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Mea culpa

Mea culpa

Titel: Mea culpa
Autoren: Anne Holt
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begnügen, die Hervé besorgt hat, sie ist wässrig und haftet nicht richtig. Es fällt mir schwer, zu begründen, warum ich darin Arbeit und Geld investiere; meine Abreise rückt bedrohlich näher, der Klemmbrettmann war wieder hier, und diesmal versuchte er nicht mehr zu flirten. Er hatte jede Menge Papiere bei sich, die ich ausfüllen musste, für den Fall, dass ich noch hier bleiben wollte, und strahlte Misstrauen aus, als ich ihn nach den Chancen fragte, einen solchen Antrag bewilligt zu bekommen. Sie glauben mir nicht, wenn ich sage, dass ich eine Arbeit habe, die ich überall auf der Welt verrichten kann; vielleicht sehe ich nicht aus wie Mark Twain, der Mann, der Mauritius als Gottes Modell für das Paradies bezeichnet hat; meinem Aussehen fehlt die schriftstellerische Glaubwürdigkeit, hier jedenfalls.
    Anfangs will Petter unbedingt helfen, aber es ist harte Arbeit, der Pinsel ist grob und groß, und der Kampf mit der unverputzten Mauer zehrt an den Kräften. Also veranstaltet er mit einem der hässlichen Hunde ein Wettrennen um den Bungalow; er lärmt und versucht, mich so sehr zu stören, dass ich mit dem Unfug aufhöre.
    Der Abend nähert sich, und Asha bringt Früchte. Jetzt erledigt sie fast alle Einkäufe für mich, und sie kauft gesunde Dinge, Gemüse, Nudeln und Reis, Fisch und starke Gewürze. Ich habe noch immer keine Ahnung, wovon sie lebt. Ich bezahle sie zwar recht gut, dachte bisher jedoch, sie habe noch weitere Jobs, helfe nicht nur bei mir aus, aber in letzter Zeit, seit unserer Versöhnung, verbringt sie hier so viel Zeit, dass ich das eigentlich nicht mehr glauben kann.
    Petter deckt den Tisch. Er ist flink, geschickt, und in einer Woche wird er acht. Ich habe ein Boot für ihn gekauft, eine kleine, gebrauchte und abgenutzte Jolle, aber sie hat einen Außenbordmotor, und eigentlich habe ich gar nicht genug Geld für ein solches Geschenk. Nicht, solange ich meine Zeit mit dem Versuch verbringe, eine verworrene Vergangenheit zu entwirren, statt dem Verlag etwas zu schicken, das ich zu Geld machen könnte.
    Asha will offenbar nicht gehen. Das wird immer deutlicher; wir haben schon längst gegessen, und streng genommen hätte Petter schon vor einer Stunde im Bett sein müssen. Ich wage nicht, zu fragen; ich habe versucht, mir nichts anmerken zu lassen, seit dem Moment, als sie mir mit strahlendem Blick anvertraut hat, dass Petter gestohlen ist. Noch immer frage ich mich, ob ich mich da verhört haben kann, aber ich glaube es nicht. Unsere Gespräche waren jetzt lange ungefährlich, nett, nicht zurückhaltend, aber definitiv nicht gefährlich.
    »Kann Pierrot hier schlafen? Könnten wir noch ein wenig bleiben?«
    Endlich.
    »Natürlich.«
    Der Junge ist überglücklich, er hat eine Zahnbürste und eine Schlafanzughose bei mir liegen, und ich lese ihm zwei Kapitel aus Virre und der geheimnisvolle Babysitter vor, ehe ich das Licht ausknipsen darf.
    Asha lehnt ein Glas Wein ab, sie trinkt offenbar nicht, es scheint sie aber nicht zu stören, dass ich mir ein Glas genehmige; sie trinkt eine Tasse selbstgekochten Kaffee, süßen Kaffee – es gefällt mir gar nicht, dass sie meine Kaffeekanne zuckert, es bleibt immer etwas Süßes hängen, das meinen eigenen Kaffee verändert, aber ich sage nichts, und wir gehen zum Strand hinunter, lassen die Tür hinter uns offen stehen.
    Ich habe zwei Strandkörbe. Sie sind verschlissen, erfüllen aber ihren Zweck, Petter hatte sie angeschleppt, stolz wie ein Hahn. Ich habe nicht gefragt, woher er sie hatte, und sie sind abends zu meinem festen Aufenthaltsort geworden, spät, in der Stunde vor Mitternacht, wenn die leichte Kühle vom Meer herüberkriecht, vom Indischen Ozean, dem wunderschönen grünen Meer, das im Laufe dieser Monate irgendwie auch mein Meer geworden ist.
    »Du hast mir keine Frage gestellt«, sagt Asha.
    »Nein … das ist ein wenig  …«
    »Ich möchte dir davon erzählen. Du kannst meine Richterin sein. Du kannst entscheiden, ob ich richtig oder falsch gehandelt habe. Nicht, dass es etwas für mich ändern würde – ich weiß, dass es richtig war, aber es wäre gut, zu hören, wie andere sich verhalten hätten.«
    »Man kann nicht über andere urteilen«, sage ich. »Es ist unmöglich, sich wirklich in die Geschichte anderer Menschen hineinzuversetzen, in ihre Beweggründe, in ihr Leben und in die Hintergründe für ihre Entscheidungen. Du brauchst mir gar nichts zu erzählen.«
    Etwas an ihrer Geschichte stößt mich ab, auch wenn ich sie
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