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Marie und die Meerjungfrau (Das Geheimnis der Zaubermuscheln)

Marie und die Meerjungfrau (Das Geheimnis der Zaubermuscheln)

Titel: Marie und die Meerjungfrau (Das Geheimnis der Zaubermuscheln)
Autoren: Lassal
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schienen.
    Außer sich vor Glück, die Muschel mit beiden Händen vor der Brust schützend, lief Marie den Strand hinauf in Richtung der Dünen. Sie sah nichts, sie hörte nichts, sie fühlte nur die kühle Muschel an ihren Körper gedrückt und das unglaubliche Gefühl des Glücks: Sie würde eine Ballerina werden! Trotz ihrer kranken Lunge und ihres schwachen Körpers! Trotz der Armut ihrer Eltern, die sich weder ihren Ballettunterricht noch ein Tutu für sie leisten konnten. Sie würde es trotzdem schaffen! Zwar wusste sie noch nicht, wie es passieren würde, aber irgendwie würde Marie auf die Ballettschule gehen können, um das Tanzen zu lernen. Sie hatte es klar und deutlich in der Muschel gesehen: Sie würde in einigen Jahren als wunderschöne Ballerina vor großem Publikum auftreten! Und bestimmt würde sie damit auch ihre Eltern sehr glücklich machen.
    In diesem Moment wollte sie nichts weiter, als in die Pension, ihre Tasche packen und zurück in die Stadt fahren, um auf das große Ereignis zu warten, das ihr den Ballettunterricht ermöglichen würde. Vielleicht würden die Ärzte im Krankenhaus erkennen, dass Tanzen sie heilen könnte? Würde man ihr dann nicht auch den Unterricht bezahlen? Ach, es war ihr ganz egal, wie es passieren würde, Hauptsache, sie fuhren bald zurück nach Hause, dorthin, wo die Tanzschule war, und das Ballett auf sie wartete.
    Ihre Augen glänzten vor Aufregung, als sie recht schnell — fast ein wenig zu schnell — an den Dünen entlang eilte.
    „Marie! Marie! Da bist du ja!”
    Ihre Mutter hatte sie gesehen, als sie zwischen den Dünen hervortrat, und winkte ihr aufgeregt zu.
    Marie wunderte sich. Vorsichtshalber ließ sie die Muschel unter ihre Brokatschleife gleiten. Sie war sich nicht sicher, wie sie ihren Eltern das mit dem Ballett erklären sollte, und dass sie wieder zurück in die Stadt wollte — sie beschloss, die Muschel erst später zu zeigen, wenn sie sich eine gute Erklärung zurechtgelegt hatte.
    Ihre Mutter sah aufgeregt aus, aber nicht traurig. Sie hatte eine dicke Jacke für Marie mitgebracht und schwenkte sie über ihrem Kopf hin und her:
    „Es ist kalt geworden, Marie, und für heute Abend ist Sturm angekündigt. Du weißt, dass du dich nicht erkälten darfst. Hier, zieh das an, und komm mit ins Haus — wir haben dir etwas Großartiges zu erzählen.” Und sie reichte ihr lächelnd die dicke graue Jacke mit Lederflicken an den Ellenbogen. Marie zog sie sogleich pflichtbewusst über ihr Kleidchen, obwohl sie sich sicher war, dass das bestimmt ganz fürchterlich aussah.
    In diesem Moment steckte ihr Vater seinen Kopf aus der Tür und rief:
    „Wo bleibt ihr denn?”
    Auch ihr Vater strahlte über das ganze Gesicht.
    Etwas war geschehen.

Der Brief
    A uf dem Küchentisch lag ein offener hellblauer Umschlag unter zwei mit engen Zeilen beschriebenen Seiten Briefpapiers der gleichen Farbe. Daneben standen — Marie wollte ihren Augen nicht trauen — eine große Flasche Sekt und drei Gläser. Verwundert und auch ein wenig beunruhigt schaute Marie in die ausgelassenen Gesichter ihrer Eltern. Selbst zu Silvester teilten sie sich normalerweise nur eine Piccolo-Flasche, überlegte Marie, während sie selbst immer nur Orangensaft bekam. Was auch immer hier vor sich ging, es hatte nichts mit ihrem Geburtstag zu tun, da war sie sich sicher. Irgendetwas anderes war passiert — sie schaute auf den offenen Brief auf dem Tisch — irgendetwas, das mit diesem hellblauen Brief zu tun hatte. Wortlos knöpfte Marie ihre Jacke zu und wartete.
    „Marie, wir haben wundervolle Neuigkeiten!”
    „Ja”, ergänzte die Mutter, „stell dir vor, Marie, wir werden nicht mehr zurück in die Stadt fahren, sondern hier auf der Insel bleiben. Wir übernehmen die Pension! Marie, meine Kleine, ist das nicht wunderbar?”
    Marie wollte ihren Ohren nicht trauen. Sie würden nicht mehr zurück in die Stadt fahren? Sie würden hier bleiben? Das konnte unmöglich sein, sie hatte in der Muschel der Meerjungfrau gesehen, dass sie eine Ballerina werden würde und auf der Insel war niemand, der ihr das beibringen konnte. Ihre Eltern hatten den Brief bestimmt nur falsch gelesen, ganz bestimmt: Sie MUSSTEN zurück in die Stadt, und zwar so schnell wie möglich! Nein, SOFORT!
    „Kommt, auf dieses Geschenk des Himmels müssen wir anstoßen!”, sagte der Vater, nahm die Sektflasche vom Tisch und ließ mit einem lauten Knall den Korken fliegen. Die Mutter klatschte vor Freude in die Hände und sah
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