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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Übernahme des Aufzugs war die Saat der Krise, aber dann, als das terranische Militär ein paar Wochen später am Kabel herunterkam, flammte die Krise überall zugleich auf. An der Küste des Nordmeers auf einer kleinen Auszackung am Ufer von Tempe Terra fiel eine Schar von Landetruppen vom Himmel, unter Fallschirmen baumelnd oder auf fahlen Feuerwölkchen herunterblitzend. Eine ganze neue Kolonie, ein nicht autorisiertes Eindringen von Immigranten. Die Gruppe kam aus Kambodscha. An verschiedenen Plätzen auf dem Planeten kamen andere Länder mit Siedlern aus den Philippinen, Pakistan, Australien, Japan, Venezuela und New York herunter. Die Marsianer wußten nicht, wie sie reagieren sollten. Sie waren eine demilitarisierte Gesellschaft, die keine Ahnung hatte, daß so etwas je passieren konnte und keinen Weg wußte, um sich zu verteidigen. So etwa dachten sie.
    Wieder einmal war es Maya, die sie zum Handeln trieb und das Handy so instrumentalisierte, wie Frank es zu tun pflegte. Sie riefjedermann in der offenen Marskoalition an und viele andere außerdem, um die allgemeine Antwort aus dem Boden zu stampfen. Sie sagte zu Nadia. »Komm, mach schon!« Wieder einmal. Und so verbreitete sich durch die Städte und Dörfer die Kunde, und die Leute gingen auf die Straßen oder bestiegen Züge nach Mangala.
    An der Küste von Tempe stiegen die kambodschanischen Siedler aus ihren Landern und gingen zu den kleinen Schutzräumen, die mit ihnen abgeworfen worden waren, genau wie es die Ersten Hundert vor zwei Jahrhunderten gemacht hatten. Und aus den Bergen kamen Leute mit Pelzen und mit Pfeilen und Bogen. Sie hatten die roten Eckzähne der Roten, und ihr Haar war in Knoten auf dem Kopf verschlungen. Sie sagten zu den Siedlern, die sich vor einem ihrer Schutzräume versammelt hatten: Hier, laßt uns euch helfen. Legt diese Waffen nieder. Wir werden euch zeigen, wo ihr bleiben könnt. Ihr braucht keine solchen Schutzräume. Das ist eine alte Konstruktion. Dieser Hügel, den ihr da im Westen seht, ist der Krater Perepelkin. Auf seinem Ausläufer gibt es schon Apfel- und Kirschbaumhaine. Ihr könnt nehmen, was ihr braucht. Schaut, hier sind die Pläne für ein Scheibenhaus. Das ist für diese Küste die beste Konstruktion. Dann werdet ihr eine Marina brauchen und etliche Fischerboote. Wenn ihr uns euren Hafen benutzen laßt, werden wir euch zeigen, wo die Trüffel wachsen. Jawohl, ein Scheibenhaus nach Sattelmeier. Es ist angenehm, in der freien Luft zu leben. Ihr werdet sehen.
    Alle Zweige der Marsregierung hatten sich in Mangala im Sitzungssaal getroffen, um der Krise zu begegnen. Die Mehrheit des Freien Mars im Senat, der Exekutivrat und der Globale Umwelthof - sie alle waren sich einig, daß das illegale Eindringen von Terranern als Akt der Aggression einem Krieg gleichkäme, der mit gleicher Münze heimgezahlt werden müsse. Es kamen vom Parkett des Senats Vorschläge, daß man Asteroiden gegen die Erde schicken könnte als Bomben, die nur abgelenkt würden, wenn die Immigranten heimkehrten und der Aufzug wieder einem System dualer Kontrolle unterstellt würde. Es würde nur eines Schlages bedürfen, und man hätte ein Kilotonnenereignis und so weiter. UN-Diplomaten auf der Szene legten dar, daß das ein zweischneidiges Schwert war.
    In diesen angespannten Tagen klopfte es an der Tür des Sitzungssaals in Mangala, und herein kam Maya Toitovna. Sie sagte: »Wir wünschen zu sprechen.«
    Dann winkte sie eine draußen wartende Menge herein und scheuchte sie auf ein Podium wie ein ungeduldiger Schäferhund: Zuerst Sax und Ann, die Seite an Seite gingen, dann Nadia und Art, Tariki und Nanao, Zeyk und Nazik, Mikhail, Wasili, Ursula und Martina und sogar Coyote. Die alten Issei waren wiedergekommen, um sie im jetzigen Moment heimzusuchen, wieder auf die Bühne zu treten und zu sagen, was sie dachten. Maya wies auf die Bildschirme des Saals, die Bilder von der Außenseite des Gebäudes zeigten. Die Gruppe auf der Bühne zog sich jetzt in einer ununterbrochenen Reihe durch die Korridore des Gebäudes bis auf die große zentrale Plaza vor der See hin, wo eine halbe Million Menschen versammelt waren. Auch die Straßen der Stadt waren gedrängt voller Leute, die die Schirme betrachteten, um zu sehen, was im Sitzungssaal geschah. Und draußen in der Chalmers-Bucht sammelte sich eine Flotte von Stadtschiffen, als ob sie ein neues Archipel bilden wollten, mit Flaggen und Bannern an den Masten. Und in jeder Stadt auf dem Mars waren die Massen
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