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Marlon, die Nummer 10

Marlon, die Nummer 10

Titel: Marlon, die Nummer 10
Autoren: Joachim Masannek
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in Führung. Krumpelkrautrüben! Was sollte ich tun? Ich saß in der Klemme und das Einzige, was mir jetzt noch half, war meine Intuition,meine Eingebung. Die Kraft, die mich manchmal unbewusst lenkte. Wenn sie kam, wusste ich ganz genau, was im nächsten Moment passiert. Ich dachte nicht nach. Ich handelte einfach und es war immer richtig: so wie im Spiel gegen die SpVg Solln . In solchen Momenten wusste ich alles. Ich ahnte jede Bewegung des Gegners voraus. Ich wusste, was er denkt, fühlt und tut, und dieses Wissen kam auf einem Ton. Auf ihm wurde es transportiert, und der fantastische Ton wurde dann zu Musik, wenn auch die Wilden Kerle meine Signale empfingen. So wie Rocce gestern im Spiel. Als er dem Weitschuss nachlief, um ihn mit seiner copacabanischen Besenschrank-Briefmarken-Fallrückzieher-Bogenlampe auf mich zurückzupassen. Ja, und den Rest wisst ihr ja schon.
    Ich raste den Bogen hinauf. Die Hügelkuppe schoss auf mich zu. Ich spürte die Blicke von Rocce. Er lag um eine halbe Kartlänge voraus und sein Vorsprung wuchs weiter. Er würde mich vor der Kuppe ganz überholen und dann hatte er freie Bahn. Dann konnte er die Kurve danach auf der Ideallinie nehmen. Trotzdem blieb ich ganz ruhig. Ich atmete aus. Ich umfasste das Lenkrad und spürte mein Kart mit dem Po. Mein Panther und ich verschmolzen zu einer Einheit. Ja, und dann hörte ich das, was ich wollte. Ich hörte den Ton, doch der war nicht dunkel und düster. Er klang aufmunternd hell. Deshalb gab ich jetzt Gas. Nur ein ganz kleines bisschen. Ich hielt nur mit Rocce mit. Das reichte mir aus, doch dafür musste ich schneller fahren als er. Ich raste schneller über die Kuppe hinweg und ich verlor den Bodenkontakt. Für die Zeit eines Augenlidaufschlags schwebte ich in der Luft. Doch dann grub sich das Profil der Reifen wieder in den Rasen hinein. Ich lachte vor Freude. Das war perfekt! Ich fuhr hart am Limit. Ich holte alles aus dem Panther heraus! Ja, und Rocce musste jetzt eng in die 180-Grad-Kurve hinein. Ich stieg in die Bremsen. Ich blieb hinter ihm, doch als ihn die Fliehkraft nach außen zog, raste ich innen an ihm vorbei. Ich brachte mein Kart vor seins. Ich konnte die nächsten zwei Kurven auf der Ideallinie fahren und als ich auf der Zielgeraden über den Hügel sprang, war ich zwei Längen vorn. Der Ton hatte sich schon längst in Musik verwandelt und ich baute meinen Vorsprung in der ersten Schikane noch aus.
    Der Bogen danach war ein Highway zum Himmel. Mir konnte nichts mehr passieren. Der Parcours war zu klein. Selbst hier, in dem Bogen, erreichten unsere Karts höchstens 50 Stundenkilometer. Dann kam schon die Kuppe und die 180-Grad-Kurve danach. Wenn ich mich nicht verbremste, wenn ich immer auf der Ideallinie blieb, konnte mich Rocce in den nächsten achteinhalb Runden nicht mehr überholen.
    Doch der gab jetzt Gas. Er schoss hinter mir her. Er wollte es so machen wie ich. Er wollte mich im U-Turn hinter der Kurve erwischen. Ich spürte und hörte ihn, und als ich in den Rückspiegel sah, hörte ich auch den Ton. Den dunklen und düsteren Ton.
    „Gib auf!“, raunte er. „Brems und fahr von der Strecke. Mach den Weg für ihn frei!“
    Doch das wollte ich nicht. Ich fuhr absolut sicher. Ich kannte mein Kart. Ich hatte es selber gebaut. Doch der Ton hörte nicht auf. Er warnte mich!
    „Marlon! Dieser Sieg ist es einfach nicht wert!“
    Da hob ich ab. Für einen Augenlidaufschlag schwebte ich über dem Boden. Doch das kannte ich schon. Es war alles perfekt. Die Räder setzten auf und fraßen sich in den Rasen. Ich stieg in die Bremsen: ganz kurz und knallhart, bevor ich die Kurve erreichte.
    Dann ließ ich das Bremspedal los. Ich wuchtete meinen Panther in die Kurve hinein und ich lachte begeistert. Das war noch besser als beim ersten Versuch!
    „Hey Rocce! Die Spatzen haben die Wahrheit gesagt!“, rief ich zu meinem Verfolger zurück.
    Doch der war zu schnell. Er schoss über den Hügel hinweg. Der dunkle Ton wurde ganz laut und ganz dumpf und aus ihm heraus entstand Rocces Schrei.
    „NEEEIIIN!“, schrie er nur und dann krachte er auch schon in mich hinein. Sein Kart bohrte sich unter mein Heck. Es hob mich hoch. Es schleuderte und wirbelte mich durch die Luft. Ich wusste überhaupt nicht, was mit mir passierte. Ich sah noch mal den Zauberbesenflugbogen und Rocces Breakdancer-Tor. Dann donnerte das Dach des Karts auf den Boden. Die Überrollbügel ächzten und stöhnten und warfen mich auf meine Räder
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