craig schnitzte, andere flickten Zaumzeug oder befaßten sich mit anderen häuslichen Arbeiten, die man in Gesellschaft und im Warmen besorgen konnte. Manchmal spielte Ostric auf seinem Dudelsack. In Kilmarnock wurde ein berühmter Wollstoff hergestellt, und sie färbten ihre beste Schurwolle in den Farben des Heidekrauts, indem sie mit von den Felsen gepflückten Flechten eine Lauge herstellten und die Wolle in ihr einweichten. Jeder webte in seinem Haus, doch kamen sie zum Walken, dem Einlaufenlassen des Stoffs, in der Halle zusammen. Der nasse Stoff, der in Seifenwasser getaucht worden war, wurde um den Tisch weitergereicht, und jede Frau klopfte und neb ihn. Dabei sangen sie Walklieder, und Rob fand, daß die Frauenstimmen und Ostrics Dudelsack einen einzigartigen Klang ergaben.

    Die nächste Kapelle erreichte man erst nach einem dreistündigen Ritt, und Rob hatte daher angenommen, daß er Priestern leicht aus dem Weg gehen konnte. Doch während seines zweiten Frühjahres in Kilmarnock tauchte eines Tages ein kleiner dicker Mann auf, der müde lächelte.
    »Pater Domhnall! Es ist Pater Domhnall!« rief Mary und eilte ihm entgegen.
    Die Leute drängten sich um ihn und begrüßten ihn herzlich. Er widmete jedem ein wenig Zeit, stellte lächelnd eine Frage, tätschelte einen Arm, ließ ein ermutigendes Wort fallen - wie ein guter Grundherr, der zwischen seinen Bauern herumgeht, dachte Rob. Pater Domhnall trat zu ihm und musterte ihn. »Ihr seid also Mary Cullens Mann.«
    »Ja.«
    Rob hatte weitere Fragen erwartet, bemerkte aber, daß es die Art dieses Priesters war, aufmerksam zuzuhören und;zu warten, eine nützliche Eigenschaft, die ihn zu einem gefährlichen Gegner machen würde, falls Rob ihm das Spiel des Schahs beibrachte. »Mary und ich sind nicht kirchlich getraut. Wißt Ihr das?«
    »Ich hatte so etwas läuten hören.«
    »Wir waren all diese Jahre wirklich verheiratet. Aber es war eine mit einem Handschlag besiegelte Ehe.«
    Domhnall knurrte.
    Rob erzählte dem Geistlichen ihre Geschichte. Er ließ nichts aus und verharmloste auch die Schwierigkeiten in London nicht. »Ich möchte, daß Ihr uns traut, muß Euch aber darauf aufmerksam machen, daß ich vielleicht exkommuniziert bin.«
    »Mann, Mann, was haben Eure Befürchtungen mit Jesus Christus zu schaffen? Ich wurde in Prestwick geboren. Seit meiner Priesterweihe habe ich diese Pfarrgemeinde in den Bergen nicht verlassen. Und ich werde noch immer hier Pastor sein, wenn ich sterbe. Außer Euch habe ich in meinem ganzen Leben niemals jemanden aus London oder aus Worcester getroffen. Ich habe nie eine Botschaft von einem Erzbischof oder von Seiner Heiligkeit erhalten, sondern nur von Jesus. Könnt Ihr wirklich glauben, daß es der Wille des Herrn ist, daß ich aus Euch vieren keine christliche Familie mache?«
    Rob schüttelte lächelnd den Kopf.
    Die Söhne erinnerten sich ihr Leben lang an die Hochzeit ihrer Eltern und schilderten sie noch ihren eigenen Enkeln. Die Hochzeitsmesse in der Cullen-Halle war bescheiden und still. Mary trug ein Kleid aus leichtem, grauem Stoff, eine Silberbrosche und einen mit Silber besetzten Rehledergürtel. Sie war eine ruhige Braut, aber ihre Augen glänzten, als Pater Domhnall erklärte, daß sie und ihre Kinder nun für immer unter dem unverbrüchlichen Schutz der Kirche mit Robert Jeremy Cole verbunden seien.
    Danach schickte Mary Einladungen an alle ihre Verwandten, damit sie ihren Ehemann kennenlernten. An dem festgesetzten Tag kamen die MacPhees von Westen durch die niedrigen Hügel, und die Tedders überquerten den großen Fluß und kamen durch die Schlucht nach Kilmarnock. Sie brachten Hochzeitsgeschenke, Obstkuchen, Wildpasteten, Fässer mit starken Getränken und die großen Fleisch-und-Hafer-Puddinge mit, die sie so liebten.
    Bei der Feier wurden ein Ochse, ein Stier, acht Schafe, ein Dutzend Lämmer sowie eine Menge Geflügel auf sich langsam drehenden Spießen über dem offenen Feuer gebraten. Harfen, Dudelsäcke, Violen und Trompeten spielten auf, und Mary stimmte ein, wenn die Frauen sangen. Den ganzen Nachmittag über lernte Rob während der sportlichen Wettkämpfe neue Cullens, Tedders und MacPhees kennen. Manche bewunderte er sofort, andere nicht. Er versuchte gar nicht erst, die Vettern genauer unter die Lupe zu nehmen; sie waren zu zahlreich. Viele Männer betranken sich, und manche versuchten, den Bräutigam zu nötigen, es ihnen gleichzutun. Aber er brachte nur
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