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Max Weber: Ein Leben zwischen den Epochen (German Edition)

Max Weber: Ein Leben zwischen den Epochen (German Edition)

Titel: Max Weber: Ein Leben zwischen den Epochen (German Edition)
Autoren: Jürgen Kaube
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des Heidelberger Lazaretts im Januar 1915 , sei als Krankenschwester aufgrund seiner ehrlichen Begeisterung, seiner Sentimentalität und seines unbewussten Sensationsbedürfnisses «nicht selten der Gefahr erheblicher Entgleisungen ausgesetzt» und verweichliche die Patienten. Er selbst bedauerte sehr, nicht mehr «marschfähig» zu sein.
    Jugend ohne Gott, aber voller Götterverehrung: Die vom Weltanschauungs-Verleger Eugen Diederichs im Mai 1917 ausgerichtete erste Tagung auf der thüringischen Burg Lauenstein führte Max Weber (links) unter anderem mit dem jungen Kriegsteilnehmer und Schriftsteller Ernst Toller (Mitte) zusammen, der kurz darauf zur Führungsspitze im «Mummenschanz» (Max Weber) der Münchner Räterepublik gehören sollte.
    Der Wert des erotischen Lebens, sagte sie, sei Schönheit: Zuerst war sie Max Webers Doktorandin, damals lag ihr halb Heidelberg zu Füßen, sie wurde badische Fabrikinspektorin, die Frau seines Kollegen Edgar Jaffé, Max Weber belehrte sie über ihre Liebesmoral und den «Konfusionsrat» Otto Gross, mit dem sie sich eingelassen hatte, er brach mit ihr, sie wurde die Geliebte seines Bruders Alfred und schließlich die seine: Else Jaffé-von Richthofen ( 1874 – 1973 ).
    Der Ministerpräsident der bayerischen Räterepublik, Kurt Eisner (Bildmitte, zusammen mit seiner Frau Else), bei einer Münchner Demonstration im Jahr 1919 ; wenige Wochen später wurde er ermordet. Sobald sein Name fiel, konnte Max Weber kaum an sich halten vor Zorn über dessen Hang zur demagogischen Moralisierung der Politik, insbesondere in der Frage nach den Kriegsursachen.
    Ego, Alter und Alter Ego: Max Weber um 1917 , mit dreiundfünfzig Jahren: Er, der von sich damals sagt, niemals richtig jung gewesen zu sein, holt durch Else Jaffé etwas von seiner Jugend nach und kommt sich doch zugleich als alter Mann vor.
    «Der Bauer konnte ‹lebenssatt› sterben wie Abraham. Der feudale Grundherr und Kriegsheld auch. Denn beide erfüllten einen Kreislauf ihres Seins, über den sie nicht hinausgriffen», schreibt Max Weber in der «Zwischenbetrachtung» seines Werkes über die Weltreligionen, «aber der nach Selbstvervollkommnung im Sinne der Aneignung oder Schaffung von ‹Kulturinhalten› strebende ‹gebildete› Mensch nicht. Er konnte zwar ‹lebensmüde›, aber nicht im Sinne der Vollendung eines Kreislaufs ‹lebenssatt› werden. Denn seine Perfektibilität ging ja prinzipiell ebenso ins Schrankenlose wie diejenige der Kulturgüter.» Max Weber auf dem Totenbett.

Über Jürgen Kaube
    Jürgen Kaube, geboren 1962, lehrte zunächst selbst als Soziologe, u.a. an der Universität Bielefeld, bevor er 1999 in die Redaktion der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» eintrat. Seit 2008 leitet er dort das Ressort Geisteswissenschaften, seit 2012 ist er stellvertretender Feuilletonchef. Ebenfalls 2012 wurde er vom «medium magazin» als Journalist des Jahres im Bereich Wissenschaft ausgezeichnet.

Über dieses Buch
    Bereits als Dreizehnjähriger studiert er die Werke Machiavellis und Luthers, mit neunundzwanzig wird er Professor, er ist zeitweise glühender Nationalist und sieht sich als Gesellschaftstourist dennoch gern den American Way of Life an: Max Weber (1864–1920) gehört nicht nur zu den einflussreichsten Denkern der Moderne, sondern ist zugleich eine der schillerndsten, widersprüchlichsten Persönlichkeiten des deutschen Geisteslebens im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Er leidet an der zeittypischen «Nervenkrankheit», arbeitet wie besessen und vollendet dennoch kaum ein Buch; selbst sein Hauptwerk «Wirtschaft und Gesellschaft» erscheint erst posthum. Webers Bedeutung als Soziologe und Volkswirt, Historiker und Jurist ist unumstritten – seine Aufsätze haben Generationen von Akademikern und Politikern beeinflusst, weltweit –, aber was prägte ihn selbst, was trieb ihn an? Als Mensch ist Max Weber bis heute ein Geheimnis geblieben. Jürgen Kaube, einer der renommiertesten deutschen Wissenschaftsjournalisten, versucht in seiner mitreißend geschriebenen, anlässlich des 150. Geburtstags von Max Weber erscheinenden Biographie, dieses rastlose, stets am Rande der Erschöpfung geführte Leben zu ergründen – und entwirft zugleich ein faszinierendes Zeitbild der ersten großen Phase der Moderne.

Impressum
    Anmerkung: Die Seitenzahlen im Register beziehen sich auf die Seitenzahlen der Printausgabe.
    Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, Januar 2014
    Copyright ©
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