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Markttreiben

Markttreiben

Titel: Markttreiben
Autoren: N Förg
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Staatsanwaltschaft werden da keine
Notwendigkeit sehen und auch keine Soko für so was verschwenden. Und zweitens:
Nicht wir, Sie werden das tun müssen. Ich bin nicht mehr im Amt.«
    Baier hatte leider recht. Und der zweite Teil gefiel Gerhard noch
weniger. »Baier, das ist so, als wenn man ein Leben rettet. Man ist dann
verantwortlich. Durch ein Band verbunden. Wenn man als Erster am Tatort ist,
bleibt die Verpflichtung, dranzubleiben. Außerdem sind Sie ja nun Peitinger,
und ich brauche Hilfe. Diese Marktgemeinde sagt mir gar nichts. Und Evi ist im
Urlaub. Ich bin allein.« Den letzten Satz stieß er in angemessener Dramatik
aus.
    »Allein, allein …« Baier nickte. »Aber die werte Kollegin wird
wiederkommen, und Peiting werden Sie bald kennenlernen.«
    War Letzteres eine Drohung? Peiting sagte ihm wirklich nichts.
Früher, also gut zwanzig Jahre früher, war er öfter mal vom Allgäu nach
Penzberg zu einem Freund gefahren, und das hatte einer Expedition in die Innere
Mongolei geglichen. Von Marktoberdorf durch Schongau, wo man sich über Bahn und
Lech quälen musste. Durch Peiting schlängeln, weiter nach Hohenpeißenberg,
durch das endlose Peißenberg und am Ende durch diverse Söcherings. Unter zwei
Stunden war das nie abgegangen. Und heute flog man auf Umgehungsstraßen dahin
und vergaß die Existenz von Schongau und Peiting.
    »Mir sagen die beiden Käffer Peiting und Schongau nix«, beteuerte
Gerhard nochmals, um Baier zu erweichen.
    »Halt auf! Weinzirl, werfen Sie nur nicht Schongau und Peiting in
einen Topf. Man mag sich nicht. Alte Geschichten.« Baier lachte. »Wenn die
Schongauer über den Schlossberg kamen, haben wir denen schon mal eine
mitgegeben.«
    »Wir?«
    »Ursprünglich stamme ich aus Peiting. Ich bin stolzer Peitinger, das
sag ich Ihnen! Nicht wie die Hohenpeißenberger, die einen kurzen und einen
langen Fuß haben, weil sie allweil am Hang stehen.«
    Gerhard lachte und sah Baier interessiert an. Baier war Peitinger,
das hatte Gerhard nicht gewusst.
    »Der Peitinger ist noch nie auf der Brennsupp dahergeschwommen,
Weinzirl. Ein fleißiges Volk hier, arbeitsam, egal ob Bergbau oder Bauer. Nicht
wie die Schongau-Städtler-Millibettler.«
    Gerhard betrachtete Baier weiter aufmerksam. Der hatte so richtig
Spaß.
    »Nach Schongau gingst du nur, wenn du hinmusstest. Ich geb Ihnen mal
‘ne Chronik von Peiting, da können Sie sich einlesen. Alles dürfen Sie aber
nicht glauben, der Altbürgermeister Fliegauf hat da schon auch geschwindelt.«
Baier schüttelte den Kopf. »Als der gestorben war, hatte er ‘nen Leichenzug
durch alle Gassen angeordnet. Es hatte Schnee, den man nicht mehr derschaufelt
hat, Weinzirl, und es war sibirisch kalt. Seine Anhänger sind nicht auf der
Schleimspur, sondern auf dem Eis ausgerutscht. Die anderen haben ihn post
mortem verflucht.« Baier lachte.
    »Sehen Sie, Baier, Sie kennen Ihre Pappenheimer. Ich brauch Sie.«
    »Sie können mich ja ab und zu als externen Berater heranziehen,
Weinzirl. Ich muss. Nelly muss zur Musiklehrerin.«
    Baier, eben doch der Superopa! Dinge gab es.
    »Ich melde mich!«, rief Gerhard, und das klang fast wie eine
Drohung.
    Baier lächelte und ging festen Schrittes davon. Gerhard überließ das
Feld den Kollegen, die Leiche war abtransportiert worden, er sah sich um und
verspürte Hunger. Das Café nebenan hatte gerade geöffnet, man konnte sogar
schon draußen sitzen. Die Frühstückskarte war beachtlich, und Gerhard nahm mal
das Frühstück Balkan. Die Bedienung rang ihm ein Stirnrunzeln ab. Ihr Haar saß
so perfekt, wie nur ein Helm es tut, und ihr Körper war so eine perfekte
Modelage, wie sie selten gottgegeben ist, sondern nur durch eiserne
Fitnessdisziplin zu erreichen. Oder aber mittels Doktorchens Kunstgriffen aus
dem Chemiebaukasten.
    Gerhard fuhr zurück ins Büro, rief seine Leute zusammen, gab beim
Chef Rapport und telefonierte mit der Staatsanwaltschaft. Sonntag hin oder her.
Sie hatten einen Raubmord zu klären. Als er gegen sechs zu Hause war, war er
allein auf weiter Flur. Von Seppi keine Spur, was ihn nicht weiter beunruhigte.
Den traf er vierzig Minuten später beim Laufen im Wald. Er gab Sarah, der
Vermietertochter, die auf ihrem Fjordhengst saß, Geleit. Seppi wedelte eine
Begrüßung, ohne Überschwang, die Gerhard bei vielen Hunden auch wirklich
peinlich fand. Wenn sie wuiselten und sich wanden wie die Schlangen. Seppi war
souverän. Sie plauderten eine Weile, und als Sarah weiterritt, blieb Seppi
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