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Meagan McKinney

Meagan McKinney

Titel: Meagan McKinney
Autoren: VA1 - Der Gigant und die Lady
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ausschließen. Lasterhaft. Sie haßte es, über dieses Wort nachzudenken, doch es folgte ihr wie ein
Schatten, der noch blieb, wenn die Sonne schon untergangen war. Vor langer,
langer Zeit, als sie ein Leben lebte, an das sie sich kaum noch erinnern
konnte, hätte ein Wort wie Laster niemals Platz in ihrem Vokabular
gehabt. Wörter wie diese existierten im Familienwortschatz nicht. In jener Welt
blieb das Laster stets unübersetzt und unerklärt.Für ein junges,
wohlerzogenes Knickerbockermädchen 2 war ein solcher Ausdruck so bedeutungslos und unverständlich wie etwas auf
Gälisch – eine Sprache, die auf Miss Bailey's Konservatorium für Junge Damen ganz
gewiß nicht gelehrt wurde. Diese exklusive Mädchenschule in der Fifth Avenue.
die ihr vom Schicksal bestimmt gewesen war, hätte ihr derartige Begriffe nicht
beigebracht.
    Aber das
Schicksal war plötzlich aus den Gleisen gesprungen, und nun war sie hier in
Wyoming und führte ein Leben, wie sie es sich niemals hätte vorstellen können.
Und sie verstand nur zu gut. was Laster bedeuten sollte. Sie hatte drei
qualvolle Jahre damit verbracht, seinen Klauen zu entgehen.
    »Wir
sollten auch draußen auf den Gäulen reiten, Pa. Wegen der Sioux ... man weiß
nie. wann die angreifen!« Der Junge sah seinen Vater an. der versuchte, unter
seinem tiefgezogenen Hut zu schlafen.
    »Du bis'
jetzt 'n Gentleman. Pete. Wir ham Geld. Wir reiten nich' mehr auf Gäulen
nebenher. Wenn wir ers'ma' in St. Louie sind. kaufen wir uns Klamotten und benehmen
uns wie echte feine Herr'n.«
    »Wir ham
aber keine Eskorte. Nur der Kutscher und 'n Kerl mit'm Gewehr. Was is'. wenn
die Sioux uns anhalten? Das hier is' ihr Gebiet. Und die Cheyenne – jeder weiß
doch, wie stinkig die im Moment sind!«
    »Noble is'
nur noch 'n Katzensprung entfernt. Die brauchen dich nich'. Pete. Dafür ham wir
se ja teuer bezahlt. Und was willste machen. wenn wir in den Zug in St. Louie
einsteigen? Willste schieben?«
    »Ohhh, Pa!«
stöhnte der Junge. Er warf einen verlegenen Blick in Christals Richtung. war
offensichtlich glücklich über ihren Schleier und wandte sich dann dem Fenster
zu um seinen Beobachtungsposten wieder aufzunehmen.
    Indianer. Jedesmal wenn
jemand das Wort erwähnte, richteten sich ihre Nackenhaare auf. Auf ih ren
letzten Fahrten hatte sie grausige Geschichten über die Kootenai, die Flathead,
die Shoshone und die Blackfoot Indianer gehört. Die Geschichten waren
schrecklich genug, um ihr Alpträume zu verschaffen. Aber Alpträume waren nicht
so schlimm, wenn man selbst in einem lebte. Sie hatte keine Angst vor
Indianern.
    In diesem
Moment hielt die Kutsche an.
    Im ersten
Augenblick wußte keiner, was geschehen sein konnte. Es gab nichts außer Stille,
eine Art schweigende Erstarrung, die nur den Geruch der Angst ausströmte. Dann
war das Geräusch von Stiefeln auf dem Dach zu hören, doch Christal begriff,
daß es nur der Mann mit dem Gewehr war, der sein Gewicht verlagerte.
    »Warum
haben wir angehalten?« fragte Mr. Glassie, umklammerte seine kleine Kommode
und blickte sich um, als wüßte ein anderer in der Kutsche die Antwort.
    »In Dry
Fork soll'n wir gar nich' halten.« Der grauhaarige Mann runzelte die Stirn und
steckte dann seinen Kopf aus dem Fenster. Er öffnete den Mund, um dem Kutscher
etwas zuzurufen, doch aus irgendeinem Grund blieben ihm die Worte im Halse
stecken. Als er seinen Kopf wieder hineinzog, hatte er den Lauf einer Flinte
direkt vor der Nase.
    Christal
packte ihre Börse so fest, daß die Knöchel weiß hervortraten. Plötzlich schoßen
ihr all die Geschichten über Indianer und Outlaws in den Sinn, so daß sie wie
gelähmt dasaß. Ihr Mund wurde trocken. Durch ihren Schleier hindurch sah sie
den Prediger seine Bibel zuschlagen, während sein Gesicht vom ernüchterten
Schock gekennzeichnet war. Der Junge wirkte, als wäre er verrückt genug, sich
denjenigen vorzunehmen,
der seinem Vater die Waffe unter die Nase hielt. Sie hörte, wie draußen die
Pferde unruhig aufstampften. Eine Sekunde später ertönte über ihnen auf dem
Kutschdach ein schlurfendes Geräusch. Dann knallte ein Gewehr zu Boden.
    Eine Hand,
kräftig, weiß und ganz und gar nicht indianisch griff in die Kutsche und
öffnete den Riegel. Christal drückte sich ängstlich in ihren Sitz. Dann wurde
ein abgenutzter Stiefel auf die Schwelle gestellt, und sein Besitzer lehnte
sich hinein, wobei er sich auf dem Knie abstützte. »Schönen guten Tag,
Leutchen.« Der Mann grinste und entblößte eine Reihe
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