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Maschinenmann: Roman (German Edition)

Maschinenmann: Roman (German Edition)

Titel: Maschinenmann: Roman (German Edition)
Autoren: Max Barry
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Geist den vergangenen Abend Revue passieren. Ich hatte bis spät in die Nacht gearbeitet. Ungefähr um zwei war ich nach Hause gekommen. Hatte ich noch etwas gegessen? Wohl kaum. Ich war zu Bett gegangen und eingeschlafen, ohne das Telefon zu benutzen. Dann traf mich die Erkenntnis: Es ist im Auto. Natürlich, so musste es sein. Schnell drehte ich die Dusche ab. Ich hatte keine Seife benutzt und mir auch nicht die Haare gewaschen, aber allein vom Wasser war ich wahrscheinlich zu achtzig Prozent sauber. Eine passable Quote. Ich wickelte mir ein Handtuch um die Hüften, holte die Schlüssel aus der Küche und taperte aus der Wohnung. Das Treppenhaus war das reinste Kühlhaus. Beim Aufsperren der Tür zur Tiefgarage wäre mir fast das Handtuch heruntergerutscht. Mein Auto stand in der sechsten Parkbucht, und ich sah sofort, dass die Dockingstation leer war. Trotzdem piep-piepte ich den Wagen auf und krabbelte hinein, um zwischen den Sitzen zu suchen. Ich konnte nicht glauben, dass ich den ganzen Weg gefahren war, ohne mein Telefon anzudocken. Oder vielleicht doch. Manchmal ließ ich es in der Tasche und bemerkte es erst, wenn ich nach dem Parken danach griff. Ja, das war schon vorgekommen. Und gestern Abend war ich ziemlich müde gewesen. Unvorstellbar war es nicht.
    Damit konnte mein Telefon überall sein. Einfach überall.
    Ich starrte durch die Windschutzscheibe auf eine Betonmauer, bis es mir allmählich dämmerte. Das Telefon war in der Arbeit. Ich hatte es aus der Tasche gezogen, weil man ins Labor 4 keine elektromagnetischen Geräte mitnehmen durfte. Es lag auf meinem Schreibtisch. Jeder konnte es sich schnappen. Nein, es gab Kameras. Niemand würde mein Telefon stehlen. Vor allem, wenn ich früh erschien. Ich tastete nach dem Handy, um zu sehen, wie spät es war, und stöhnte auf. Es war, als wäre ich blind. Erst als der Schlüssel schon in der Zündung steckte, fiel mir ein, dass ich nur ein Handtuch umhatte. Ich zögerte. Es fiel mir schwer, mich loszureißen, aber schließlich zog ich den Schlüssel wieder heraus. Ich stieg aus und schob das Handtuch zurecht. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte ich die Treppe hinauf.
    Auf dem Weg zur Arbeit umklammerte ich das Steuer mit aller Kraft. Die Sonne knallte durch die Windschutzscheibe und mokierte sich über meinen Pullover. Ich hatte mich zu warm angezogen. An der Stelle, wo ich entscheiden musste, ob ich durch die Hauptstraße oder vorbei am Park fahren sollte, wusste ich nicht, wo weniger Verkehr war. Seit Stunden hatte ich keine Nachrichten mehr gelesen. Möglicherweise war ein Krieg ausgebrochen. Oder es hatte ein Erdbeben gegeben. Zum ersten Mal seit Jahren schaltete ich das Radio ein, und sofort setzte ein lärmender Wortschwall ein: Jemand verkaufte sensationell günstige Teppiche, das Radio war ein hervorragende Werbemedium, und ich hatte die Möglichkeit, im Handumdrehen tausend Dollar zu gewinnen. Fassungslos starrte ich das Ding an und stellte es ab. Ich sehnte mich nach meinem Handy. Nicht einmal, weil ich etwas Besonderes damit machen wollte. Es kam mir nur auf die Möglichkeit an, irgendetwas zu machen. Das Telefon konnte so viel.
    Natürlich war die Hauptstraße völlig verstopft. Hilflos saß ich da und wurde für mein Unwissen mit Zeitverlust bestraft. Schließlich lenkte ich meinen Wagen in den Technologiebezirk und passierte eilig Forschungseinrichtungen und Maschinenfabriken. Ganz am Ende, direkt beim Fluss, lag Better Future: ein achtstöckiger Komplex aus einem halben Dutzend miteinander verbundener Gebäude mit einem breiten Rasen vorn und Stacheldraht überall sonst. Unter der Erde gab es noch weitere Geschosse, was man aber von außen nicht erkennen konnte. An der Schranke rutschte mir die Ausweiskarte aus der Hand, und ich musste aussteigen und sie vom Betonboden aufheben. Als ein Wachmann aus seinem Häuschen schlenderte, wollte ich ihn mit einem Wink zurückscheuchen, weil ich jetzt wirklich keine Unterhaltung gebrauchen konnte.
    Aber er ließ sich nicht abhalten. »Morgen, Sir.«
    »Hab sie.« Ich zog die Karte durch, der Schlagbaum ging hoch.
    »Alles in Ordnung?«
    »Ja, hab nur die Karte fallen lassen.« Ein heißer Wind fegte vorbei. Als ich den Pullover ausziehen wollte, blieb der Ausweis am Ärmel hängen und glitt mir erneut aus den Fingern. Schließlich konnte ich mich befreien.
    Da streckte mir der Wachmann bereits die Karte entgegen. »Heiß heute.«
    Ich musterte ihn. Seine Äußerung klang nach einer Kritik an
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