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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars
Autoren: Kim Stanley Robinson
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stets nur ein Zehntel der Dichte wie auf dem Bezugspunkt haben würde, den man auch als Meeresniveau bezeichnen konnte. Das heißt die Atmosphäre war hier oben nur dreißig oder vierzig Millibar dick.
    Kuppelstädte für immer. Aber mit dem Kabel (sie konnte es gerade nicht erkennen), das Sheffield zerteilte, würde die Entwicklung sicher weitergehen, bis man eine Kuppelstadt gebaut hätte, die ganze Caldera umringend und in sie hinabschauend. Ohne Zweifel würde man auch die Caldera selbst überdachen und mit dem runden Boden etwa 1500 Quadratkilometer der Stadt hinzufügen, obwohl sie sich fragte, wer auf dem Boden eines solchen Lochs würde leben mögen, wo ringsum Felswände aufragten wie die Mauer einer runden Kathedrale ohne Dach... Vielleicht würde es manchen zusagen. Die Bogdanovisten hatten schließlich jahrelang in Moholes gelebt. Man würde Wälder wachsen lassen, Bergsteigerhütten oder eher Penthäuser für Millionäre auf den gebogenen Felsvorsprüngen erbauen, Treppen in die Flanken des Gesteins schneiden, gläserne Aufzüge installieren, die für die Fahrt hinauf oder hinunter einen ganzen Tag brauchten... Es würde Dachgärten geben, Reihenhäuser und Wolkenkratzer, die bis zum Rand aufragten, Helikopterlandeplätze auf deren flachen runden Dächern, Pisten, Autobahnen... O ja, der ganze Gipfel von Pavonis Mons mit Caldera und allem könnte von der großen Weltstadt bedeckt werden, die ständig wuchs wie ein Pilz auf jedem Fels im Sonnensystem. Milliarden, Billionen, Trillionen von Menschen, alle der Unsterblichkeit so nahe, wie sie sich selbst machen konnten...
    Sie schüttelte verwirrt den Kopf. Die Radikalen in Lastflow waren nicht ihre Leute, nicht wirklich, aber falls sie keinen Erfolg hätten, würde der Gipfel von Pavonis und alle anderen Stellen auf dem Mars ein Teil dieser gigantischen Weltstadt werden. Ann versuchte, sich auf die Aussicht zu konzentrieren und Ehrfurcht vor der symmetrischen Gestalt und Liebe zum Gestein unter sich zu empfinden. Ihre Füße hingen über die Kante des Vorsprungs, sie schlug ihre Fersen gegen den Basalt; sie könnte einen Stein werfen, der fünftausend Meter tief fallen würde. Aber sie konnte sich nicht konzentrieren. Sie konnte es nicht fühlen. Versteinerung. So taub und schon so lange... Sie schnaubte, schüttelte den Kopf, winkelte ihre Beine wieder an. Sie ging zurück zum Rover.

S ie träumte von dem langen Endlauf. Der Erdrutsch donnerte über den Boden von Melas Chasma und hatte sie schon fast erreicht. Alles war mit surrealer Deutlichkeit zu erkennen. Sie erinnerte sich wieder an Simon. Sie stöhnte und verließ den kleinen Deich. Sie durchlebte die Gefühle noch einmal und hatte gut zu tun, den toten Mann in ihrem Innern zu beschwichtigen. Sie fühlte sich schrecklich. Der Boden erzitterte.
    Sie erwachte mit einem Gefühl der Flucht, sie versuchte wegzulaufen, doch eine Hand, die heftig an ihrem Arm zog, hielt sie fest.
    »Ann, Ann, Ann !«
    Es war Nadia. Noch eine Überraschung. Ann richtete sich mühsam und unsicher auf. »Wo sind wir?«
    »Pavonis, Ann. Die Revolution. Ich bin herübergekommen und habe dich geweckt, weil ein Kampf ausgebrochen ist zwischen Kaseis Roten und den Grünen in Sheffield.«
    Die Gegenwart überrollte sie wie der Erdrutsch in ihrem Traum. Sie riß sich aus Nadias Griff los und langte nach ihrem Hemd.
    »War mein Rover nicht verschlossen?«
    »Ich bin eingebrochen.«
    »Aha!« Ann stand auf, immer noch benommen, und wurde immer ärgerlicher, je besser sie die Lage verstand. »Was ist also geschehen?«
    »Sie haben das Kabel mit Raketen beschossen.«
    »Wirklich?« Ein neuer Ruck, der den geistigen Nebel beseitigte. »Und?«
    »Es hat nicht geklappt. Die Abwehreinrichtungen des Kabels haben sie abgefangen. Die haben da oben jetzt eine Menge Geräte und freuen sich, sie endlich benutzen zu können. Aber jetzt rücken die Roten von Westen her nach Sheffield ein, schießen noch mehr Raketen ab; und die UN-Streitmäche auf Clarke bombardieren die ersten Abschußplätze drüben auf Ascraeus und drohen, jede bewaffnete Macht hier unten unter Beschüß zu nehmen. Das ist genau das, was sie gewollt haben. Und die Roten denken offenbar, daß es wie bei Burroughs geht, und versuchen die Aktion zu forcieren. Darum bin ich zu dir gekommen. Schau, Ann, ich weiß, daß wir schon viel gekämpft haben. Wie du weißt, bin ich nicht sehr geduldig gewesen; aber dies ist wirklich zu viel. Im letzten Augenblick könnte alles in Stücke
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