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Mathilda, Mathilda! - Drei wie Zimt und Zucker: Band 3 (German Edition)

Mathilda, Mathilda! - Drei wie Zimt und Zucker: Band 3 (German Edition)

Titel: Mathilda, Mathilda! - Drei wie Zimt und Zucker: Band 3 (German Edition)
Autoren: Annette Langen
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lauschte ich. Ob meine französische Patentante Anouk zu Besuch gekommen war? So lecker duftete es nur, wenn sie für uns kochte! Ich lief in die Küche, wo es seltsam still war, und schreckte zurück. Denn neben dem Herd standen Mama und ihr Freund Jan engumschlungen und küssten sich. Und das in dem Alter! Muss das sein? Wie peinlich ist das denn, wenn man die eigene Mutter beim Küssen überrascht? Ich wäre am liebsten im Boden versunken oder hätte laut: ›Es reicht!‹, geschrien.
    Aber obwohl meine Mutter ziemlich beschäftigt war, bemerkte sie mich vor der Küchentür. Sie ließ Jan los, strich hastig ihre Locken zurück und ihre Stimme klang atemlos, als sie sagte: »Das Abendessen ist gleich fertig.« Jan nickte zustimmend und drehte sich zum Herd um, wo er eifrig in der Pfanne rührte, so, als ob nichts passiert wäre!
    Und was tat meine Mutter? Sie strahlte den Rücken ihres Freundes glückselig an und fügte voller Bewunderung hinzu: »Jan hat für uns gekocht. Etwas Schwedisches, Fleischklößchen!«
    Meine Güte, er hatte halt gekocht – und meine Mutter strahlte deswegen so, als ob Jan etwas Weltbewegendes vollbracht hätte. Auf einmal hatte ich überhaupt keine Lust, den beiden Frischverliebten während des Abendessens am Küchentisch gegenüber zu sitzen. So lecker es auch roch. »Danke, aber ich habe Bauchschmerzen und gehe lieber gleich ins Bett«, log ich und lief rasch in mein Zimmer hinauf. Ich ließ mich in mein Bett sacken und fühlte mich schrecklich einsam. Am liebsten hätte ich Papa über Skype angerufen, aber in Hongkong war jetzt schon tiefste Nacht.
    Ich seufzte. Warum konnte ich nicht normale Eltern haben, die zusammen lebten und irgendwo in der Nähe arbeiteten? Gab es die überhaupt noch? Ich überlegte. Zuerst fielen mir lauter Familien ein, die auch geschieden waren. Aber es gab auch Ausnahmen. So, wie die Eltern von Linn und Mats! Die mussten sich noch lieben, denn Frau Quentin erwartete im nächsten Frühjahr das fünfte Kind (was Mats mehr als peinlich war!) und bekam so langsam einen richtigen kugelrunden Babybauch. Oder Philippas Eltern, sie feierten bald schon Silberhochzeit und bewirtschafteten seit Ewigkeiten gemeinsam den Krone-Hof. Wieso musste nur bei meiner Familie alles so kompliziert sein?
    Während ich mich immer einsamer und verlassener fühlte, klapperte unten in der Küche Besteck und der köstliche Duft von gebratenen Fleischklößchen stieg bis ins Dachgeschoss herauf. Und die Fleischklößchen von Jan rochen wirklich noch besser als die bei IKEA . Wo hatte er nur so gut kochen gelernt? Mein Magen knurrte. Aber ich würde auf keinen Fall nach unten gehen. Hungrig durchstreifte ich mein Zimmer und kramte in meiner Schultasche. Darin fand ich zumindest noch einen Apfel, den ich sofort aufaß. Doch mein Magen knurrte weiter, als plötzlich auf der anderen Straßenseite ein Lichtzeichen aufblitzte. So meldete sich immer Mats bei mir. Oder andersherum, ich bei ihm.
    Mats stand gegenüber an seinem Fenster im Dachgeschoss und hielt fragend das Handy in die Luft. Ich nickte. Klar wollte ich mit ihm sprechen. Ein paar Sekunden später klingelte mein Handy.
    »Hi Mathilda«, hörte ich Mats Stimme. Seine Stimme klingt wirklich toll am Telefon, dunkel und so, dass es in meinem Bauch kribbelte. Mats fuhr sich verlegen durch die Haare, räusperte sich und fragte hastig: »Mathilda, sag’s ehrlich: Willst du überhaupt noch über Silvester mit in die Berghütte kommen?«
    »Aber sicher doch! Was dachtest du denn?«, erwiderte ich sofort. Darauf freute ich mich mehr als auf meinen nächsten Geburtstag!
    »Echt?«, fragte Mats, während er vor seinem Fenster auf- und ablief. »Nervt dich nicht der Organisationstick meines Vaters? Ist das nicht krank, wie er alles von Abwaschdiensten bis zur letzten Tube Zahnpasta bis ins letzte Detail geplant hat?« Mats’ Stimme klang immer geladener. »Findest du normal, dass bei uns alles, aber wirklich alles, genau festgelegt ist?« Dann blieb er stehen und sah mich über die Straße hinweg an. »Ich meine, wo du …« Mats stockte, dann stieß er es hervor: »… so eine lässige Familie hast.« Er drehte sich um. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, aber ich wusste, dass er verzweifelt war. Am liebsten hätte ich ihn in den Arm genommen.
    »Hör mal, du Troll«, sagte ich leise und hoffte, Mats würde bemerken, dass ich ihn absichtlich so nannte, wie niemand sonst außer mir. »Ich freue mich total auf die Zeit in der Berghütte.
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